Erich Wilke (München)
Merlan g
Manet konnte besser malen, aber Du bist talentvoller!"
salz, fand sich an dem Abend, wo die folgende
Geschichte stattfand, noch der Rheder und Groß-
kaufmann Peter Marquardt aus Cuxhafen ein.
Ihn hatte der Hausherr, fein langjähriger
Freund, eingeladen, sich einige Tage im Land-
hause an der Elbe von den Aufregungen zu
erholen, die dem guten Herrn Peter Marquardt
durch die zwar glückliche, aber schwere Geburt
von Zwillingen verursacht waren. Zudem ge-
dachten sie beide ein größeres Geschäft, das
auf gemeinsame Rechnung ging, gemeinsam in
aller Ruhe auszukalkulieren, dieweil ein rich-
tiger Hanseat immer das Angenehme mit dem
Nützlichen zu verbinden weiß.
Um sechs Uhr führte der regierende Senator
seine Gäste hinab in die Küche, weil er der
löblichen Ansicht war, daß Speisen auch in
ihrem Urzustände vor dem Kochen unendliche
Reize und Lockungen darböten und die Aus-
sicht auf frische und appetitliche Dinge das ein-
fachste und angenehmste Mittel sei, die Eßlust
zu erhöhen.
Für Peter Marquardt, der die neue Küche
des Senators noch nicht gesehen hatte, war der
Anblick wie ein Märchenerlebnis. Alle vier
Wände, Fußboden und Decke bestanden aus
reinem weißen Marmor, der durch ständiges
Abspritzen mit lauwarmen Seifenwasser seine
ursprüngliche jungfräuliche Farbe behielt. Auch
die notwendigen Bretter waren aus schweren
Marmorplatten gefertigt, die auf starken in
die Mauer eingelassenen Sockeln ruhten. An
zwei sich entsprechenden Wänden flössen ein
heißer und ein kalter Bach in Tischhöhe durch
eine Reihe von Marmorbassins, in die jedes
angebrauchte Geschirr sogleich zur Reinigung
geworfen werden konnte. Die beiden anderen
Wände waren mit Zubereitungstischen teils
aus Granit, teils aus Marmor und teils aus
festem Eschenholz ausgerüstet. — In der Mitte
des Raumes befand sich der riesige Herd, der
es erlaubte in jeder Art zu kochen, dämpfen,
70b
Merlan g
Manet konnte besser malen, aber Du bist talentvoller!"
salz, fand sich an dem Abend, wo die folgende
Geschichte stattfand, noch der Rheder und Groß-
kaufmann Peter Marquardt aus Cuxhafen ein.
Ihn hatte der Hausherr, fein langjähriger
Freund, eingeladen, sich einige Tage im Land-
hause an der Elbe von den Aufregungen zu
erholen, die dem guten Herrn Peter Marquardt
durch die zwar glückliche, aber schwere Geburt
von Zwillingen verursacht waren. Zudem ge-
dachten sie beide ein größeres Geschäft, das
auf gemeinsame Rechnung ging, gemeinsam in
aller Ruhe auszukalkulieren, dieweil ein rich-
tiger Hanseat immer das Angenehme mit dem
Nützlichen zu verbinden weiß.
Um sechs Uhr führte der regierende Senator
seine Gäste hinab in die Küche, weil er der
löblichen Ansicht war, daß Speisen auch in
ihrem Urzustände vor dem Kochen unendliche
Reize und Lockungen darböten und die Aus-
sicht auf frische und appetitliche Dinge das ein-
fachste und angenehmste Mittel sei, die Eßlust
zu erhöhen.
Für Peter Marquardt, der die neue Küche
des Senators noch nicht gesehen hatte, war der
Anblick wie ein Märchenerlebnis. Alle vier
Wände, Fußboden und Decke bestanden aus
reinem weißen Marmor, der durch ständiges
Abspritzen mit lauwarmen Seifenwasser seine
ursprüngliche jungfräuliche Farbe behielt. Auch
die notwendigen Bretter waren aus schweren
Marmorplatten gefertigt, die auf starken in
die Mauer eingelassenen Sockeln ruhten. An
zwei sich entsprechenden Wänden flössen ein
heißer und ein kalter Bach in Tischhöhe durch
eine Reihe von Marmorbassins, in die jedes
angebrauchte Geschirr sogleich zur Reinigung
geworfen werden konnte. Die beiden anderen
Wände waren mit Zubereitungstischen teils
aus Granit, teils aus Marmor und teils aus
festem Eschenholz ausgerüstet. — In der Mitte
des Raumes befand sich der riesige Herd, der
es erlaubte in jeder Art zu kochen, dämpfen,
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