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Die Zweikaiserjusamtmnhunft

Der Taucher 6di: „3cb höre alles!"

A. Schmidhammer

^opp, hopp!

Am Pfingstdienstag fand in Echternach
wieder die Springprozesston statt, an der
3582 Sänger, 11372 Tänzer und 3525 sonstige
Beter teilnahmen ; hierzu kamen noch 392 Mu-
sikanten und einige 100 Priester. Die Tänzer
machen bekanntlich immer drei Polkaschritte
vorwärts und zwei rückwärts.

Fürst Bülow hat sich von seinem protestan-
tischen, dem Zentrum feindlichen Standpunkt
aus, sehr scharf über diese Prozession ausge-
sprochen. Etwa 19000 Personen würden durch
diese Prozession von ihrer bürgerlichen Han-
tierung abgezogen! Statt an jenem Tage an
einer konservativen Versammlung teilzunehmen
oder Steuern zu zahlen oder sonst ein ehrliches
Handwerk zu treiben, tanzten sie in sinnloser
Weise herum! Er, Bülow, würde das nie tun.
Drei Schritt vorwärts und zwei zurück! Welche

Verrücktheit! Er, der Kanzler, verhalte sich
dieser Prozeision gegenüber nicht nur passiv,
sondern direkt entgegengesetzt: er sei für das
Gegenteil, — immer zwei Schritte vor-
wärts und drei zurück.

Ein Landarmeiwerband

Ls mehren sich die Fälle, in denen Besitzer
großer Güter, die einen ihrer gesellschaftlichen
Stellung entsprechenden Aufwand treiben, gar
keine oder nur eine ganz geringfügige Einkommen-
steuer bezahlen, — ein Beweis, daß diese an-
scheinend so wohlhabenden Leute in Wirklichkeit
sehr arm sind.

Die Beweise dieser Armut werden immer
häufiger und augenfälliger: Ein Rittergutsbesitzer
war von elf seiner Dienstmägde ans Alimente
verklagt worden; er beantragte für die ;; Pro-
zesse die Bewilligung des Armenrechts.

Ein anderer Gutsbesitzer beantragte eine
Armenunterstützung, weil er ohne eine solche nicht
in der Lage sei, seine» Rennstatt weiter zu behalten.

Ist es nicht schrecklich, wie die Not unter den
Agrariern zunimmt? Zweifelhaft ist nur, ob diese
beklagenswerten Männer zu den verschämten
Armen gehören oder zu den unverschämten.

Zur gefl. Beachtung !

Mit Nummer 27 beginnt die „Jugend“ das dritte
Quartal 1909.

Wir richten an unsere verehrl. Abonnenten das höfl.
Ersuchen um sofortige Erneuerung des Abonnements,
damit im Fortbezug der Zeitschrift keine Störung eintritt.

„Der Stein der Weinen“, eine Geisterbe-
schwörung von Frank Vledekind, das neueste
Werk des Dichters, gelangt in Nummer 30 der „Jugend“,
(24 Juli 1909) zum Abdruck.

Ausserdem bringt d e Nummer, die in verstäiktem
Umfang erscheint, eine Fülle interessanter künstlerischer
Beiträge, darunter ein Triptychon: „Zwei Gewalten“ von
Sascha Schneider, „Prozession“ von Const. Meunier *J*,
„Dana2“ von Al. Lunois, „Bacchantenzug“ von Rob. Engels.
Das Titelblatt ist von Fritz Erler.

Vorausbestellungen auf diese Nummer bitten wir mög-
lichst bald an uns gelangen zu lassen.

Verla«: der „Jugend“.

Fahrdamm? Muß er nach Eintritt der Dunkel-
heit erleuchtet sind? — Ne, so'n Roller is »ich
Fisch noch Fleesch. Er fährt nich, er reitet nich,
er radelt nich und er looft nich. Er is mang
det Straßenleben det, wat der Dissident mang
die Religion is, der is ooch nich protestantisch
und nich katholisch un nich jüdisch. Een Roll-
schuhläufer is een Dissident, pfui! Frid«

Das kommt von das!

Die Stadtverordneten Berlins verreisten
Und traten an nach England ihren Gang,
Allwo sie schauten, tranken, schliefen, speisten.
Bier stramme Sozi waren mitten mang.

Auch diese Sozi tranken, speisten, schauten.
Nur, wenn bei einem solchen Bacchanal
Ein Redner ließ ein Herrscher-Hoch verlauten.
Vermieden zielbewußt sie das Lokal.

Zn Windsor freilich nahmen sie mit Freuden
Am reichen Frühstück teil, die roten Herrn.

Ein Sozi mag zwar keinen Fürsten leiden,
Doch seine guten Speisen ißt er gern!

Und als zum Abschiedsfutteru im Ornate
Erschien der zielbewussten Sozi Schar,

Da waren sie erstaunt im höchsten Grade,

Daß nirgendwo ein Plätzchen für sie mar.

„Wir dachten uns nach den bisherigen Proben,
Daß Sie nicht kämen!" sprach das Komitee.
Verdutzt sind die Genossen abgeschoben,

Und ihre Mägen knurrten dreimal Weh.

Die Lehre, die man ihnen mitgegeben,
Bedachten stumm sie auf der Heimwärtsfahrt:
Solang wir nicht im Zukunstsstaate

leben,

Verlangt man noch von Gästen

Lebensart!

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