Polnisches Racheliedl
Polskje Herrgott is sich brav!
Hilft sich edle Poljen!
Hat sich lassen Polskjei Feind
Bülow Teifel holjen.
Edle Polje war sich schlau:
Immer still gjeblieben,
Bis ihm deitsche Hundje selbst
Has' in Küchjel 'trieben.
^ Is sich Poljen nich verlor'n,
Solang eigenem Bruder
Murkst mit Poljen-Hilfe ab
Deitsches dummes Luder.
% A. 1>© Nora
Die schwarze Liste
Um sich gegen Uebergrisse der Dienstherrschaften zu
schützen, wurde in Berlin in einer Versammlung vom
Verband der Hansangestellten beschlossen,
eine schwarze Liste der nicht empfehlens-
werten Dienstherrschaften anzulegen.
Liebe Rieke, laß Dir sagen:
Tritt mir nicht bei Schulze's ein.
Denn man gibt Dir nichts zu nagen
Und beschimpft Dich obendrein!
Müllers sind im Kopf nicht richtig,
Und Frau Kuntz schwingt gar den Stock;
Frau von Hintz ist eifersüchtig.
Und ihr Gatte ist ein — Bock!
In Schmidt's Küche hat der „Bruder"
Kanonier zu wenig Platz,
Und Frau Kulike, das Luder,
Spannt Dir aus den eig'nen Schatz. . .
Was die Köchin wo vermißte,
Steht in diesen Blättern drin —
Schon erweitert sich die Liste
Zum — Adreßbuch von Berlin!
* Beda
Abg. Erzberger hat sich um die Finanz-
reform große Verdienste erworben, indem er
nicht, wie Abg. v. Richthofen nur „gut abschrieb",
sondern drei Tage und drei Nächte opferte, um
aus andern Finanzgesetzbüchern Paragraphen
auszuschneiden und aneinanderzupappen, ja die-
selben sogar mit eigener Hand und Tinte
numerierte, sodaß ganze Gesetzentwürfe sein
persönliches Gepräge tragen. In Anerkennung
dieser Tätigkeit haben S. M. ihn zum Ritter
schlagen lassen, ihm den Titel „Junker von
Scheerscharf-Pappgsetzl" und einen gol-
denen Pinsel verliehen. Sein vom heraldischen
Amt entworfenes Wappen zeigt auf dreigeteiltem
Grunde: Im Centrum einen roten Krebs (ab-
gebrühten Rückwärtser) im schwarzen Feld, be-
waffnet mit zwei großen Scheren, die ein Buch
zerschneiden. Rechts oben im blauen Feld
(Aktenpappe) einen Kleistertopf mit zwei gold-
nen Pinseln. Links unten 16 auf weißen Grund
geklebte Paragraphenzeichen.
Die Uebergabe des Wappens wurde nach
Reichstagsschluß durch ein Festessen der drei
nationalen Parteien (vaterländischer Fuselblock)
gefeiert, bei dem der Vorstand der konservativen
Partei den neuen Junker tu die „Genossen-
schaft neuer deutscher Raubritter" aufnahm „in
Anbetracht dessen, daß das Plündern fremden
Gutes einen schönen Anklang an alt-ritterliche
Gewohnheiten verrate." Wir schließen uns diesem
Spruch und Glückwunsch voll und ganz an.
A. D. N.
Die erste offizielle Hmts-I)andlung:
Der neue Kanzler empfiehlt sich den deutschen
Witzblättern.
Oer neue Ranster
Von cme albe Zrankforder
Ich grieß' Dich stermisch mit Herz unn Hand,
Ohne Schmuß unn Stuß unn Salbadern!
Du hast ja im Kopp de Hegel, de Kant,
Unn Frankforter Blut in de Adern!
Du kimmst in e arg dorchenannernes Bett,
Drum rat' ich derr extra spezifisch:
Vergeß merr bet Frankforter Ahne net,
Unn werd net zu konservativisch!
Du kannst ebbes lerne vom Bankgeschäfts-Stil:
Steh fest unn solid uff de Stiwwel!
Unn spekulier' net im Ausland zu viel!
Unn behannel' dein Chef net zu iwwel!
Vertrau net de schwarze Makler dei Glick,
Sonst bistde machulle unn pleite!
Unn such' derr zor auswert'ge Bolidik
En Prokurist, en gescheite.
Ach, folg määne Ratschläg! Dann segt
ääch mit Stolz
Der Kaiser, erfreut unn gekitzelt:
„Ach, hätt' ich doch nor aus
Frankforter Holz
Schon die friehere Kanzler geschnitzelt!"
*
Foyer-Gespräch
„Römische Stimmung bei so 'ner Premiere:
Lauter Leute vom Bau im Zuschauerraum, das
Theater verdunkelt. . . ."
„Ja, das geschieht mit Rücksicht auf den Autor
— damit er nicht die schadenfrohen Mienen der
Konkurrenten sehen muß."
*
Oeslerreickisckes Marterl
von Kassian Kluibenscbäclel, Tuifelemaler
Feudaler -Heldensang
(in Schüttelreimen)
Ich bin der Herr von Heydebrand
Der Ritter von der Lasa.
Ich habe eine breite Hand,
Trink' Schampus und Marsala;
Ess' Caviar, Spargel, Auster, Hecht!
Wo mancher Junker hauste recht.
Der längst schon hinterm Gitter ruht,
Da habe ich mein Rittergut.
Hoch in die Lande ragt mein Schloß.
Ha, Knechte ihr, beschlagt mein Roß!
Nun geht es zum Turniere,
Die Gegner sind nur Tiere!
Der Frohn drückt aufs Gesindel schwer?
Uns degoutiert solch Schwindel sehr!
Ihr glaubt, wie's scheint, daß ihr erwerbt,
Was von den Bätern wir ererbt?
Die wir auf gleiche Wahlen zischen,
Wir werden eure Zahlen wischen!
Die wir für gleiche Wahlen danken,
Nie werden wir Feudalen wanken!
Sollt'uns ans Nehmen Einer mahnen, —
Ich schwör's beim Schatten meiner Ahnen:
Ich recke meine breite Hand
Nach Schampus und Marsala,
Ich bin der Herr von Heydebrand,
Der Ritter von der Lasa!
B. A. Nause
Die Büste Büchmcmns im Kanzlerpalais
ist durch eine Kant-Büste ersetzt worden.
-ir
bleues Soldatenlied
Die ursprünglich geplante Erhöhung des Mann-
schaftssoldes um acht Pfennige wurde von der neuen
Blockmehrheit und der Regierung wieder fallen gelassen.
Alle werdeus aufgebessert,
Die Beamten, Offizier,
Auch die Arbeiter und Schreiber,
Ganz alleinigs nur nicht wir.
Täglich mehr 8 ganze Pfenning
Kann das Reich uns geben nicht;
Und doch tuens wir Soldaten
Auch im Frieden uns're Pflicht.
Als die Kunde war gekommen,
Daß uns zugedenket was,
Dacht' ich, nun kann's Bier ich zahlen
Meiner Kathi und den Kas.
Ach, es wär' zu schön gewesen,
Darum hat's nicht sollen sein;
Die acht Pfenning seins verloren,
Aber Schätzchen, ich bleib' dein!
Und wie es seither gewesen,
Ja, beim alten bleibet das,
Und wenn ich zum Tanz dich führe,
Zahlst du's Bier und auch den Kas!
J. B. Sailer
Nachdenksamer Wandrer, bleib' auf diesem Fleckerl doch
ein wenig stehen hier,
Dieweilen allda drunten liegt, was sterblich war an dem
Schlachziyen Badeni Kasimir.
Dereinstens hat er es in Oesterreich versucht mit echt
galizischen Manieren,
Als Mann der „starken Hand" und rücksichtsloser Feind
der Deutschen zu regieren.
Ihn hat des deutschen "Volkes Zorn hinweggefegt wie
dürres Laubwerk der Vlovembersturm . . .
politisch war er tot, noch eh' er leiblich starb . . . doch heute noch
frißt jener schlimme Wurm,
Den er gefüttert groß, in nimmer satter Gier an all der "Völker
Fleisch und Blut:
Der Wurm der Obstruktion, der Deutschenhaß, der Slaven
frecher Uebermut!
Noch manches Jahr wird's heißen, wenn er schon langst
vermodert, liebes Publikum,
Es geistere schon wieder einmal im schwarz- und gelben Reich
der Kasimir Badeni um!
Polskje Herrgott is sich brav!
Hilft sich edle Poljen!
Hat sich lassen Polskjei Feind
Bülow Teifel holjen.
Edle Polje war sich schlau:
Immer still gjeblieben,
Bis ihm deitsche Hundje selbst
Has' in Küchjel 'trieben.
^ Is sich Poljen nich verlor'n,
Solang eigenem Bruder
Murkst mit Poljen-Hilfe ab
Deitsches dummes Luder.
% A. 1>© Nora
Die schwarze Liste
Um sich gegen Uebergrisse der Dienstherrschaften zu
schützen, wurde in Berlin in einer Versammlung vom
Verband der Hansangestellten beschlossen,
eine schwarze Liste der nicht empfehlens-
werten Dienstherrschaften anzulegen.
Liebe Rieke, laß Dir sagen:
Tritt mir nicht bei Schulze's ein.
Denn man gibt Dir nichts zu nagen
Und beschimpft Dich obendrein!
Müllers sind im Kopf nicht richtig,
Und Frau Kuntz schwingt gar den Stock;
Frau von Hintz ist eifersüchtig.
Und ihr Gatte ist ein — Bock!
In Schmidt's Küche hat der „Bruder"
Kanonier zu wenig Platz,
Und Frau Kulike, das Luder,
Spannt Dir aus den eig'nen Schatz. . .
Was die Köchin wo vermißte,
Steht in diesen Blättern drin —
Schon erweitert sich die Liste
Zum — Adreßbuch von Berlin!
* Beda
Abg. Erzberger hat sich um die Finanz-
reform große Verdienste erworben, indem er
nicht, wie Abg. v. Richthofen nur „gut abschrieb",
sondern drei Tage und drei Nächte opferte, um
aus andern Finanzgesetzbüchern Paragraphen
auszuschneiden und aneinanderzupappen, ja die-
selben sogar mit eigener Hand und Tinte
numerierte, sodaß ganze Gesetzentwürfe sein
persönliches Gepräge tragen. In Anerkennung
dieser Tätigkeit haben S. M. ihn zum Ritter
schlagen lassen, ihm den Titel „Junker von
Scheerscharf-Pappgsetzl" und einen gol-
denen Pinsel verliehen. Sein vom heraldischen
Amt entworfenes Wappen zeigt auf dreigeteiltem
Grunde: Im Centrum einen roten Krebs (ab-
gebrühten Rückwärtser) im schwarzen Feld, be-
waffnet mit zwei großen Scheren, die ein Buch
zerschneiden. Rechts oben im blauen Feld
(Aktenpappe) einen Kleistertopf mit zwei gold-
nen Pinseln. Links unten 16 auf weißen Grund
geklebte Paragraphenzeichen.
Die Uebergabe des Wappens wurde nach
Reichstagsschluß durch ein Festessen der drei
nationalen Parteien (vaterländischer Fuselblock)
gefeiert, bei dem der Vorstand der konservativen
Partei den neuen Junker tu die „Genossen-
schaft neuer deutscher Raubritter" aufnahm „in
Anbetracht dessen, daß das Plündern fremden
Gutes einen schönen Anklang an alt-ritterliche
Gewohnheiten verrate." Wir schließen uns diesem
Spruch und Glückwunsch voll und ganz an.
A. D. N.
Die erste offizielle Hmts-I)andlung:
Der neue Kanzler empfiehlt sich den deutschen
Witzblättern.
Oer neue Ranster
Von cme albe Zrankforder
Ich grieß' Dich stermisch mit Herz unn Hand,
Ohne Schmuß unn Stuß unn Salbadern!
Du hast ja im Kopp de Hegel, de Kant,
Unn Frankforter Blut in de Adern!
Du kimmst in e arg dorchenannernes Bett,
Drum rat' ich derr extra spezifisch:
Vergeß merr bet Frankforter Ahne net,
Unn werd net zu konservativisch!
Du kannst ebbes lerne vom Bankgeschäfts-Stil:
Steh fest unn solid uff de Stiwwel!
Unn spekulier' net im Ausland zu viel!
Unn behannel' dein Chef net zu iwwel!
Vertrau net de schwarze Makler dei Glick,
Sonst bistde machulle unn pleite!
Unn such' derr zor auswert'ge Bolidik
En Prokurist, en gescheite.
Ach, folg määne Ratschläg! Dann segt
ääch mit Stolz
Der Kaiser, erfreut unn gekitzelt:
„Ach, hätt' ich doch nor aus
Frankforter Holz
Schon die friehere Kanzler geschnitzelt!"
*
Foyer-Gespräch
„Römische Stimmung bei so 'ner Premiere:
Lauter Leute vom Bau im Zuschauerraum, das
Theater verdunkelt. . . ."
„Ja, das geschieht mit Rücksicht auf den Autor
— damit er nicht die schadenfrohen Mienen der
Konkurrenten sehen muß."
*
Oeslerreickisckes Marterl
von Kassian Kluibenscbäclel, Tuifelemaler
Feudaler -Heldensang
(in Schüttelreimen)
Ich bin der Herr von Heydebrand
Der Ritter von der Lasa.
Ich habe eine breite Hand,
Trink' Schampus und Marsala;
Ess' Caviar, Spargel, Auster, Hecht!
Wo mancher Junker hauste recht.
Der längst schon hinterm Gitter ruht,
Da habe ich mein Rittergut.
Hoch in die Lande ragt mein Schloß.
Ha, Knechte ihr, beschlagt mein Roß!
Nun geht es zum Turniere,
Die Gegner sind nur Tiere!
Der Frohn drückt aufs Gesindel schwer?
Uns degoutiert solch Schwindel sehr!
Ihr glaubt, wie's scheint, daß ihr erwerbt,
Was von den Bätern wir ererbt?
Die wir auf gleiche Wahlen zischen,
Wir werden eure Zahlen wischen!
Die wir für gleiche Wahlen danken,
Nie werden wir Feudalen wanken!
Sollt'uns ans Nehmen Einer mahnen, —
Ich schwör's beim Schatten meiner Ahnen:
Ich recke meine breite Hand
Nach Schampus und Marsala,
Ich bin der Herr von Heydebrand,
Der Ritter von der Lasa!
B. A. Nause
Die Büste Büchmcmns im Kanzlerpalais
ist durch eine Kant-Büste ersetzt worden.
-ir
bleues Soldatenlied
Die ursprünglich geplante Erhöhung des Mann-
schaftssoldes um acht Pfennige wurde von der neuen
Blockmehrheit und der Regierung wieder fallen gelassen.
Alle werdeus aufgebessert,
Die Beamten, Offizier,
Auch die Arbeiter und Schreiber,
Ganz alleinigs nur nicht wir.
Täglich mehr 8 ganze Pfenning
Kann das Reich uns geben nicht;
Und doch tuens wir Soldaten
Auch im Frieden uns're Pflicht.
Als die Kunde war gekommen,
Daß uns zugedenket was,
Dacht' ich, nun kann's Bier ich zahlen
Meiner Kathi und den Kas.
Ach, es wär' zu schön gewesen,
Darum hat's nicht sollen sein;
Die acht Pfenning seins verloren,
Aber Schätzchen, ich bleib' dein!
Und wie es seither gewesen,
Ja, beim alten bleibet das,
Und wenn ich zum Tanz dich führe,
Zahlst du's Bier und auch den Kas!
J. B. Sailer
Nachdenksamer Wandrer, bleib' auf diesem Fleckerl doch
ein wenig stehen hier,
Dieweilen allda drunten liegt, was sterblich war an dem
Schlachziyen Badeni Kasimir.
Dereinstens hat er es in Oesterreich versucht mit echt
galizischen Manieren,
Als Mann der „starken Hand" und rücksichtsloser Feind
der Deutschen zu regieren.
Ihn hat des deutschen "Volkes Zorn hinweggefegt wie
dürres Laubwerk der Vlovembersturm . . .
politisch war er tot, noch eh' er leiblich starb . . . doch heute noch
frißt jener schlimme Wurm,
Den er gefüttert groß, in nimmer satter Gier an all der "Völker
Fleisch und Blut:
Der Wurm der Obstruktion, der Deutschenhaß, der Slaven
frecher Uebermut!
Noch manches Jahr wird's heißen, wenn er schon langst
vermodert, liebes Publikum,
Es geistere schon wieder einmal im schwarz- und gelben Reich
der Kasimir Badeni um!
Beda: Die schwarze Liste
Kassian Kluibenschädl: Österreichisches Marterl
Der alde Frankforder: Der neue Kanzler
B. A. Nause: Feudaler Heldensang
A. De Nora: Polnisches Racheliedel
Monogrammist Frosch: Die erste offizielle Amts-Handlung
Josef Benno Sailer: Neues Soldatenlied
A. D. N.: [ohne Überschrift]
Kassian Kluibenschädl: Österreichisches Marterl
Der alde Frankforder: Der neue Kanzler
B. A. Nause: Feudaler Heldensang
A. De Nora: Polnisches Racheliedel
Monogrammist Frosch: Die erste offizielle Amts-Handlung
Josef Benno Sailer: Neues Soldatenlied
A. D. N.: [ohne Überschrift]