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Der Aronenrrägek

Und trag' ich auch kein Purpurkleid
Mit Hermelin und Goldgeschmeid,

Ich glaube doch bis an mein Grab,

Daß Gott mir Reich und Krone gab.

Der Reif, der fein dies Haupt umflicht,
Erhöht mein sterblich Angesicht,

Und Flammen reiner Ehrfurcht loh'n
Um meinen unsichtbaren Thron.

Gebannt in solcher Gnaden Kreis
Sing' ich den höchsten Mächten Preis,
Des dritten Reiches Macht und Ruhm
Sei meiner Harfe Heiligtum!

Mein ist das Reich der stillen Tat,
Das heimlich hier aus Erden naht;

Von ewiger Sehnsucht vorgeschaut,

Wird es erkämpft und auferbaut.

Wollt' ich verlassen je sein Licht,

Ein Hüter, der die Treue bricht,

Dem armen Wicht wär' ich verwandt,

Der sich erhängt mit eig'ner Hand.

Doch sinkt der Schwermut leiser Flor
Auf diese Stirn, die Gott erkor,

Wenn sich der Feinde Rotte mehrt
Und das geliebte Land verheert,

In meinem königlichen Schmerz
Aufblitzt ein Licht wie funkelnd Erz:

Kein König, der's verloren gab!

Die Krone trag' ich bis ans Grab.

München, 1909. Aarl Henckell

An Paul Heyse

Zum 15. Marz ISIS

In deinem Bann,

Seit ich denken kann,

In Iugendtagen
Auf Zweifelswegen
Zu dir getragen.

Von dir gezogen,

Beim ersten Entfalten
Und scheuen Erproben
Von dir gehalten,

Von dir gehoben.

In allen Stunden
Der rinnenden Zeit
Dir treu verbunden
Und innig geweiht —

Soll ich dir heute
Beim Feiergeläute
Mit Redegeschmeide,

Das glitzert und gleißt,

Erneuern die Eide,

Die lange du weißt?

Nicht doch! Ich fände
Kein besseres Wort
Als: Bis an mein Ende
S° weiter ,->» ^wig Fuid-

Tageduchblacr

(Für das Glückwunsch-Sammelbuch zu Paul kjeyses
achtzigstem Geburtstag)

Nach vergessenen Vergangenheiten
Schaff' ich träumend Bilder mir der Zukunft.
Das Ersehnte strahlt vom längst Erlebten,
Das Erlebte kehrt als Unvergangenes,
Neues, zu Erwartendes vors Auge.

Was Du nicht zu hoffen wagst, Du hast es
Längst umschlossen. Jede Sehnsucht stillst Du
Mit Erinnerung, die als Hoffnung leuchtet...

Wilhelm von Scholz

Und Andre, die Dich körperlos umschweben,
Sie fleh'n, auch ihnen Wort und Form zu leih'n
Und folgen Dir bis in den Traum hinein. —'

Heut aber wird im traulichen Gemach
Ein festlich zahllos Gehn und Kommen wach.
Das sind die Lebenden, die Du begabt:

Wer sich an Deiner Dichtung Quell gelabt,
Wer Deine Huld erfuhr, wer von Dir lernte,
In dankbewegtem Zuge nah'n sie heut;

Und Deines Lebens volle reiche Ernte
Siehst Du zu Deinen Füßen hingestreut.

Ein Jeder bringt zum frohen Tag sein Teil-
Bekränzt und offen steh'n des Hauses Pforten;
Und freudig widerhallt es allerorten:

„Paul Hehse hoch! Dem teuren Meister Heil!"

Helene Raff

j. Würstl

Paul Heyse's Arbeitszimmer

Still in gehegtem Garten liegt Dein Haus;
Dein Fenster blickt in eitel Grün hinaus.

Hier steht Dein Schreibtisch. — Jede

Morgenhelle

Trifft Dich seit Jahren an gewohnter Stelle;
Und emsig regst Du den geliebten Kiel,

Gilt's der Novelle, gilts ein Bühnenspiel.

Nur manchmal horchst Du lächelnd auf,

zu lauschen

Auf eines Frauenkleides leichtes Rauschen —
Du weißt, wer Deine Dichterruh bewacht
Und die Getreuen mahnt: „Nur leis! Nur sacht!"

Doch wenn die Zeit der Mittagsrast verrann,
Beichtstüblein wird Dein Arbeitszimmer dann.
Nicht nur die Kinder und die Freunde kommen;
Da naht, wen irgend Kümmernis beschwert,
Ein junger Dichter oft, der Rat begehrt —
Und Allen hilft Dein Wort zu Trost

und Fronimen.

Denn immer war Dir oberstes Gebot:

Ein Schild dem Recht und Helfer sein der Not! —

Bisweilen — selten freilich — mag's geschehn,
Daß Niemand kommt. Dann nimmst Du

vom Regale

Ein Buch und lässest, zuin wievielten Male,
Vom Geist der hohen Toten Dich umwehn.
Manch Einer, dessen Werke droben prangen,
War Dir vereint im langen Erdenlauf!

Und leise steigt ein Schattenheer herauf,

Und Dich ergreift ein sehnend Rückverlangen
Nach all den Teuren, die so weit, so weit. —
Hart ist's, aus leuchtender Vergangenheit
Der Letzte sein. —

Doch sieh: den Geisterchor
Verscheucht ein andres luftiges Gedränge;
Kaum faßt das Zimmer der Gestalten Menge,
Und Dich bedünkt, Du sahst sie schon zuvor.
Die Männer dort in griechischem Gewand,

Die Frau'n vom Norden, von Italiens Strand. -
Kennst Du den Schwarm, den Du ans

Licht beschworen,

Die Kinder, so die Muse Dir geboren?

Sie traf kein Alter, keine Dämmerung
Schlang sie hinab — sie blieben ewig jung,
Du lebst in ihnen, die Du riefst ins Leben.

Paul Heyse

Zum achtzigsten Geburtstage

^,em Achtzigjährigen! — Sollen wir den ab^
U gebrauchten Iubiläumssang von den stillen
Freuden eines frischen Alters vor ihm anstimmen;
vor ihm, dem immer Tätigen, ein Preislied auf
die Tage des ruhevollen Rückschauens ertönen
lassen? Dann wenigstens nur im Sinne des
Goethischen Ausspruchs, daß lange leben vieles
überleben heißt. Denn vieles hat er überlebt:
höchsten Dichterruhm und völliges Verkennen
seines Schaffens, das Auf und Nieder des öffent-
lichen literarischen Urteils, die Ueberschätzung
und die Unterschätzung von seiten des großen
Haufens; nur eines nicht: die stetige, gleich-
mäßige Bewegtheit seiner eigenen reichen Natur.

Durch ein Zeitalter der größten inneren und
äußeren Umschwünge im Dasein unseres Volkes
ist der nun Achtzigjährige hindurchgegangen,
bedeutungsvolle politische, soziale und geistige
Revolutionen haben den ruhig und sicher Dahin-
schreitenden umbraust, auf- und abwogende Be-
wegung jeder Art hat seinen Lebensweg um-
flutet — das alles hat er überlebt, weil es
vergänglich war. Und nur er selbst, in seinem
innersten Wesen, in allen seinen Betätigungen
und Anschauungen, soll in dem großen Wechsel
der Dinge sich nicht überlebt haben? Ist das
denkbar? — so rufen jene, die das Eigenste
seiner Persönlichkeit immer verkannt haben; ist
das möglich, außer bei einem Manne, der an
seiner Zeit niemals regen Herzens Anteil ge-
nommen hat?

Der schwerste Vorwurf, den man im Jahr-
zehnt der jüngsten literarischen Revolution immer
wieder gegen Paul Heyse geschleudert hat, fand
in solchen zweifelnden Rufen seinen Ausdruck.
Seine Dichtung stehe abseits von unserer Zen
und ihrer lebhaften inneren und äußeren Be-
wegungen, so sagten die eifernden Gegner; sie
schwebe, voller Anmut zwar, aber bar der eigent-
lichen Kraft, in den Regionen eines längst über-
wundenen idyllischen Bürger- und Bildungs-
daseins, habe nur kleine Herzens- und noch
kleinere Lebensfragen zum Gegenstände, wage
sich nicht an die schrecklichen Seiten und grau-
samenProbleme der kraftvollen Gegenwart heran.
Zu dem großen Haufen der „geborenen Epi-
gonen", zu den „Pflegern eines gealterten engen
Geschmacks" warf einer der damaligen kritischen
Wortführer den Münchener Poeten und m"
verächtlichem Achselzucken wandten sich die hrm-
melstürmenden Titanen des jüngsten Deutsch-
lands von dem „Götterlieblings, der auf heiteren
Höhen throne, ab. Auch das hat er überlem,
der nun Achtzigjährige. Die stürmische Flur,
die seinen Namen umbrandete, ist wieder vo
der ruhigen Schätzung der bleibenden Werre,
die aus seinem reichen Schaffen dem Gesamr-
besitze unserer Literatur zugeflossen sind, zurucn^
gewichen und klarer denn je steht sein Dich«• •
bild vor den dankbaren Augen der Mitwelt va-

So hat das Ausbrausen einer sich selbstherr-
lich gebärdenden literarischen Jugend gegen o
Register
Ludwig Anton Salomon Fulda: An Paul Heyse
Johann Wuerstl: Blumenmädchen
Karl Henckell: Der Kronenträger
Wilhelm v. Scholz: Tagebuchblätter
Helene Raff: Paul Heyse's Arbeitszimmer
Oskar Bulle: Paul Heyse zum 80. Geburtstag
 
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