Der Ehrentag
Ein Bild der politischen Lage im Reich
Liabe Buabn! Die Redaktion hat Euch eine
hocherfreuliche Mitteilung zum machen, indem
daß nemlich unser Allerhöchster Protektor, der
hochwürdigste Herr prölat Daller einem Iedeil
ein gweichtes Fahnenbandl verleihen will zum
Anhängen an den vereinsfahna. Das Band ist
ganz von schwarzer Seiden und es steht nixn net
drauf als wie bloß: „24. VI. J$09."
An diesem Tage hat nemlich, Gott sei's ge-
lobt, unser Allerheiligstes Zentrum die Regierung
des Deutschen Reiches, döwo eine Zeitlang ganz
abhanden gekoinmen war, wieder übernommen.
Indem daß es den Bülow von: Stangl abigeholt
und die Konservatismen aus ihrem unnatürlichen
Zustand der Blöckerei mit de Liberalen wieder
befreit hat.
Aber damit's es besser verstehts, so will ich
es Tuch mit einem Beispiel erklären.
Ihr braucht's Tuch bloß denken, daß der
Reichstag eine Wirtschaft is und der Konservo-
kativus ein Bauernbua, nachdem er ja auch haupt-
sächlich das landwirtschaftliche Aliment vertritt.
Zerst hat dieser Servazi ein Verhältnis mit
der Fräuln Zenta gehabet (wo wir also bei-
spielsweise unser Allerheiligste Zentrumspartei
darunter verstehen), aber auf einmal hat er mit
einer andern a Gschpusi angefangt, einer dürreil
und faden Nockn (daß dös die Lüberaleir fand,
das sieht ein Schandarm!) und hat seine mollete,
brave und fromme Gelübte verlassen. Tine An-
derne hätte ihn in solchener Lage einen Pazi
genannt und verachtet, aber die Fräuln Zenta
hat nur gewartet, bis daß er wieder kommt,
welches die wahre Liebe ist! Und richtig:
je länger daß er mit der dürren Nockn getanzt
hat, je zwiderer ist sie ihm geworden. Und denkt's
Tuch: wie's zum Zahlen ko mint, verlangt
sie net gar, daß er auch ein Teil der Zeche
zahlen soll, statt daß sie ihm frei halt'?
wie der Servazi siecht, daß sie so ein aus-
geschämtes Luada is, — den« das gibt's doch
nie nicht, daß unsereiner zahlt, wann er nicht
muß! — und daß ihm herentgegen die Fräuln
Zenta grad extra noch einen Schnaps und einen
Schinken zuschiebt, da hat er sein Herz wieder
gefunden und ist der Zenta wieder um den Hals
gefallen. Da war aber noch Tiner: nemlich der
Musikant, der wo zum Aufspüln da ist. Der
tramhapete Depp hat sich einbildt gehabet, die
Nockn und der Servazi sollten ein paar wern,
und wie er bewirkt hat, daß derselbigte ausreißt
und wieder zu dem alten Schätz lein zurückkehret,
so hat er geschrien, er spielt nicht mehr dazu auf
und sie solleil tanzen nach was für einer Musik
sie wollen, „was," sagt der Servazi dadrauf,
„er mag net? Dann schmeiß i 'n aussi! Mir
brauchen Überhaupts keine Musi net und wenn
mir eine wolln, dann werma schon sehgn,
ob uns der Wirt net an andern Zithern-
spüler hertuat?!"
Und die Zenta hat die Tür aufgmacht und
der Servazi hat den Musikanten hinausgefeiert,
wie Ihr es oben auf dein Bilde sehet. Hamm
sie vielleicht nicht recht gehabt, der Kon**
servazi us und das Zenterl? Na also! Und
weil das am 24. Juni geschehen ist, darum
krieget Ihr das Fahnenbandl zum Angedenken
an den Threntag.
wir wollens hoffen, daß der Servazi und die
Zenta ein frohes paar werden und recht viele
sauberne Rinder bekominen, denn der Segen Gottes
ruht sichtbarlich auf ihrem Haupte. Und zahlen
tuen es nemlich die Alldereil!
1:
Oer OlocKtaroK
Eingesandt von
Sepp Schlauberger, Bauernsohn in Ampermostng
Iil der Wirtschaft zuin „Reichstag"
Ham s' g'spült all Tarok,
Dö Kart'n san ausgeb'm,
Ts geht um ail Block.
Dell „König" und sein „Ober"
Kennt Ieda, wer schlau;
Der „Zehner" is da Bundesrat
's Zentrum is d' „Sau".
Sie war lang im Schkat g'leg'n,
Aba iatzt hat sö si g'roch'n:
'n „Zehna" hat f g'fangt,
Und 'n „Ober" hat s' g'stoch'n.
Der „König" fallt vo selba,
Da feit gar uet vül —
Bums, da Block is valor'n!
So a Sau g'winnt halt 's Spül!
Bücherschau
\. Ein Gebetbuch zu Ehren Unsres Aller-
heiligsten Zentrums mit \oo Gebeten für alle
Fälle des katholischen Wählers erschien im Ver-
lage der Bruderschaft vom Schwarzeil August in
Karlsruhe (Baden), t909- Preis 1,50. Aus dem
reichen Inhalt erwähiien wir nur: Gebet iil
wahlunglücksfällen: Gebet für das Gelingen
feiner und feinster Kompromisse (erzbischöflich
approbiert); Gebet um fruchtbares Gedeihen des
Stimmviehs (für Führer); Bitte zum hl. Antonius
um wiederfinden verloreiler Zeiltrumsstiilliiien
mittels Unterschriftensammlung (sogenanntes Bil-
lig h e i m e r G e b e t); Aildachtsübuilg des frommen
Thristen vor Abgabe des Zentrumswahlzettels;
Dankgebet nach erfolgtem Wahlsieg (200 Tage
Ablaß); Bußübungen bei schlechtem Ausgang, u.s. f.
wir einpfehlen das gediegene, jedes fromme Ge-
müt erhebeilde Büchlein auch unseril ?. T. Burschen-
vereinen zur angelegentlichsten Benützung.
2. Der Darwinismus in Niederbayern, von
Hochw. Herrn Pfarrer Münsterer in Pondorf.
Vaterland-Verlag, München. Tine Iubiläumsgabe
zu Darwins ;00. Geburtstag. In gemein ver-
ständlicher weise erörtert der gelehrte Verfasser
die Zuchtwahl, den Kainpf ums Dasein, die Tnt-
wickluilgslehre rc., wie sie sich an der nieder-
bayrischen Tierwelt zur Beobachtung darstellen:
„Das verbesserte bayrische Landschwein ist ein
praktisches Stück landwirtschaftlicher Stalldarwi-
nisterei". „Tine Masse kgl. bayr. Agrarreformen
auf dem Gebiete der Tierzucht sind praktische
Riudviechereien". „Darwins Behauptungen über
die Entstehung der Arten hat eigentlich der hl.
Thomas schon vertreteil", „was am Darwinis-
mus richtig ist, weiß jeder Bauer schon lauge als
etwas Selbstverständliches", wir brauchen nur
diese lapidaren Sätze wiederzugeben, um zu zeigen,
daß das Werk geradezu unersetzlich für uns ist.
Bauernburschen, schafft es Tuch an!
❖
„Kircbengebet für das Zentrum“
Tief im Staube gleich dem Wurm'
Flehen wir zuin Herrn der Scharen:
Schütze unsren Zentrumsturm
Iil politischen Gefahren!
Stärke auf der Tugendbahil
Unfern sitteilreinen Roeren!
Laß das Fraktionshaupt Spahn
Iminer Deiile Stimine hören I
Führ' die Sünder aus dem Sumpf
f^ttt zur wahren Zentrumsherde,
Daß das Zentrum wieder Trumpf
In den deutschen Landen werde!
Auch der Junker ehrfurchtsvoll
Deiner Gnade sei empfohlen!
Und die Liberalen soll
Alle gleich der — Teufel holen!
„Wahrheit", „Freiheit", „Recht" — so heißt
Uns'rer Losungsworte Trias! —
Und zum Schluß erleucht' den Geist
Uilserm Schmerzenskind Matthias!
66z
Ein Bild der politischen Lage im Reich
Liabe Buabn! Die Redaktion hat Euch eine
hocherfreuliche Mitteilung zum machen, indem
daß nemlich unser Allerhöchster Protektor, der
hochwürdigste Herr prölat Daller einem Iedeil
ein gweichtes Fahnenbandl verleihen will zum
Anhängen an den vereinsfahna. Das Band ist
ganz von schwarzer Seiden und es steht nixn net
drauf als wie bloß: „24. VI. J$09."
An diesem Tage hat nemlich, Gott sei's ge-
lobt, unser Allerheiligstes Zentrum die Regierung
des Deutschen Reiches, döwo eine Zeitlang ganz
abhanden gekoinmen war, wieder übernommen.
Indem daß es den Bülow von: Stangl abigeholt
und die Konservatismen aus ihrem unnatürlichen
Zustand der Blöckerei mit de Liberalen wieder
befreit hat.
Aber damit's es besser verstehts, so will ich
es Tuch mit einem Beispiel erklären.
Ihr braucht's Tuch bloß denken, daß der
Reichstag eine Wirtschaft is und der Konservo-
kativus ein Bauernbua, nachdem er ja auch haupt-
sächlich das landwirtschaftliche Aliment vertritt.
Zerst hat dieser Servazi ein Verhältnis mit
der Fräuln Zenta gehabet (wo wir also bei-
spielsweise unser Allerheiligste Zentrumspartei
darunter verstehen), aber auf einmal hat er mit
einer andern a Gschpusi angefangt, einer dürreil
und faden Nockn (daß dös die Lüberaleir fand,
das sieht ein Schandarm!) und hat seine mollete,
brave und fromme Gelübte verlassen. Tine An-
derne hätte ihn in solchener Lage einen Pazi
genannt und verachtet, aber die Fräuln Zenta
hat nur gewartet, bis daß er wieder kommt,
welches die wahre Liebe ist! Und richtig:
je länger daß er mit der dürren Nockn getanzt
hat, je zwiderer ist sie ihm geworden. Und denkt's
Tuch: wie's zum Zahlen ko mint, verlangt
sie net gar, daß er auch ein Teil der Zeche
zahlen soll, statt daß sie ihm frei halt'?
wie der Servazi siecht, daß sie so ein aus-
geschämtes Luada is, — den« das gibt's doch
nie nicht, daß unsereiner zahlt, wann er nicht
muß! — und daß ihm herentgegen die Fräuln
Zenta grad extra noch einen Schnaps und einen
Schinken zuschiebt, da hat er sein Herz wieder
gefunden und ist der Zenta wieder um den Hals
gefallen. Da war aber noch Tiner: nemlich der
Musikant, der wo zum Aufspüln da ist. Der
tramhapete Depp hat sich einbildt gehabet, die
Nockn und der Servazi sollten ein paar wern,
und wie er bewirkt hat, daß derselbigte ausreißt
und wieder zu dem alten Schätz lein zurückkehret,
so hat er geschrien, er spielt nicht mehr dazu auf
und sie solleil tanzen nach was für einer Musik
sie wollen, „was," sagt der Servazi dadrauf,
„er mag net? Dann schmeiß i 'n aussi! Mir
brauchen Überhaupts keine Musi net und wenn
mir eine wolln, dann werma schon sehgn,
ob uns der Wirt net an andern Zithern-
spüler hertuat?!"
Und die Zenta hat die Tür aufgmacht und
der Servazi hat den Musikanten hinausgefeiert,
wie Ihr es oben auf dein Bilde sehet. Hamm
sie vielleicht nicht recht gehabt, der Kon**
servazi us und das Zenterl? Na also! Und
weil das am 24. Juni geschehen ist, darum
krieget Ihr das Fahnenbandl zum Angedenken
an den Threntag.
wir wollens hoffen, daß der Servazi und die
Zenta ein frohes paar werden und recht viele
sauberne Rinder bekominen, denn der Segen Gottes
ruht sichtbarlich auf ihrem Haupte. Und zahlen
tuen es nemlich die Alldereil!
1:
Oer OlocKtaroK
Eingesandt von
Sepp Schlauberger, Bauernsohn in Ampermostng
Iil der Wirtschaft zuin „Reichstag"
Ham s' g'spült all Tarok,
Dö Kart'n san ausgeb'm,
Ts geht um ail Block.
Dell „König" und sein „Ober"
Kennt Ieda, wer schlau;
Der „Zehner" is da Bundesrat
's Zentrum is d' „Sau".
Sie war lang im Schkat g'leg'n,
Aba iatzt hat sö si g'roch'n:
'n „Zehna" hat f g'fangt,
Und 'n „Ober" hat s' g'stoch'n.
Der „König" fallt vo selba,
Da feit gar uet vül —
Bums, da Block is valor'n!
So a Sau g'winnt halt 's Spül!
Bücherschau
\. Ein Gebetbuch zu Ehren Unsres Aller-
heiligsten Zentrums mit \oo Gebeten für alle
Fälle des katholischen Wählers erschien im Ver-
lage der Bruderschaft vom Schwarzeil August in
Karlsruhe (Baden), t909- Preis 1,50. Aus dem
reichen Inhalt erwähiien wir nur: Gebet iil
wahlunglücksfällen: Gebet für das Gelingen
feiner und feinster Kompromisse (erzbischöflich
approbiert); Gebet um fruchtbares Gedeihen des
Stimmviehs (für Führer); Bitte zum hl. Antonius
um wiederfinden verloreiler Zeiltrumsstiilliiien
mittels Unterschriftensammlung (sogenanntes Bil-
lig h e i m e r G e b e t); Aildachtsübuilg des frommen
Thristen vor Abgabe des Zentrumswahlzettels;
Dankgebet nach erfolgtem Wahlsieg (200 Tage
Ablaß); Bußübungen bei schlechtem Ausgang, u.s. f.
wir einpfehlen das gediegene, jedes fromme Ge-
müt erhebeilde Büchlein auch unseril ?. T. Burschen-
vereinen zur angelegentlichsten Benützung.
2. Der Darwinismus in Niederbayern, von
Hochw. Herrn Pfarrer Münsterer in Pondorf.
Vaterland-Verlag, München. Tine Iubiläumsgabe
zu Darwins ;00. Geburtstag. In gemein ver-
ständlicher weise erörtert der gelehrte Verfasser
die Zuchtwahl, den Kainpf ums Dasein, die Tnt-
wickluilgslehre rc., wie sie sich an der nieder-
bayrischen Tierwelt zur Beobachtung darstellen:
„Das verbesserte bayrische Landschwein ist ein
praktisches Stück landwirtschaftlicher Stalldarwi-
nisterei". „Tine Masse kgl. bayr. Agrarreformen
auf dem Gebiete der Tierzucht sind praktische
Riudviechereien". „Darwins Behauptungen über
die Entstehung der Arten hat eigentlich der hl.
Thomas schon vertreteil", „was am Darwinis-
mus richtig ist, weiß jeder Bauer schon lauge als
etwas Selbstverständliches", wir brauchen nur
diese lapidaren Sätze wiederzugeben, um zu zeigen,
daß das Werk geradezu unersetzlich für uns ist.
Bauernburschen, schafft es Tuch an!
❖
„Kircbengebet für das Zentrum“
Tief im Staube gleich dem Wurm'
Flehen wir zuin Herrn der Scharen:
Schütze unsren Zentrumsturm
Iil politischen Gefahren!
Stärke auf der Tugendbahil
Unfern sitteilreinen Roeren!
Laß das Fraktionshaupt Spahn
Iminer Deiile Stimine hören I
Führ' die Sünder aus dem Sumpf
f^ttt zur wahren Zentrumsherde,
Daß das Zentrum wieder Trumpf
In den deutschen Landen werde!
Auch der Junker ehrfurchtsvoll
Deiner Gnade sei empfohlen!
Und die Liberalen soll
Alle gleich der — Teufel holen!
„Wahrheit", „Freiheit", „Recht" — so heißt
Uns'rer Losungsworte Trias! —
Und zum Schluß erleucht' den Geist
Uilserm Schmerzenskind Matthias!
66z