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Studenten und venkmalsironiltee

Wenn Patriotenherzen sich entzünden —

Sei es in Halle, sei es an der Spree —

Hält keine Himmelsmacht sie ab, sie gründen
Ein Denkmalskomitee.

Früh trifft es diesen, jenen trifft es später;
Mit Dichtern macht man's hin und wieder auch,
Doch am beliebtesten sind Landesväter
Nach gutem alten Brauch.

So fand ein Komiteemitglied in Halle,

Den Kaiser Friedrich habe man noch nicht.
Wie?! rief der Vorstand, und es lauschten alle
Mit staunendeni Gesicht.

Es stimmt! Schon regt es sich mit

fleiß'gen Händen,

Und Sammelrufe schallen hier und dort:

Herbei, du junges Volk, herbei Studenten,
Sprecht ihr ein helles Wort!

Sie sprachen es. Es klang mit kräft'gen

Stimmen:

Schon wieder eins, ihr Herrn, warum, wozu?
Tut, was wir gerne möchten: laßt es schwimmen!
Uns drückt kein Denkmalsschuh.

Ein Schwimmbad brauchen wir, denn

blaß und blasser
Bangt vor dem Lebensmeer die Jugend schon,
Und Deutschlau ds Zukunft liegt ja auf dem Wasser,
Sprach Friedrichs eigner Sohn.

Nennt's Kaiser-Friedrichs-Bad, wir woll'n

ihn preisen

Mit jedem Kopfsprung in das Denkmalsnaß.
Er würde uns wohl „wackre Burschen" heißen:
So dachte i ch mir das! . . .

Man hört verblüfft die ungewohnte Sprache
Und schüttelt Kopf im Denkmalskomitee,

Und formuliert Betroffenheit und Klage
In diese Worte: hm — nu ja, nu nee!

Eff Es»

*

Die Vorgänge in Der fiirsorgeanstalt Meltschin

Auf dem hochwürdigen Pastor Breithaupt, dem
Diener der christlichen Liebe, reitet jetzt alle Welt
herum. Wie unrecht! Breithaupt hatte die ganze
Leitung der Anstalt; bei so selbständigen Stellungen
pflegt man das Interesse des Leiters dadurch zu
wecken, daß man ihm eine Tantieme bewilligt.
Ts war ein großer Fehler, daß man dies hier
unterlassen hat. Warum hat man dem ver-
ehrten Herrn nicht eine Tantieme von 25°/o
der von i hm angeordneten Prügel be-
willigt? Verdient hat er diese Tantieme reichlich!

Max

*

Cin verruchtes I^ubn

Du kennst ihn sicher, das verrückte Huhn!
Ganz anders tut er, wie Normale tun.

Er denkt nicht, handelt nicht im großen Ganzen,
Nur tanzen kann er, tanzen, tanzen, tanzen.

So oft du ihn auch siehst, ist er verliebt.

Wie er dir dieses zu erkennen gibt?

Indem er still sich vor der Welt verschanzt?

O nein! Er zeigt's, indem er Walzer tanzt.
Und wenn ihn seine Liebste nicht erhört,

Irrt er nicht einsam durch die Welt verstört,
Nicht Zähren weint er um die stolze Kleine,
Er streckt den Bauch heraus und wirft die Beine,
Und statt zu klagen „Brich, mein armes Herz."
Tanzt er den Cake-walk, hupfend himmelwärts.
Und winkt ihm endlich die Verlobungskunde,
Gleicht hopst er wie besessen in der Runde,
Selbst da entfährt ihm nicht ein Iubelschrei 'mal:
Er walzert sinnig, einmal, zweimal, dreimal.
Haß, Liebe, Rachsucht, Langeweile, Mopsen,
Verzweiflung — Alles äußert er durch Hopsen.
Der Kerl ist blöd? Nein, nein! Nur ruhig Blut!
Der Mann gefällt ja aller Welt so gut.

Du selber sahst ihn lobend schon, ich wette!
Der Held ist's der modernen Operette.

Rarlchen

Otto Flechtner (München)

„Zalome" in Condon

Bci der Erstaufführung tanzte, wie wir hören, Madame Akts, nachdem das Haupt
des Johannes vom Zensor von der Bühne verbannt worden war, um einen
PIumpudding. Diese zarte nationale Aufmerksamkeit trug viel dazu bei, dem
werke zu einem durchschlagenden Erfolge zu verhelfen.

Oentilejja

Das Wirken des neuen Bundes für Höflich-
keit trägt in Deutschland schon Früchte; die
Sitten werden feiner, die Ausdrücke milder. So
empfing neulich die Firma „Memminaers Buch-
druckerei und Verlagsanstalt" in Würzburg
von einem Herrn aus Ehrenfeld einen Brief,
in dem es hieß: „Wenn ich in Wllrzburg wohnte,
würde ich die Ihnen gebührende Antwort per-
sönlich in deutlichster Weise geben." Die Firma
antwortete, „daß, wenn wir in Ehrenfeld wohnen
würden, wir Ihnen eine in die Fresse schlagen
würden, daß Sie Zeit Ihres Lebens ein An-
denken an uns hätten."

Diese urbanen Wendungen sind nur dem
Einfluß des Bundes für Höflichkeit zu danken,
der die ursprüngliche Fassung beider Briefe mil-
derte. Ursprünglich wollte nämlich der Ehren-
felder schreiben: „Wenn ich in Würzburg wohnte,
würde ich Ihnen persönlich einen Tritt gegen
Ihren Saumagen geben, daß Ihre Gedärme
wie ein Springbrunnen in die Luft gespritzt
würden." Die Antwort sollte ursprünglich lauten:
„Daß wir Dir mit unserer Vorderflosse in Deine
stinkige Freßritze so lange eine kleben würden,
bis Dir Deine faulen Zähne rechts und links
aus Deinen schmierigen Horchlappen heraus-
fliegen."

Der Bund für Höflichkeit wirkt inzwischen
immer weiter. Er hofft durch jahrelange Be-
lehrungen die Korrespondenten noch io weit zu

bringen, daß künftig Brief und Antwort fol-
gendermaßen lauten werden: „Hätte ich das
unverdiente Glück, in dem schönen Würzburg
zu wohnen, so würde ich nicht verfehlen, meinem
Stiefelabsatz den Vorzug einer persönlichen Be-
kanntschaft mit Ihrem geschätzten Unterleib zu
verschaffen." — „Ich würde Eurer Hochwohl-
geboren geschätzte Speiseanstalt so lange mit
meiner biederen Rechten berühren, bis Ihre
geehrte Epidermis sich veranlaßt sieht, an ein-
zelnen Stellen den ihr angeborenen Zusammen-
hang au'zugeben." Erido

*

fabel

Unter den Palmen wandelte einst ein Jüngling.
Und sprach. Und die Sonne stieg am Fimmel
empor. Und er sprach. Und die Sonne ging unter.
Und er sprach. Und der Mond leuchtete. Und
er sprach. Was aber sprach er? Er sprach:
„Ein Augenblick gelebt im Paradies, wird nicht!"
Und er sagte: „Der Uebel größtes aber ist!" Und
ferner: „Wenn sich die Völker selbst befreien, dann
kann!" Oderauch: „wo Alles liebt, kann Aarl!"
— Die Leute deuteten sich mit dem Finger an
die Stirne und frugen: was soll das? Liner
aber aus der Menge, der Doktor Rohrbach, lachte:
„Den kenne ich! Das ist der große, berühmte
Erzberger! Der zitiert immer nur die Hälfte,
wenn's ibm gerade vaßt!" Kar lohen
Register
Karlchen: Ein verrücktes Huhn
Frido: Gentilezza
Eff Ess: Studenten und Denkmalskomitee
Otto Flechtner: "Salome" in London
Karlchen: Fabel
Max: Die Vorgänge in der Fürsorgeanstalt Mieltschin
 
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