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An den Hansabund

Das Bürgertum fuljr auf aus langem Schlafe
llnd einte endlich sich im „Hansabund".

Ich hörte Reden, kühne stolze, brave,

Und freute mich darob aus Herzensgrund.

Doch Tags darauf bekam ich schon Migräne,
Und meine Freude kriegte einen Klaps:

Ich las die neuen, schönen Steuerpläne,

Und trank vor Wehmut einen Stärkungsschnaps.

Denn diese Pläne sind unglaublich kläglich!
Verteuert wird der Handel, der Verkehr,

Die Erbschaftssteuer wird so zahm als möglich.
Nun, Hansabund, nun setze dich zur Wehr!

Hast du in Wahrheit Lust, etwas zu leisten,
Dann handle schnell! Es ist die höchste Zeit!
Zeig, was du kannst, dem Junkertum,

dem dreisten!

Beweis' durch Taten deine Rednerschneid!

An Arbeit sehlt's dir nicht! Nur nicht erkalten!
Auf schöne Worte fall' ich nicht herein!

Denn Reden kann sich jeder selber halten.

Sie kosten nichts, und bringen auch nichts ein!

Los, Hanseaten! Sonst laßt euch begraben!
Wenn tatenlos ihr in den Orkus fuhrt,

Sollt ihr die wohlverdiente Grabschrtst haben:
„Erwarsehrschön-docheineTotgeburt!"

Schneidige physikstmide

Lehrer: „lver ist der jrößte Erfinder des
modernen lenkbaren Luftschiffes?"

Schultze; „v. Einem, Groß, parseval."

„?!?!! Warum?"

„Weil dieselben mit ihren Luftschiffen schon
oft Berlin erreicht haben, während dem Zeppelin
dies noch nich jelungen is."

„Bravo, Schultze, Einser mit Stern!"

»

Lehrer: „Welches sind die wichtigsten Be-
standteile des Parseval-Luftschiffes?"

Schultze: „Een Schnellzug und der Wagen
der Luflschiffer-Abteilung."

„?!!??!"

„Weil dieselben zur Rückkehr notwendig sind."

„Schultze, Einser mit zwei Sternen!"

tiürte, dag der Prinz von Braganza sich mit einer
Toctiter vanderdildtr zu verloben gedenke. ,,Hd|,"
seufzte er, „wenn man nur auct, eine solche Partie
machen könnte!"

*

(5 hauch erd

Ehau chard, der frühere Besitzer des „Maga-
sin du Louvre“, hat seine Gemäldesammlung
dein französische» Staate — und dem ehemaligen
Minister Leygues, der ihm dafür das Großkreuz
der Ehrenlegion verschaffte, ;5 Millionen vermacht.

Zwei Millionen bekommt der Herausgeber des
„Figaro" für gelieferte Reklame, von den q.000 An-
gestellten des Louvre, deren Arbeit kjerr Lhauchard
schließlich seinen Reichtum verdankte, kriegt Jeder
— 750 Franks. Die Armen von Paris bekommen
zusammen 200.000 Franks. Ebensoviel hat
Herr Lhauchard für sein Begräbnis ausge-
worfen und außerdem verfügt, daß ihm für eine
halbe Million Edelsteine und perlen mit
in das Grab mitgegeben werden. —

Er war ein Grandseigneur von wahrhaft fürst-
lichem Gepräge! Wie wir hören, beabsichtigt die
französische „Akademie" sein Andenken auch
in nie dagewesener Weise zu verewigen. Sie
nimmt ihn in ihr großes Wörterbuch auf.
Unter dem Buchstaben C wird dann zu lesen sein:
Chauchard — Knallpr 0 tz!

Aus Liebenberg

„Ach, diese quälende Ungewißheit so lange Zeit!"

„Ja, Durchlaucht, hätt'nS'sich gleich verurteil'»
lass'»! Jetz könnt',: S' scho bald wieder
begnadigt sein!"

Lehrer: „Was muß Parseval hauptsächlich
mitnehmen, wenn er morgens mit feinem Luft-
schiff steigen will?"

Piefke: „Een Barometer, ecn'n Kompaß .."
Lehrer: „Der Schultze, der wird's sicher noch
besser wissen; nun Schultze?"

Schnitze: „Een'n Stadtplan und det Kurs-
buch der Berliner Lokalbahnen, damit er weeß.
wann er mittags wieder zu Hause is."

Lehrer: „Schultze, Du bist ein Mordskerl,
ich trete Dir meinen Platz abl"

*

Der cfrofie Unbekannte

Sch dachte schon, Herr Bettinger,
ie wären auch ein söttinger!

Doch nein, jetzt steht es fest,

Man tlit cs allen Gläubigen
Ausdrücklich nun beschreibigen,

Daß Sie es nicht gewest!

Es war der „Jäger aus Kurpfalz!"

Der schloß das Bündnis — Gott erhalt's! -
Aus rein politischer Pflicht
Mit seinem Bruder Sozi ab,

Indem er ihm die Hand drauf gab. ..
Gottlob! Sie waren's nicht!

Goitlob, daß Sie kein söttinger!

Das freut mich sehr, Herr Bettinger!

Das freut mich ungemein! —

Wer mag nur in der Sakristei
Zu Speyer damals denn dabei
Gewesen sein? A ,» X-

Kleines Gespräch

„Na, der Baron muß verdammt schlecht stehen."
„Warum? Woraus schließen Sie das?"
„Weil er bei der letzten Tourenwettfahrt einen
Gerichtsvollzieher als Kontrolleur auf dem

„... Kaisers alten Landen V/. Kram

Sind zwei öeschlechter neu entstanden.

Sie stühen würdig seinen Thron:

Die Heiligen sind es und die Ritter;

Sie steden jedem Ungewitter

Und nedmen Kirrt;' und Staat zum Cohn."

(Jaul, II. Cell, I. Jiufzug, 5. Szene.l

Für die reifere fugend!

Zwei Mitglieder des preußischen Herrenhauses
stellten den Antrag, der Besuch der Fortbildungs-
schulen solle bis zum vollendeten 18. Lebensjahre
für obligatorisch erklärt und das gesamte Fort-
bildungsschulwesen dem Kultusmini-
sterium unterstellt werden.

von der Erziehung und der Weiterbildung
Der reiferen Jugend wird jetzt viel gesprochen,
Geklagt ob der Verrohung und verwildung,

Die auf Jungdeutschland sei herciugebrochen;

Es wird getagt, beantragt, leitartikelt,

Lroschürt, orakelt und gespeecht tagtäglich,
Immens viel guter Wille wird entwickelt —
Und das Ergebnis bleibt konfus und kläglich!

Gewiß ist bei den schulentlaff'nen Bengeln
Die Rüpelhaftigkeit oft recht betrüblich —

Doch soll sie darum der Herr Lehrer gängeln
Drei Jahre länger, als dies jetzt schon üblich?
Soll einer unterm Schulzuchtmeister st ecken
Noch seufzen, dem der Vollbart schon rasiert wild?
Ist Königstreue, Gottesfurcht zu wecken,

Indem daß Einer möglichst lang' sekiert wird?

Kann vor der Großstadt schwarzem Sündenpfuhle
Der Katechet die jungen Männer wahren?
Nein! Länger nicht, doch besser macht die Schule,
Dann wird sich Fortschritt herrlich offenbaren!
Mit Jauchzen soll der Knabe an den Brüsten
Der Weisheit trinken, aber nicht mit Grausen —
Dann wird ihn später minder stark gelüsten,
verbotenes zu schlürfen und zu schmausen!

Macht aus den Schulen statt der Folterkammern
In Zukunft Quellen geistige» Genusses!

Befreit die Jungen von den Daumenklammern
Des aufgezwung'ne» öden Ueberdruffes!

Lehrt sie im goldnen Buch der Schöpfung lesen
Statt im Gesangbuch und verjährten Fabeln,
Statt „Humanismus" lehrt humanes Wesen,
Antiken Geist statt trockener Vokabeln!

Lehrt die Geschichte sie versteh'n, statt Zahlen
Und Namen sinnlos ihnen einzupeitschen!

Dann macht ihr sie zu Bürgern, zu loyalen
Und opferfreudigen des Reichs, des deutschen!
Lehrt des Gemeinsinns hohe Macht sie schätzen
Statt xseudopatriotischen Geflunkers —

Dann wahrt ihr sie so gut vor Bebels Hetzen
wie vor der Gier der Schwarzen und der Junke

Macht aus den Schulen Gärten statt Kasernen,
Pflanzgärtlein, drinnen Liebe ausgesät ist,

Daß sie als Kinder nicht schon hassen lernen,
was Obrigkeit und was Autorität ist!

Lehrt sie die Ehrfurcht vor der Menschheit Rechten
Und vor des Bürgers Pflichten stets aufs Neue —
Dann kommen sie von selber schon zum rechten
Verständnis für gesunde Königstreue!

Kurzum: vom Grund aus bessert die Erziehung -
Am Grunde fehlt's, das läßt sich nicht

vertuschen! —

Dann spart ihr euch für später die Bemühung.
An fast Lrwachsnen noch herumziipfnschcn!

So lang der Rückschritt seinen besten Hort hat
Im Schulbctricb, so lang an diesem Platze
Der Zentrunis- und Pastorengeist das wort hat,
Ist eure Pädagogik für die Katze!

lKiedermeier mit si

Gedanken einer Schutzmanns auT Posten

Ne, unsere Usjabc wird immer schwerer; man
weeß schonst jar nich mehr, wat und wat »ich-
Nu wieder die Rollschuhläufer, wat die sich »f'n
Asphalt breit mache»! Unsere Instruktion schweigt
sich über die Oelköxxe aus, un wat der fjert
lvachtmeester is, der weeß ooch »ischt. Unsere
Instruktion kennt vier Arten, wie man in Berlin
sein Fortkommen findet: Fahren, Reiten Radeln
n>: zu Fuß loofen. wat is tut een Rollschuh-
länfer? Nischt, wie een Skalcr, der aber kccncn
Skat spielt! Er jehört mang keene von die
vier Katejorien; er fährt nich, er reitet nich,
er radelt nich, er looft nich. Er rollt janz >»'
fach. Ja, det i» aber jar nich infach. Derf ich
ihn: nu uf'n Bürgersteg laffen oder muß er us'n
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[nicht signierter Beitrag]: Aus Liebenberg
[nicht signierter Beitrag]: Kleines Gespräch
[nicht signierter Beitrag]: Chauchard
A. D. N.: Der große Unbekannte
Biedermeier mit ei: Für die reifere Jugend!
[nicht signierter Beitrag]: Schneidige Physikstunde
Willibald Krain: Der deutsche Michel
Willibald Krain: Die Heiligen und die Ritter
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