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Original und Nachahmung

Begeistert von der kaiserlichen Mitteilung, daß
in Cadinen Zebubullen und deutsche Kühe mit Er-
folg gekreuzt werden, bat Bethmann Hottweg als-
bald beschlossen, in Hohenftnow Kreuzungsversuche
von ostelbischen Stieren mit römischen Füchsen an-
zustellen. Das Resultat läßt aber das Schlimmste
befürchten.

*

Eine Maikabrt

Einen Fall aus Hamburg an der gelben
Elbe hört'ich jüngst — ich sage bloß:

Ad absurdum wurde durch denselben
Jetzt geführt — und zwar ganz grenzenlos! —
Herr Ben Akiba:

Das war noch nicht da
Seit den Tagen König Pharaos!

Dort in Hamburg lebte im Gefängnis
Ein- und sittsam eine Weibsperson;

Sieben Jahre gab ihr das Verhängnis —
Abgesessen waren viere schon!

Da auf einmal — horch! —

Klapperte der Storch

Und die Dame kriegte einen Sohn!

Wenn nun stets auch jedes Lebewesen
Seinen Ursprung aus der Zelle nahm.

Ist man höchlich doch erstaunt gewesen,

Daß ein Kind aus dieser Zelle kam.

Denn, die sein genas.

Schon vier Jahre saß
Diese, ohne jeden Bräutigam!

Nach Professor Kant nun hat auf Erden

Jedes Ding auch seinen Grund gewiß

Und für den, der wünscht, ein Mensch zu werden,

Ist ein Vater Haupterfordernisi

Noch kein Wirbeltier

Ist gewachsen hier

Einfach durch Parthenogenesis!

„Weib! Wie kamen Sie bloß zur Familie?"
Frug man deshalb jene Dame dann.

Doch sie schwur, als unschuldsvolle Lilie
Wisse sie durchaus von keinem Mann.

Auch dem Personal
Vom Arrestlokal

War es schleierhaft, wie? wo? und wann?

Endlich doch gestand sie: vor neun Monden
Zog man sie als Zeugin einst ans Licht
Und da fuhr — mit einem Vagabonden —
Sie im Zeiserlwagen zu Gericht;

Oben auf dem Bock
Hielt in blauem Rock

Ein Gendarm die Wacht, getreu der Pflicht.

Und nun hat sich eben zugetragen.

Was nicht sittsam, aber menschlich war —
Raum ist ja im kleinsten grünen Wagen
Für ein liebendes, gesundes Paar!

Holde Sympathie
Faßte ihn und sie —

Deren Frucht erschien im Februar!

Also kam das Leben in die Zelle
Unterm Schutz der hohen Polizei,

Ganz im Stil Boccaccioscher Novelle —
Schnelligkeit ist keine Hexerei!

Und was Liebe tut.

Schmeckt halt gar so gut

In dem wunderschönen Monat Mai!

P. S. Das Betrübliche an der Geschichte
Kommt nun leider plötzlich hinterdrein:

Wie ich hier berichtigend berichte,

Soll sie nämlich ganz erlogen sein!

Im Gefängnisbau
Kriegte keine Frau

Nur das kleinste Kind — das ist gemein!

Denn der Fall wär' erstens neu bis dato,
Zweitens ist nun fertig mein Poem —

Doch, sei's vero nicht, ist's den trovato
Und wir druckens ab trotz alledem:

Wenns kein Faktum ist,

Meldet's der Chronist

Als ein hochromantisches Problem! Pips

*

Faschingsdunst

Prost — dein Wohl — es lebe die Liebe
— trink aus! — Es ist genug — zu viel —
trinken ist schon ganz schön, aber man muß
doch Herr seiner Sinne bleiben. —

Der Bezirkskommandeur Oberst Engelbrecht
hat dem Verleger des „Hannoverischen Couriers"
Dr. 233. Iänicke, der Reserveoffizier war, dienst-
lich Vorhaltungen gemacht, weil er Maximilian
Harden bei sich ausgenommen hatte. Iänicke
hat unmittelbar nach dieser Unterredung den
Abschied als Offizier genommen.

Und da gibt es Leute, die in ihrer Trunken-
heit so weit gehen, aus diesen einfachen und
schlichten Tatsachen die wahnwitzige Kombination
zu folgern, daß Iänicke wegen der Unter-
redung mit Engelbrecht den Abschied er-
beten habe! Was müssen diese Leute während
des Faschings für Unmengen von Alkohol ver-
zehrt haben, wenn sie in ihrem Delirium solche
Wahnbilder wirklich zu sehen glauben! Von
diesen Bildern bis zu Mäusen, die auf der
Bettdecke herumtanzen, ist nur ein Schritt!

*

Bericlitigimg!

Unter Berufung auf das Preßgesetz erhalten
wir folgende Berichtigung:

1. Es ist unwahr, daß ich mit allen Damen
meines Theaters Liebesverhältnisse hatte; wahr
ist, daß ich mich sämtlichen Garderobieren gegen-
über vollständig korrekt benommen habe.

2. Direkt erlogen ist die Unterstellung, daß
ich meine „komische Alte" vergewaltigt habe,
wahr ist vielmehr, daß mir komischer 233etfe
meine Alte gewaltig aufs Dach gestiegen ist.

3. Erstunken ist die Annahme, daß ich vier-
zehn uneheliche Kinder besitze. Ich besitze gar
nichts. Die Kinder anderer Damen gehen mich
nichts an, wie die Gerichtsverhandlung ergeben
hat. Sonst hätte ich doch Alimente geblecht!
Wie können Sie von vierzehn Kindern reden,
wenn ich die Zahl selbst nicht weiß?!

4. Es ist unwahr, daß ich meinen Schau-
spielerinnen die Gagen willkürlich gekürzt habe.
Wahr ist, daß ich als Entlohnung für meine
vielseitigen und energischen Bemühungen um
die Damen einen entsprechenden Betrag in
Aufrechnung brachte.

Der schöne Hermann aus München
Kleiner Theaterdirektor a. D.

Der leere Erzbischofstnhl Posen-Gnesen wurde
wahrend des Faschings für kurze Zeit durch eine
allen Parteien genehme Person besetzt- Es wurde
sogar ein konfessioneller Frieden konstatiert,
der aber leider nur bis zum Aschermittwoch an-
dauerte.

Der Baron und sein Freund

(Konservativ-nationalliberales Intermezzo)

Sie waren sich früher so gut, so gut.

Der Herr Baron und sein Freund!

Doch bei der letzten Reichstagsredout'

Schlug leider eklich auf Kopp und Schnut
Der Herr Baron den Freund.

Verstanden sich eigentlich längst nicht mehr,
Der Herr Baron und sein Freund;

Nur: daß der Baron so 'n Rauhbein wär',
Das glaubte wahrhaftig nie bisher
Dem Herrn Baron sein Freund.

Vielleicht zerfallen nach dieser Geschicht'
Der Herr Baron und sein Freund
Jetzt endlich für immer! Man weiß es nicht;
's ist eben ein furchtbar schwankender Wicht,
Dem Herrn Baron sein Freund!

Am stärksten ist aber der Jean betrübt,
Daß beim Baron und dem Freund
Es scheinbar nichts mehr zu sammeln gibt
Als Scherben, wenn noch so weiterliebt
Der Herr Baron den Freund ...

A. I>e Nora

„Wir"

Bei der diesjährigen Tagung des Bundes der
Landwirte sagte Dr. Oertel u. ct.: „Man sagt
uns Agrariern nach, wir seien keine Kultur-
menschen. Muß die Kultur immer in der
gefürchteten Angströhre einhergehen? Ein
grüner Hut und feste Stiefeln machen es
auch. Wir wollen eine lebende frische, sich
immer verjüngende Ackerkultur. Wir sind
die Träger der wahren Zukunftskultur."

Das bestreitet ja gar kein Mensch. Auch alle
bisherigen Kulturerrungenschaften verdanken wir
Oertel und Genossen. Oldenburg-Januschau bei-
spielsweise hat Amerika entdeckt, Oertel selbst das
Radium und die Röntgenstrahlen und der Freiherr
von Wangenheim hat uns den Kehlkopfspiegel ge-
schenkt. Nur das Pulver, das hat leider keiner
von ihnen erfunden.

Uebrigens fühlen die Agrarier selbst, daß sie auf
die Dauer allein doch nicht imstande sind, Deutsch-
land mit Kultur zu versorgen. Deshalb wollen sie
zu ihrer Unterstützung, wie der Graf Rantzau-
Restorf im preußischen Landesökonomie-Kollegium
ausführte, chinesische Kulis einführen.

C. Fr.

Zur geil. Beaclitung!

Nummer 11 der „Jugend“ erscheint am 11. März
in glänzender Ausstattung als

Festnummer

zum 90. Geburtstag: dos Prinz-Regenten
^Luitpold von Bayern.

Das Titelblatt bringt ein meisterhaftes, aus dem
Jahre 1889 stammendes Bildnis des Regenten von
Franz von Lenbach. In der Nummer werden Angelo
Jank, Julius Diez, Paul Rieth, F. W. Voigt, E. L.
Hoess, Richard Graf Du Moulin, Fritz v. Ostini,
Arthur Schubart, Georg Hirth u. a. mit Beiträgen
vertreten sein. Vorausbestellungen bitten wir um-
gehend. an uns gelangen zu lassen.

München,

Lessingstrasse 1.

Verlag der „Jugend“
Register
Redaktioneller Beitrag: Redaktionelle Notiz
[nicht signierter Beitrag]: Faschingsdunst
[nicht signierter Beitrag]: Berichtigung!
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Der Baron und sein Freund"
C. Fr.: Wir
Pips: Eine Maifahrt
A. De Nora: Der Baron und sein Freund
Monogrammist Frosch: Original und Nachahmung
Monogrammist Frosch: Erfreuliche Nachricht
 
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