Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Marterl auf König Ceopold II

A. Schmidhammer

Nun mußte er auch eines harten Todes sterben.

Friede sei seiner Asche, Friede auch wenn möglich unter seinen Erben!
Für schöne Frauen stets sein großes Herz in Brand war,

Er liebte sehr das Ewig-Weibliche, sofern es nicht

mit ihm verwandt war.

Als Handelsmann war er wohl ein Genie, ein großes.

So daß ich manchmal heimlich dachte, er hieße nicht Leopold,

sondern Moses;

Er machte viele gute Geschäfte, energisch und geistesgegenwärtig,
Jedoch mit einer großen Firma wurde er dennoch nicht fertig,
Hans Mors heißt diese Firma, .konkurrenzlos einst wie jetzt,
Sie hat nun auch den König Leopold auf ihre Haben-Seite gesetzt.

Ueber dem Kanal

Den Gruß an Euch in Engelland,

Die Ibr so brav und tapfer ringet,

Den Gruß und einen Druck der Hand
Und unfern Wunsch, daß Euch's gelinget.

Der Rrieg muß kommen hier und dort,
Doch nicht ein Mord der Stammesbrüder,
Und Euer braves Losungswort,

Es hallt in unsren Herzen wider.

Der klare Himmel hier und dort,

Er kommt nicht ohne das Gewitter,

Bei Euch da drüben gilt's dem Lord,'

Bei uns dem Pfaffen und dem Ritter.

Fritz Sänger



Der Abschied der Rolonnaden

Die Kolonnaden in der Königstraße zu
Berlin sollen versetzt werden. Es ist eine Straf-
versetzung beabsichtigt, nicht etwa weil sie einen
Polen zum Stadtverordneten gewählt haben,
sondern weil sie einem von der Firma A. Wert-
heim geplanten Warenhausbau im Wege stehen.

Man kann sich denken, wie der feindliche Bruder
Wolf Wertheim vor Konkurrenzneid platzt;
ihm hat noch keine Kolonnade weichen müssen. Aber
er ist entschlossen, seine Brüder zu übertrumpfen.
Er will die Kolonnaden auskaufen und sie in der
Siegesalle so aufstellen, daß jeder Marmorherrscher

durch ein Tor der Kolonnaden durchguckt.
Gegenleistung verlangt er nur, daß ihm ge-
stattet wird, an jedem Marmormonarchen
eine Reklame seiner Kaufhäuser anzu-
bringen.

t Dann wird freilich die Firma A. Wert-
heim wieder den Wolf schlagen wollen. Sie
wird dann das Opernhaus ankaufen, um
es vor einem pietätlosen Niederreißen zu be-
wahren, und wird es unter möglichster Scho-
nung der Innenarchitektur zu einem Waren-
hause einrichten. Die bisherige kleine Königs-
loge wird Privatkontor, die große Königs-
loge Ausgabestelle sür Sammelhefte und Be-
schwerdestelle werden. Auf der Bühne, die
erhalten bleibt, sollen in derOsterzeitPassions-
spiele, in der Weihnachtszeit Märchenspiele
wie Rotkäppchen aufgeführt werden.

Dann wird der Wolf wieder auf Rache
sinnen und Rotkäppchen fressen wollen.

Frido

Der Einbrecher-Gesangverein

Der Gesangverein der Einbrecher ,,Ka-
luxen," (siehe Kalliope) der neulich in
einer Kaschemme der Fruchtstraße in Berlin

Als

festgenommen und „suspendiert" wurde, stand
unter der gediegenen Leitung des „schwarzen
August," der sich bedeutender Verdienste als Lhor-
direktor rühmen durfte, Sehr besucht waren stets
seine Wohltätigkeitskonzerte in der Destille „Zum
blauen Igel," die zum Besten der Hinter-
bliebenen von Geldschrank-Knackern
arrangiert wurden. Berühmt waren die
Bässe der „Kalupen," die hin und wieder bei
Oratorien-Vorführungen milwirkten. Sehr ge-
sucht in allen Polizeirevieren auch der erste Tenor,
„Hosen-Otto" oder „Pfiff-Gurgel" genannt,
der eine derartige phänomenale Höhe erreichte,
daß ihm kein Schutzmann folgen konnte. Die
Aufhebung der „Kalupen" wird in dem Musik-
leben Berlins eine schmerzliche Lücke hinterlassen,
die selbst durch die beabsichtigte Gründung eines
philharmonischen „Pennbrüder-Orchesters" nicht
beseitigt werden dürfte.

wir erwähnen aus dem Programm der „Ka-
lupen" folgende Lieder: wem Gott will rechte

Gunst erweisen, dem schafft er stets ein Alibi.
2. Den berühmten Thor der Schaukasten-Spezia-
listen „wem brech ich wohl das erste Glas?"
z. Zieh' hinaus beim Morgengrauen, Willem aber
feste! H. Die Sonn' erwacht — nu Schluß ge-
macht! 5. Schutzmann, ick rufe dich! 6. Schließ-
lich noch das beliebte Vortragsstück des sogenannten
Juwelier Ouartetts „Es liegt eine Krone beim
Löwenstein".

H. Händel

Rodelfahrt

„Heinrich, sag' es rechtzeitig, wenn ich ein -Vaterunser*

beten soll!"

Jlu$ Am lyrischen

Tagebuch des Leutnants v. verfewlh:

Vorsicht!

Der preußische Kriegsminister erließ an die
Generalkommandos, um bei der Jugend die Freude
am Soldatentum zu fördern, die Verfügung, den
sämtlichen Schulen die Teilnahme an den Pa-
raden und Manövern zu erleichtern und zu den
Spielen, Wettkämpfen und patriotischen Festen der
Jugend Offiziere zu entsenden.

Freudigst ja — jrade in unserer Zeit —
Solcher Erlaß zu bejrüßen:

Jugend zu jeden Jelegenheit,

Unsereins zu jenießen.

Stahlbad desJeistes,Schneid-Rultur-
Muß junge Herzen erheben...

Möchte in Ehrerbietung nur
Eins zu bedenken jeden:

Sollten für Mädchen-Schulen Erlaß
XXity in Anwendung bringen.

Jradzu jefährlich! Renne das.
Herzchen so schon zum Springen!

Müßte unfehlbar — ohne Scherz —

Zu Katastrophen führen!

Möchte drumRücksicht aufMädchenherz
Dringend r e k o m m a n d L e r e n!!!

*

Das Rindvieh im Wahlkampf

Der elsäßischeZentrumsabgeordneteHauß
sagte in einer Wahlversammlung zu dem
Lehrer Bongart, es sei eine Schande für
eine katholische Gemeinde einen liberalen
Lehrer zu haben; wenn Bongart nicht ein-
sehe, daß ein katholischer liberaler Lehrer
ein Komödiant sei, dann sei er ein Horn-
ochse.

Der Lehrer Bongart stellte den Straf-
antrag wegen Beleidigung. Ist es glaub-
lich? Ein Stier, (der sich bekanntlich von
einem Ochsen nur in einem ganz unwesent-
lichen Punkte unterscheidet,) war einst der
Stolz, das Glück und die Freude der Europa;
ist es nicht ein Zeichen einer frechen Ueber-
hebung, wenn sich ein Lehrer dadurch be-
leidigt fühlt, daß man ihn mit dem Stolz
Europas vergleicht? Nichtsdestoweniger
hat die Zentrumsleitung den Vergleich
zwischen einem Lehrer und einem Horn-
ochsen gemißbilligt, weil er taktlos sei.
Sie hat den Abgeordneten Hauß ersucht,
künftig Vergleiche zu vermeiden, durch die
die Ochsen sich verletzt fühlen könnten.

Hbedive

»
Register
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Marterl auf König Leopold II."
Khedive: Das Rindvieh im Wahlkampf
Fritz Sänger: Über dem Kanal
H. Händel: Rodelfahrt
Frido: Der Abschied der Kolonnaden
Leutnant v. Versewitz: Aus dem lyrischen Tagebuch des Leutnants von Versewitz: Vorsicht!
[nicht signierter Beitrag]: Der Einbrecher-Gesangverein
[nicht signierter Beitrag]: Marterl auf König Leopold II.
 
Annotationen