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gutn $$tme!ebiseben hochverratzprsresz

Chor der Ankläger: „wir wissen gar-
nicht, was Hochverrat ist, wir helfen dem, der

Der neue Plutarcb

Der Weihnachtsengel war von seiner dies-
jährigen Erdenreise zurück in den Himmel ge-

Vreussiscker Landtag

„Hei, Hollah, -Bethmann-Häsekei?, wie ist

zahlt, und wer uns nicht zahlt, ist ein Schuft!"

q-

Dom oder Mein

Im Reichstage wurde darüber gestritten, ob das
bayrische Wahlbündnis zwischen Zentrum und Sozial-
demokratie im D o m zu Speyer oder in einem dortigen
Weinlokal abgeschlossen worden sei.

Im Weinlokal, sagt Fehrenbach,
Dome war's, sagt Frank.

Darüber tobt mit lautem Krach

Der Hader und der Zank.,

Der Fehrenbach schreit: Weinlokal,

Der Frank dagegen: Dom.

Im Grunde ist es ganz egal,

Rom bleibt nun einmal Rom.

Und wer mit ihm paktiert, ei, ei,

Sei's bei dem edlen wein.

Sei's in des Domes Sakristei, —

Der fällt doch stets hinein. Frido

Slavr'fche Parteisitzung

Erster Abgeordneter: Ise £oos auf mich
gefallen zu sprechen, werd ich sprechen nächsten
Tag dreißig Stunden.

Zweiter Abg.: Bruder, mach me Dich aufmerk-
sam , Tag hat se bloß sechsundzwanzig Stunden!
höchstens, im Sommer, sechsundzwanzigeinhalb!

Dritter Abg.: was wirst Du halten für
Red' ? Ueber Marsbewohner oder über Einführung
von Gasbeleuchtung am Nordpol?

Erster Abg.: 3fe 3n kurze Thema! werd ich
vorlesen slavisch-malayische Grammatik, dauert
sechs Stunden; lest ich dann selbe Buch von hint
nach vorn, macht se wieder sechs Stunden; lef'
ich dann selbe Buch, immer erste und dritte Zeile,
macht se wieder sechs Stunden: lest ich dann zweite
und vierte Zeile, macht se wieder sechs Stunden.
Macht se zusammen achtundzwanzig Stunden!

Zweiter Abg.: Bruder, verzeih: viermal sechs
macht se blos fünfundzwanzig!

Erster Abg. (wütend): verfluchte dait-
sche Hund! (sanfter) werd me reden so
lange, bis me kriegen hundert slavische
Minister!

Dritter Abg.: verlang me lieber zwei-
hundert! Ike besser!

Zweiter Abg.: wenn Du bist fertig
mit slavisch-malayische Grammatik, willst
Du dann halten Red' über „Parlamen-
tarische Anstand und würde" ? guter
Thema!

Ec ster Abg. (sich den Bauch vor Lachen
haltend-: Großartige Gedanke! werd ich
reden drüber! werd ich reden über
etwas, was se garnicht gibt! Auf,
geh me in Sitzungssaal!

»

Gscbudi, der neue 6aleriedireKtor

Schon zeigt es sich, daß man

den Rechten erkor,

Von dem man viel Gutes erzählte!

Er läßt nicht hängen die Flügel, das Ohr,

Und noch weniger unsre Gemälde.

Die Pinakothek hat ein neues Gesicht,

Er hängte die Bilder erfreulich.

Er sagte energisch: „Es werde Licht!"

Denn das Licht war früher abscheulich.

Der richtige Mann auf dem richtigen Weg!

Er bringt's noch — wir werden es sehen —

So weit, daß in die Pinakothek
Sogar unsre Münchner gehen!

&arlehen p v

kommen. „Ich sehe, daß sich da unten noch
eine Menge Leute in den Haaren liegen, hast
Du denn Dein -Friede auf Erden* nicht
erschallen lassen!?"

„G ja, lieber Herrgottsvater, aber da hilft
alles nichts .. . das sind die bayerischen Alt-
und Jung liberalen."

Missionar-Gespräch

„Aber Herr Amtsbruder, in Ihrem Bezirk
laufen ja in letzter Zeit Frauen und Mädchen
wieder fast nackt herum!"

„VTu cha; seit mer ne post da hab'n, hab'n
sich doch de Ludersch auf ne europäische
Modezeitung abonniert!"

*

Zukunftsbild aus der Zeit des militär-
ischen Parlamentarismus in Deutschland:

Die Eröffnung des Reichstages

äsident: „Der Herr Reichskanzler hat das wort!"

es mit dem Wahlrecht für Preußen?"

„Entschuldigt mich einen Augenblick, sobald
ich im Bau bin, will ich Euch Rede steh'n!"

*

Die rote Sau

Durch die Fütterung mit Gerste, welche als Futter-
gerste laut gesetzl. Bestimmung rotgefärbt sein muß,
sind die Schweine in allen Teilen ebenfalls ro'gefärbt
worden und müssen als ungenießbar dem Verkauf
entzogen werden.

Wir schützten, wie immer, uns keck und kühn
Und färbten die Gerste mit Eosin,

Damit kein Körnlein daneben geh
Dem Portmonnä, unserm Portmonnä.

Doch was wir auch tun, es fällt — o Graus! —
Jetzt ins Entgegengesetzte aus:

Wie schuf die Finanzreform uns Not!

Nun macht die Gerste die Schweine rot!

Die Schweine, die unser Lebenszweck,

Auch sie nun rot bis zum innersten Speck!

Das darf nicht sein! Das darf nicht sein!
Feudal muß wenigstens bleiben das Schwein!

Auf! Färbt die Gerste mit Methylen!

Dann werden wir einmal Schweine sehn,

Gleich uns, bis zum letzten Tropfen blau!

Es lebe hoch die blaue Sau!

A. B. N.

*

Ein vaterlandsloser Monarch

Der Landrat von Maltzan auf Moltzow rief
bei der Verlesung der Botschaft des Großherzogs
von Mecklenburg-Strelitz aus: „Dieses ist die Re-
volution von oben!"

Der Großherzog ist ein Revolutionär, ein
Landesverräter, ein Bombenwerfer. Es ist wenig
bekannt, daß er bei Singer aus- und eingeht;
erst neulich hat er sich bei ihm an einem Sonn-
abend zu Schalet ansagen lassen, so daß Singer
die von ihm bereits eingeladenen Genossen
schleunigst ausladen mußte. In der Oeffent-
lichkeit geniert sich der Großherzog begreif-
licherweise mit Rücksicht auf seine Kollegen
etwas; aber bei der geheimen Wahl gibt
er seine Stimme nur einem Sozialdemo-
kraten, d. h. keinem Revisionisten.

werden sich die deutschen Monarchen
es gefallen lassen, daß sich unter ihre Kronen
eine Ballonmütze eingechlichen hat? Der
Revolutionär muß vom Throne herunter!
Sein geborener Nachfolger wäre der Herr
von Maltzan auf Moltzow; aber freilich
dieser wird es schwerlich werden; denn
man weiß in Berlin nur zu gut, daß es,
wenn erst die Maltzans auf Moltzow einen
deutschen Thron innehaben, mit der Vor-
herrschaft der Hohenzollern aus ist; denn
dann wird die Kaiserkrone bald den Malt«
zans in den Schoß fallen.

HhediTe

Zur gefl. Beachtung!

Mit dieser Nummer beschliesst die „Ju-
gend“ den Jahrgang 1909. Wir richten an
unsere verehrl. Abonnenten das holl. Er-
suchen um sofortige Erneuerung des Abon-
nements, damit im Fortbezug der Zeitschrift
keine Störung eintritt.

Verlag der Münchner „Jugend“
Register
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Redaktioneller Beitrag: Redaktionelle Notiz
Karlchen: Tschudi, der neue Galeriedirektor
Kilian: Ein vaterlandsloser Monarch
Arpad Schmidhammer: Die Eröffnung des Reichstages
Monogrammist Frosch: Zum österreichischen Hochverratsprozeß
Arpad Schmidhammer: Illustration zum Text "Der neue Plutarch"
Monogrammist Frosch: Preussischer Landtag
A. D. N.: Die rote Sau
Karl Ettlinger: Slavische Parteisitzung
Frido: Dom oder Wein
Arpad Schmidhammer: Missionar-Gespräch
 
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