1909
Nr. 29
Abendlicher Gang
Welke Blätter knistern
Unter meinen: Fuß
Und nur ist, sie flüstern
Einen scheuen Gruß.
Fragen leis und lauschen
Nach den: sanften Schritt,
Der in seidnem Rauschen
Neben meinem glitt.
Fragen, wo die Helle
Frauenstimme sei —
Horch, die weiße Quelle
Murmelt scheu: vorbei —
Reinhard Rocster
Wahre Geschichtchen
Der Herr Oberst einer sächsischen Garnison
hat seinen Offizieren befohlen, im Interesse des
Dienstes die Begrüßung der Offiziersdamen zu
unterlassen, wenn sie in eine Reitstunde herein-
schneien sollten. Der Leutnant Schultze hält sich
daran und grüßt nicht die Frau Oberst, als sie
ihm bei Reitunterricht begegnet. Empört rauscht
die „Alte", die den Leutnant Schultze so wie so
nicht ausstehen kann, zum Gatten.
Am Abend, im Kasino, kommt dieser auf den
Vorfall zu sprechen, „Herr Oberst hatten ja selbst
angeordnet," verteidigt sich Schnitze. Der Oberst
winkt aber ärgerlich ab: „Ganz recht, me? Lieber,
aber — in ärster Linie sin' mer doch Gawaliere."
*
Eine Dame mit einen: Knaben und eine alte
Bauersfrau steigen in die Straßenbahn.
Die Dame gibt dem Schaffner \5 Pfennig.
„\0 Pfennig für mich und 5 für den Jungen."
„Der Junge," sagt der Schaffner, „muß jo
Pfennig bezahlen; er hat schon lange Loosen an."
„Na, denn," sagt die Dame, „*o Pfennig für
den Jungen und 5 für mich."
„Un ick," ruft da die Bauersfrau, „wenn dat
up de Büx ankümmen deiht, denn fahr ick för
ümsüß."
Finessen
Meine Gnädigste! Sie wünschen das Re-
zept, Ihren Diners die sogenannte Stimmung
einzuhauchen? Aber gern!
Sie haben ganz richtig beobachtet: bei Ihnen,
bei Müllers und auch bei Schutzes langweilen
sich die Leute tödlich. Dieselben Leute, die in
meinen bescheidenen Räumen vor Uebermut und
Lebenslust quietschen! Das Rezept ist sehr
einfach:
Ueberlegen Sie leichtsinniger, skrupelloser!
Sie werden die Erfahrung machen, daß die
Stimmung um mehrere Wärmegrade steigt, wenn
die Gastgeber sich mit Anstand zu blamieren
verstehen. Setzen Sie die Beachtung einiger
Tricks an Stelle der quälenden, immer wieder-
kehrenden Ueberlegung, und Sie haben gewonnen.
Der erste Trick besteht darin, daß Sie Ihren
guten Dicken anlernen, hinter den Kulissen zu
arbeiten. Wenn plötzlich eine Absage erfolgt,
wenn die Seezunge nicht rechtzeitig geliefert
wird, wenn ein Krösus seinen Eintritt in Ihren
Salon durch ein Kilo Malosol verherrlicht, so
muß der Gatte wie ein routinierter Oberkellner
draußen die nötigen Anordnungen treffen können.
Die Abwesenheit der schönen Hausfrau wird
T UGEND
peinlich empfunden, das Gefühl, sie beunruhigt
zu wissen, lastet als Druck auf den Gemütern;
— „er" wird kaum vermißt. Bleiben Sie als
strahlende Sonne bei Ihren Gästen, und lachen
Sie um so sorgloser, als Sie wissen, siehe oben!,
daß die Stimmung gehoben wird, wenn „er"
sich blamiert.
Dann die Tischordnung. Ganz grüne Gast-
geber wollen da mit einem Damen-Engagement,
Lotterie oder dergleichen animierend wirken; sie
erreichen weiter nichts, als eine Hemmung des
Glücks. Keine reife Dame zeigt ihre Sehnsucht
in: Negligee, und das Los trifft selten richtiger,
als der Blitzschlag. Lassen Sie sich den Teufel
um das Techtelmechtel zwischen Frau 2) und
Herrn Z kümmern; wenn die Beiden zusammen
glücklich sind, so haben Sie als liebenswürdige
Gastgeberin doch keinen Grund, ihnen das Glück
vorzuenthalten! Zerbrechen Sie sich nicht den
Kopf, eine extravagante Tischordnung zu schaffen,
sondern bestimmen Sie dieselbe auf Grund na-
türlicher, — vorhandener — Verhältnisse.
Ihre Gäste setzen sich jetzt in zufriedener, ge-
hobener Stimmung zu Tisch.
Die Zusammenstellung des Essens ist natür-
lich auch ein Trick! Nun wissen Sie schon,
daß der Vorteil des Tricks in einer stürmischen
Wellenbewegung besteht, sobald er sehlschlägt.
Erinnern Sie sich noch des Abends, als w'r
Kartoffelpuffer statt Austern oder Hors d’oeuvres
gaben? Die Dinger waren der Köchin miß-
lungen, kein Mensch wollte sie essen. Und weil
es nur armselige Kartoffelpuffer waren, übten
alle Anwesenden Kritik, — an uns, an den
Dingern, an der Köchin. Leichtsinnig, ohne
weitere Ueberlegung hatten meine Frau und ich
diese Vorspeise gewählt, und wir hatten die
Lacher auf unserer Seite. Das genügte.
Manchmal hat auch der Trick den fahrplan-
mäßigen Erfolg. Im rehrückengesegneten Win-
ter erweist sich ein Gericht von Linsen mit fri-
scher Wurst als Reizmittel erster Güte; in der
saison morte bietet ein sechsgängiges Diner die
ersehnte Abwechselung zwischen den heimischen
Spinat- und Spargelorgien.
Aber immer voraussehen, daß auch ein fal-
sches Kalkül die Stimmung erhöht, wenn nur
die Gastgeber nicht aus allen Himmeln ihrer
Hoffnung auf Zustimmung fallen. Gut und
wohlüberlegt wird unfern Gästen auch bei Ad-
lon oder Hiller serviert, — bei uns wollen sie
lachen. Zeigen Sie mir den Menschen, der
nicht lacht, wenn ich ihn kitzele!
Jetzt kommen die allerliebsten, stimmungs-
vollen Zwischenfälle.
Der Schinken reicht nicht, weil ein Bauer
gleich für fünf zugelangt hat: ich lasse die Haus-
mannswurst hereinbringen und schneide Drei-
groschenstllcke ab. (Glauben Sie mir, bei solcher
Ronsultatl'oN A Fiobiger
„Hüten Sie sich vor geistiger Arbeit!"
„Oh, da feit si nix, Herr Doktor. I bin
ja Dialektlyriker."
674
t
lachenden, großzügigen Handhabung fühlt sich
jeder in Stimmung, der den Batzen Wurst auf-
spießen darf ) Die Gläser sind leer: ich sage
selbst „Na, Prosit!" Das elektrische Licht ver-
sagt: ich lasse zwei, drei Kerzen auf leere Flaschen
stellen und weiß, daß Alle protestieren, wenn
nach Aufhebung der Störung diese Beleuchtung
entfernt werden soll.
Lassen Sie sich durch keinen Zwischenfall in
Ihrer Laune irritieren, meine Gnädigste, wenn
Sie Gäste einladen, die das Alltägliche ver-
gessen sollen! —
Nun noch einige kleinere Tricks.
Besonders stumpfsinnigen Personen gibt man
eine Beschäftigung. Man läßt sie aufpassen, daß
die Fliegen dem Kompott sernbleiben, man
vertraut ihnen den Schlüssel zum Likörschrank
an. Das macht diese Leute glücklich, und sie
entpuppen sich in ihrer Art als Witzbolde.
Wasser und .Selters läßt man nur auf Ver-
lang n servieren, obgleich es jetzt auf jeder gut-
gedeckten Tafel stehen soll. Aber das schadet
der Stimmung nicht, wenn diese Art Getränke
erst herbei geschafft werden müssen.
Den Sekt gibt man besser zur Suppe, als
zum Eis. Bei sehr langen Diners läßt man
zwischendurch einmal kleine Zigaretten servieren.
Möglichst nach dem Fisch!
Tischwein in Karaffen aufzustellen ist stilvoll
und modern, verdirbt aber alle Stimmung. Der
Teufel soll wissen, wie das Zeug bekommt, wenn
schon die Etikette nicht gezeigt werden kann!
lieber den Blödsinn, auch Champagner umzu-
süllen, will ich kein Wort verlieren.
Die Löffel nicht vergessen! Jedes Gericht
muß so serviert werden, daß das Zulangen, be-
sonders das tüchtige Zulangen, keine Balanzier-
kunft erfordert. Außer Zange, Messer und Ga-
bel gibt es auch noch den praktischen Löffel;
der muß zur Hebung der Stimmung mal wieder
in Erinnerung gebracht werden.
Nach dem Mocca darf höchstens eine Pause
von zehn Minuten eintreten, dann muß Bier,
Bowle oder Sekt serviert werden. Die trink-
festen Leute wollen Stoff zur Hand haben. Das
ästhetische Gefühl der Nichttrinker schonen zu
wollen, ist ein Unsinn!
Ich glaube, Sie haben jetzt genug gelernt,
schöne Frau, und ich freue mich, auf Ihre nächste
Einladung. Wenn Sie mich dann mit einem
Ihrer verheißungsvollen feurigen Blicke beglük-
ken, verrate ich Ihnen auch noch, wie man
seine Gäste nach dem Essen und Trinken an-
genehm unterhält.
Kachtliclit
Liebe Isugenä!
Ich kenne Herrn v. Mollnow von meinem
Aufenthalt in Pommern her — nun freute ich
mich ungemein, ihm in Berlin zu begegnen.
„Ick bleibe nich lang," erzählte er mir, „ick
fahre heute schon wieder nach meener Klitsche.
Iestan abend, wissen Se, ts mir nämlich hier in
Balin ene sehr ene unanjenehme Ieschichte passiert.
Ick wobne doch innna int Ehristliche Hospiz
— nich? Un wie ick nu bei Dreffel soupiert habe,
jehe ick in die Winzerstuben, un dort mache ick
ne sehr ene interessante Bekanntschaft mit ner
russischen Iräfin. Een Wort jibt det andre —
sie erzählt, sie wohne nich jut un will janz jern
diese Nacht ooch int Ehristliche Hosxiz."
„Ah — und da hat man Sie wohl nicht
eingelassen?"
„Rin ließ man uns schon — ick sagte, die
Dame wäre meene Frau. Aber wie ick mit der
Iräfin in meene Stube komme, wissen Se, da
waren wa nich alleene. Ick hatte nämlich, wissen
Se, in meenem Tran total vajessen, det ick doch
meene Frau mit nach Balin jenommen hatte."
Koda Koda
Nr. 29
Abendlicher Gang
Welke Blätter knistern
Unter meinen: Fuß
Und nur ist, sie flüstern
Einen scheuen Gruß.
Fragen leis und lauschen
Nach den: sanften Schritt,
Der in seidnem Rauschen
Neben meinem glitt.
Fragen, wo die Helle
Frauenstimme sei —
Horch, die weiße Quelle
Murmelt scheu: vorbei —
Reinhard Rocster
Wahre Geschichtchen
Der Herr Oberst einer sächsischen Garnison
hat seinen Offizieren befohlen, im Interesse des
Dienstes die Begrüßung der Offiziersdamen zu
unterlassen, wenn sie in eine Reitstunde herein-
schneien sollten. Der Leutnant Schultze hält sich
daran und grüßt nicht die Frau Oberst, als sie
ihm bei Reitunterricht begegnet. Empört rauscht
die „Alte", die den Leutnant Schultze so wie so
nicht ausstehen kann, zum Gatten.
Am Abend, im Kasino, kommt dieser auf den
Vorfall zu sprechen, „Herr Oberst hatten ja selbst
angeordnet," verteidigt sich Schnitze. Der Oberst
winkt aber ärgerlich ab: „Ganz recht, me? Lieber,
aber — in ärster Linie sin' mer doch Gawaliere."
*
Eine Dame mit einen: Knaben und eine alte
Bauersfrau steigen in die Straßenbahn.
Die Dame gibt dem Schaffner \5 Pfennig.
„\0 Pfennig für mich und 5 für den Jungen."
„Der Junge," sagt der Schaffner, „muß jo
Pfennig bezahlen; er hat schon lange Loosen an."
„Na, denn," sagt die Dame, „*o Pfennig für
den Jungen und 5 für mich."
„Un ick," ruft da die Bauersfrau, „wenn dat
up de Büx ankümmen deiht, denn fahr ick för
ümsüß."
Finessen
Meine Gnädigste! Sie wünschen das Re-
zept, Ihren Diners die sogenannte Stimmung
einzuhauchen? Aber gern!
Sie haben ganz richtig beobachtet: bei Ihnen,
bei Müllers und auch bei Schutzes langweilen
sich die Leute tödlich. Dieselben Leute, die in
meinen bescheidenen Räumen vor Uebermut und
Lebenslust quietschen! Das Rezept ist sehr
einfach:
Ueberlegen Sie leichtsinniger, skrupelloser!
Sie werden die Erfahrung machen, daß die
Stimmung um mehrere Wärmegrade steigt, wenn
die Gastgeber sich mit Anstand zu blamieren
verstehen. Setzen Sie die Beachtung einiger
Tricks an Stelle der quälenden, immer wieder-
kehrenden Ueberlegung, und Sie haben gewonnen.
Der erste Trick besteht darin, daß Sie Ihren
guten Dicken anlernen, hinter den Kulissen zu
arbeiten. Wenn plötzlich eine Absage erfolgt,
wenn die Seezunge nicht rechtzeitig geliefert
wird, wenn ein Krösus seinen Eintritt in Ihren
Salon durch ein Kilo Malosol verherrlicht, so
muß der Gatte wie ein routinierter Oberkellner
draußen die nötigen Anordnungen treffen können.
Die Abwesenheit der schönen Hausfrau wird
T UGEND
peinlich empfunden, das Gefühl, sie beunruhigt
zu wissen, lastet als Druck auf den Gemütern;
— „er" wird kaum vermißt. Bleiben Sie als
strahlende Sonne bei Ihren Gästen, und lachen
Sie um so sorgloser, als Sie wissen, siehe oben!,
daß die Stimmung gehoben wird, wenn „er"
sich blamiert.
Dann die Tischordnung. Ganz grüne Gast-
geber wollen da mit einem Damen-Engagement,
Lotterie oder dergleichen animierend wirken; sie
erreichen weiter nichts, als eine Hemmung des
Glücks. Keine reife Dame zeigt ihre Sehnsucht
in: Negligee, und das Los trifft selten richtiger,
als der Blitzschlag. Lassen Sie sich den Teufel
um das Techtelmechtel zwischen Frau 2) und
Herrn Z kümmern; wenn die Beiden zusammen
glücklich sind, so haben Sie als liebenswürdige
Gastgeberin doch keinen Grund, ihnen das Glück
vorzuenthalten! Zerbrechen Sie sich nicht den
Kopf, eine extravagante Tischordnung zu schaffen,
sondern bestimmen Sie dieselbe auf Grund na-
türlicher, — vorhandener — Verhältnisse.
Ihre Gäste setzen sich jetzt in zufriedener, ge-
hobener Stimmung zu Tisch.
Die Zusammenstellung des Essens ist natür-
lich auch ein Trick! Nun wissen Sie schon,
daß der Vorteil des Tricks in einer stürmischen
Wellenbewegung besteht, sobald er sehlschlägt.
Erinnern Sie sich noch des Abends, als w'r
Kartoffelpuffer statt Austern oder Hors d’oeuvres
gaben? Die Dinger waren der Köchin miß-
lungen, kein Mensch wollte sie essen. Und weil
es nur armselige Kartoffelpuffer waren, übten
alle Anwesenden Kritik, — an uns, an den
Dingern, an der Köchin. Leichtsinnig, ohne
weitere Ueberlegung hatten meine Frau und ich
diese Vorspeise gewählt, und wir hatten die
Lacher auf unserer Seite. Das genügte.
Manchmal hat auch der Trick den fahrplan-
mäßigen Erfolg. Im rehrückengesegneten Win-
ter erweist sich ein Gericht von Linsen mit fri-
scher Wurst als Reizmittel erster Güte; in der
saison morte bietet ein sechsgängiges Diner die
ersehnte Abwechselung zwischen den heimischen
Spinat- und Spargelorgien.
Aber immer voraussehen, daß auch ein fal-
sches Kalkül die Stimmung erhöht, wenn nur
die Gastgeber nicht aus allen Himmeln ihrer
Hoffnung auf Zustimmung fallen. Gut und
wohlüberlegt wird unfern Gästen auch bei Ad-
lon oder Hiller serviert, — bei uns wollen sie
lachen. Zeigen Sie mir den Menschen, der
nicht lacht, wenn ich ihn kitzele!
Jetzt kommen die allerliebsten, stimmungs-
vollen Zwischenfälle.
Der Schinken reicht nicht, weil ein Bauer
gleich für fünf zugelangt hat: ich lasse die Haus-
mannswurst hereinbringen und schneide Drei-
groschenstllcke ab. (Glauben Sie mir, bei solcher
Ronsultatl'oN A Fiobiger
„Hüten Sie sich vor geistiger Arbeit!"
„Oh, da feit si nix, Herr Doktor. I bin
ja Dialektlyriker."
674
t
lachenden, großzügigen Handhabung fühlt sich
jeder in Stimmung, der den Batzen Wurst auf-
spießen darf ) Die Gläser sind leer: ich sage
selbst „Na, Prosit!" Das elektrische Licht ver-
sagt: ich lasse zwei, drei Kerzen auf leere Flaschen
stellen und weiß, daß Alle protestieren, wenn
nach Aufhebung der Störung diese Beleuchtung
entfernt werden soll.
Lassen Sie sich durch keinen Zwischenfall in
Ihrer Laune irritieren, meine Gnädigste, wenn
Sie Gäste einladen, die das Alltägliche ver-
gessen sollen! —
Nun noch einige kleinere Tricks.
Besonders stumpfsinnigen Personen gibt man
eine Beschäftigung. Man läßt sie aufpassen, daß
die Fliegen dem Kompott sernbleiben, man
vertraut ihnen den Schlüssel zum Likörschrank
an. Das macht diese Leute glücklich, und sie
entpuppen sich in ihrer Art als Witzbolde.
Wasser und .Selters läßt man nur auf Ver-
lang n servieren, obgleich es jetzt auf jeder gut-
gedeckten Tafel stehen soll. Aber das schadet
der Stimmung nicht, wenn diese Art Getränke
erst herbei geschafft werden müssen.
Den Sekt gibt man besser zur Suppe, als
zum Eis. Bei sehr langen Diners läßt man
zwischendurch einmal kleine Zigaretten servieren.
Möglichst nach dem Fisch!
Tischwein in Karaffen aufzustellen ist stilvoll
und modern, verdirbt aber alle Stimmung. Der
Teufel soll wissen, wie das Zeug bekommt, wenn
schon die Etikette nicht gezeigt werden kann!
lieber den Blödsinn, auch Champagner umzu-
süllen, will ich kein Wort verlieren.
Die Löffel nicht vergessen! Jedes Gericht
muß so serviert werden, daß das Zulangen, be-
sonders das tüchtige Zulangen, keine Balanzier-
kunft erfordert. Außer Zange, Messer und Ga-
bel gibt es auch noch den praktischen Löffel;
der muß zur Hebung der Stimmung mal wieder
in Erinnerung gebracht werden.
Nach dem Mocca darf höchstens eine Pause
von zehn Minuten eintreten, dann muß Bier,
Bowle oder Sekt serviert werden. Die trink-
festen Leute wollen Stoff zur Hand haben. Das
ästhetische Gefühl der Nichttrinker schonen zu
wollen, ist ein Unsinn!
Ich glaube, Sie haben jetzt genug gelernt,
schöne Frau, und ich freue mich, auf Ihre nächste
Einladung. Wenn Sie mich dann mit einem
Ihrer verheißungsvollen feurigen Blicke beglük-
ken, verrate ich Ihnen auch noch, wie man
seine Gäste nach dem Essen und Trinken an-
genehm unterhält.
Kachtliclit
Liebe Isugenä!
Ich kenne Herrn v. Mollnow von meinem
Aufenthalt in Pommern her — nun freute ich
mich ungemein, ihm in Berlin zu begegnen.
„Ick bleibe nich lang," erzählte er mir, „ick
fahre heute schon wieder nach meener Klitsche.
Iestan abend, wissen Se, ts mir nämlich hier in
Balin ene sehr ene unanjenehme Ieschichte passiert.
Ick wobne doch innna int Ehristliche Hospiz
— nich? Un wie ick nu bei Dreffel soupiert habe,
jehe ick in die Winzerstuben, un dort mache ick
ne sehr ene interessante Bekanntschaft mit ner
russischen Iräfin. Een Wort jibt det andre —
sie erzählt, sie wohne nich jut un will janz jern
diese Nacht ooch int Ehristliche Hosxiz."
„Ah — und da hat man Sie wohl nicht
eingelassen?"
„Rin ließ man uns schon — ick sagte, die
Dame wäre meene Frau. Aber wie ick mit der
Iräfin in meene Stube komme, wissen Se, da
waren wa nich alleene. Ick hatte nämlich, wissen
Se, in meenem Tran total vajessen, det ick doch
meene Frau mit nach Balin jenommen hatte."
Koda Koda