Der landrat
Ein Bilderbuch von A. De Nora und
A. Gchinidha in m e r
(Aus einem neuen, soeben bei L. Staackmann
(Leipzig) erscheinenden Buche „Meine Käfersarnm-
lung" von A. De Nora, in bem A. De Nora ferne
bisher in der „Jugend" veröffentlichten humoristisch-sa-
tirischen Bilderbogen vereinigt mit den Zeichnungen von
A. Schmidhammer, I. Diez, M. Hagen und F.Heubner.)
Auch ein Landrat, (nischt zu machen!)
Kommt zur Welt wie die crapule.
— Leider hat in solchen Sachen
Die Natur kein Taktgefühl.
Ausgenommen diese eine
Unannehmlichkeit, gottlob,
Zeigt er aber weiter keine
Anknüpfung mehr an den Mob,
Sondern wächst empor als volle
Blüte edelster Kultur
Meistens auf der eignen Scholle
In der ländlichen Natur.
Schon als Säugling nahm der stramme
Landrat Schnauz v. Schnauzen st ein
Keine bürgerliche Amme,
Weil ihm dieses zu gemein,
Sondern ließ aus einer leeren
Sektbouteille ganz und gar
Sich mit Stutenmilch ernähren,
Welche das Feudalste war.
Daß er später auch Borusse
und bei der Garde stand,
Eh' er Landrat hieß am Schluffe —
Das versteht sich wohl am Rand.
Und wie sehr er hiezu taugte,
Dieses sah ihm Jedermann
Erstens schon an seiner Schnauze,
Zweitens am Monokel an,
Drittens wird es sich ergeben,
Lieber Leser, klar und rein,
Aus dem Folgenden: Dem Leben
Dieses Schnauz v. Schnauzen st ein.
I.
Dingskirchen hieß die Kreishauptstadt,
Darin man ihn als Landrat hatt'.
Dortselbsten lebt auch frei und froh
Der Bäckermeister Laberst roh;
Doch dieser Schurke wußte nicht,
Daß eines Bäckers höchste Pflicht
Die istz dem Landrat jeden Morgen
Das erste Brötchen zu besorgen,
vielmehr war Haberstroh so keck
Und brachte seinen ersten Weck
8>
Oft irgend einem Bürgerlackl
Statt des Herrn Landrats hohem Dackl.
Lin jeder Andre wär' darob
Empört geworden, wohl auch grob.
Der gute Landrat aber schmiß
Den Kerl nur in das Burgverließ
Und ließ ihn langsam dort bei Brot
Und Wasser hungern, bis er tot.
war unser Schnauz v. Schnauzenstein
Kein Landrat, wie er sollte sein?
II.
In dieser Stadt befand sich
Nun weiß doch wohl ein jedes Kind,
Daß Lehrer einfach gar nichts sind
Und daß ein folchenes Subjekt
Nichts hat zu tun, als den Respekt
vor Höhern zu bezeigen
Durch Kuschen, Fleiß und Schweigen.
Doch dieser Lehrer Wanzich
— Man denk' die Arroganz sich! —
Dem fiel es eines Tages ein,
Den Landrat Schnauz von Schnauzenstein
Nicht auf der Straß' zu grüßen
Mit strammgestandnen Füßen!
verdiente dieser Wanzich
Nicht einfach Fünfundzwanzig?
wie aber schritt dagegen ein
Der schwergekränkte Schnauzenstein?
Er ließ den Schuft nur federn
W'V
/Ti N/. Vi®
Und dann ein bißchen rädern,
Um ihm das Rückenbeugen leicht
Zu machen; Kinder, war vielleicht
Der edle Schnauz v. Schnauzenstein
Kein Landrat, wie er sollte sein?
III.
wozu dient vor allem ein Kriegerverein?
Spalier zu bilden und Hurra zu schrei'n
Und so dem Volke, das rund herum steht,
Zu zeigen Morali- und Autorität.
Gewöhnlich müssen ja diese Knaben
Auch irgend einen Herrn Vorstand haben.
Hiezu wird ihnen am besten, jetzt
wie früher, ein Leutnant vorgesetzt;
Natürlich einer, den als patent
Der Landrat kennt und einfach ernennt.
Nun denke man: Dieser Dingskirchner Krieger-
verein, diese wildgewordenen Viecher,
Erlaubten sich, selbst einen Vorstand zu küren,
Und zwar sogar aus den Reihen der Ihren.
'nen gewöhnlichen Unteroffizier sogar,
Der gar nicht 'mal satisfaktionsfähig war!
Da hört sich doch Allens auf dabei!
Das war ja die offenste Meuterei!!
Nich wahr! Himmelherrgottsakerment,
Die Bande jehörte ja niedergebrennt!
was aber tat in seiner Milde
Der Schnauzenstein mit dieser Sozigilde?
Nischt, als nur daß er den Rädelsführer,
Den p. p. Herrn Unteroffenführer
In vier gleiche Teile zerreißen, und dies
Den „Herrn Kameraden" dann sagen ließ:
Sie könnten jetzt die viertel als
Vorstand wählen!
Natürlich erschien selbst diesen Kameelen
Die Sache dann nicht mehr opportun.
(Fortsetzung u. Schluß auf S. 372b u. 3731)
Ein Bilderbuch von A. De Nora und
A. Gchinidha in m e r
(Aus einem neuen, soeben bei L. Staackmann
(Leipzig) erscheinenden Buche „Meine Käfersarnm-
lung" von A. De Nora, in bem A. De Nora ferne
bisher in der „Jugend" veröffentlichten humoristisch-sa-
tirischen Bilderbogen vereinigt mit den Zeichnungen von
A. Schmidhammer, I. Diez, M. Hagen und F.Heubner.)
Auch ein Landrat, (nischt zu machen!)
Kommt zur Welt wie die crapule.
— Leider hat in solchen Sachen
Die Natur kein Taktgefühl.
Ausgenommen diese eine
Unannehmlichkeit, gottlob,
Zeigt er aber weiter keine
Anknüpfung mehr an den Mob,
Sondern wächst empor als volle
Blüte edelster Kultur
Meistens auf der eignen Scholle
In der ländlichen Natur.
Schon als Säugling nahm der stramme
Landrat Schnauz v. Schnauzen st ein
Keine bürgerliche Amme,
Weil ihm dieses zu gemein,
Sondern ließ aus einer leeren
Sektbouteille ganz und gar
Sich mit Stutenmilch ernähren,
Welche das Feudalste war.
Daß er später auch Borusse
und bei der Garde stand,
Eh' er Landrat hieß am Schluffe —
Das versteht sich wohl am Rand.
Und wie sehr er hiezu taugte,
Dieses sah ihm Jedermann
Erstens schon an seiner Schnauze,
Zweitens am Monokel an,
Drittens wird es sich ergeben,
Lieber Leser, klar und rein,
Aus dem Folgenden: Dem Leben
Dieses Schnauz v. Schnauzen st ein.
I.
Dingskirchen hieß die Kreishauptstadt,
Darin man ihn als Landrat hatt'.
Dortselbsten lebt auch frei und froh
Der Bäckermeister Laberst roh;
Doch dieser Schurke wußte nicht,
Daß eines Bäckers höchste Pflicht
Die istz dem Landrat jeden Morgen
Das erste Brötchen zu besorgen,
vielmehr war Haberstroh so keck
Und brachte seinen ersten Weck
8>
Oft irgend einem Bürgerlackl
Statt des Herrn Landrats hohem Dackl.
Lin jeder Andre wär' darob
Empört geworden, wohl auch grob.
Der gute Landrat aber schmiß
Den Kerl nur in das Burgverließ
Und ließ ihn langsam dort bei Brot
Und Wasser hungern, bis er tot.
war unser Schnauz v. Schnauzenstein
Kein Landrat, wie er sollte sein?
II.
In dieser Stadt befand sich
Nun weiß doch wohl ein jedes Kind,
Daß Lehrer einfach gar nichts sind
Und daß ein folchenes Subjekt
Nichts hat zu tun, als den Respekt
vor Höhern zu bezeigen
Durch Kuschen, Fleiß und Schweigen.
Doch dieser Lehrer Wanzich
— Man denk' die Arroganz sich! —
Dem fiel es eines Tages ein,
Den Landrat Schnauz von Schnauzenstein
Nicht auf der Straß' zu grüßen
Mit strammgestandnen Füßen!
verdiente dieser Wanzich
Nicht einfach Fünfundzwanzig?
wie aber schritt dagegen ein
Der schwergekränkte Schnauzenstein?
Er ließ den Schuft nur federn
W'V
/Ti N/. Vi®
Und dann ein bißchen rädern,
Um ihm das Rückenbeugen leicht
Zu machen; Kinder, war vielleicht
Der edle Schnauz v. Schnauzenstein
Kein Landrat, wie er sollte sein?
III.
wozu dient vor allem ein Kriegerverein?
Spalier zu bilden und Hurra zu schrei'n
Und so dem Volke, das rund herum steht,
Zu zeigen Morali- und Autorität.
Gewöhnlich müssen ja diese Knaben
Auch irgend einen Herrn Vorstand haben.
Hiezu wird ihnen am besten, jetzt
wie früher, ein Leutnant vorgesetzt;
Natürlich einer, den als patent
Der Landrat kennt und einfach ernennt.
Nun denke man: Dieser Dingskirchner Krieger-
verein, diese wildgewordenen Viecher,
Erlaubten sich, selbst einen Vorstand zu küren,
Und zwar sogar aus den Reihen der Ihren.
'nen gewöhnlichen Unteroffizier sogar,
Der gar nicht 'mal satisfaktionsfähig war!
Da hört sich doch Allens auf dabei!
Das war ja die offenste Meuterei!!
Nich wahr! Himmelherrgottsakerment,
Die Bande jehörte ja niedergebrennt!
was aber tat in seiner Milde
Der Schnauzenstein mit dieser Sozigilde?
Nischt, als nur daß er den Rädelsführer,
Den p. p. Herrn Unteroffenführer
In vier gleiche Teile zerreißen, und dies
Den „Herrn Kameraden" dann sagen ließ:
Sie könnten jetzt die viertel als
Vorstand wählen!
Natürlich erschien selbst diesen Kameelen
Die Sache dann nicht mehr opportun.
(Fortsetzung u. Schluß auf S. 372b u. 3731)