Neulich war's — an einem milden Abend,
Feld und Wiesen ftande» goldbetaut.
Als ich, sorglos nach dem Walde trabend,
Nach den Wolken träumerisch geschaut,
Und mir war's, als sähe ich dort oben
Einen Mann in geistlichem Gewand,
Die durchfurchte Stirne stolz erhoben,
Weisen trillernd aus dem Ungarland.
Sieh', schon zogen and're Wolken naher.
Ballten sich zn menschlicher Gestalt,
Und sie machten — so erschien's dem Späher —
Ehrfurchtsvoll vor jenem Fremden halt.
Trug nicht eine Richard Wagners Züge?
Schien nicht Tannhauser die zweite gleich?
War es nicht, als ob die dritte trüge
Schwert und Rüstung aus des Grales Reich?
Und auch Du, o Ahasver des Meeres,
Ragtest schwarz und sinster aus der Schar
llnd — kein Traumbild äffte mich, kein leeres —
Dort schritt Berlioz im weißen Haar.
Ist der Zug noch immer nicht geendet?
Der Barbier naht mit Cornelius,
Und den kecken Mund zum Gruß gewendet
Bildet Hans von Bülows Geist den Schluß,
Träne» sah ich in den Augen schimmern,
Tränen, wie sie nur der Dank gebiert.
Blumen sah ich in den Händen flimmern,
Blumenpracht, mit der man Tempel ziert.
Und wie Worte klang's zu mir hernieder:
„Meister, der Du Ewiges offenbarst,
Dich zu preisen nahen wir uns wieder,
Denen Du einst Freund und Vater warst!
Denen Dn in Deines Ruhmes Blüte
Kämpfend warst ein treuer Kamerad,
Denen Du in Deiner reinen Güte
Ebnen halfst des Künstlers Dornenpfad. .
Weh! Ein Windstoß ließ die Wolken scheiden,
Und zerriß den süßen Zauber schrill,
Und ich sah das schöne Bild entgleiten.
Meines Weges schritt ich leis' und still.
Und auch mir ins Aug' sich Tränen stahlen,
Abendglocken grüßten mich von fern
Und vom wolkenlosen Himmel strahlen
Sah ich hell und mild den Abendstcrn.
Karl ettlinger
Franz Ciszt zum lOOften Geburtstage
Den Mann, für den sich Alle jetzt begeistern,
Wie fei're ich ihn recht und würdig nur?
Ich müßte durch der Leier Saiten meistern,
Wie seine Hände durch die Klaviatur!
Er war ein Künstler fast schon als Bambino,
Musik war seiner Kinderseele Lust
Und, sozusagen, hat er das Pianino
Schon eingesogen mit der Mutterbrust I
Kein Wunderkind, das man dressiert
zum Rummel
Der Virtuosenlaufbahn künstlich hat!
Er spielte das Ik-Moll-Konzert von Hummel
Zehnjährig schon verständnisvoll vom Blatt!
Der Paganini des Klaviers zu werden —
Auf dieses Ziel ging schon der Knabe los;
Doch ach, viel weiter brachte er's auf Erden:
Er ward ein Meister — nicht ein Virtuos I
Was seine Hand der Tasten Reih'n entlockte,
War Schöpfung, nicht nur Reproduktion,
So mächtig, daß der Hörer Herzschlag stockte,
War Lisztens Anschlag und so groß der Ton!
Und was der größte Meister komponierte —
War's schon für Andre eine harte Nuß! —
Ihm war's zu leicht, so daß er's
transskribierte —
So überragend war sein Genius!
Doch das ist nicht das Größte an Franz Liszten,
Daß er die Tasten, wie kein Zweiter, schlug—•
Und schätzt man ihn auch sehr als Komponisten,
Manschätzt auch Andre mit dem gleichen Fug —
In Einem doch — trotzdem er Franziskaner
War und Abbe — da war er ein Titan:
In dem, was Liszt als kühner Wegebahner,
Hat für die Kunst der Anderen getan!
Er war's, der Wagnern, als er arm
und kränklich
Im Jahre Neunundvierzig in Paris
Verzweifelt saß, sofort und unbedenklich,
Den Weg zum Glück und zur
Berühmtheit wies.
Und Wagner — das ist keine Anekdote! —
Sprach selbst einmal: Seht diesen Mann dahier I
Wenn er nicht wäre, kennte keine Note
Vielleicht auch heute noch die Welt von mir!
Doch nahm er sich nicht bloß um
Wagners Ruhm an —
Für Viele trat er gleich energisch ein,
Für Berlioz, für Schubert und für Schumann,
Wie für Cornelius und Rubinstein.
Er spielte für ein Denkmal für Beethoven,
Er spielte Blllow, Raff und Robert Franz —
Ach, viel zu knapp sind diese kargen Strophen,
Die Alle aufzuzählen, voll und ganz!
Schwerkrank schon, sah sich in Bayreuth
den Tristan,
Als man ihn dort zum ersten Male gab,
Im Juli Sechsundachtzig Vater Liszt an
Und wen'ge Tage drauf sank er ins Grab —
Sein Leben war der Kunst geweiht,
der hehren,
Von Kindesbeinen bis zum letzten Hauch,
Und wenn wir ihre besten Jünger ehren,
So ziemt ein Lorbeer, ewiggrün, ihm auch!
Biedermeier mit e—i
II4S
Feld und Wiesen ftande» goldbetaut.
Als ich, sorglos nach dem Walde trabend,
Nach den Wolken träumerisch geschaut,
Und mir war's, als sähe ich dort oben
Einen Mann in geistlichem Gewand,
Die durchfurchte Stirne stolz erhoben,
Weisen trillernd aus dem Ungarland.
Sieh', schon zogen and're Wolken naher.
Ballten sich zn menschlicher Gestalt,
Und sie machten — so erschien's dem Späher —
Ehrfurchtsvoll vor jenem Fremden halt.
Trug nicht eine Richard Wagners Züge?
Schien nicht Tannhauser die zweite gleich?
War es nicht, als ob die dritte trüge
Schwert und Rüstung aus des Grales Reich?
Und auch Du, o Ahasver des Meeres,
Ragtest schwarz und sinster aus der Schar
llnd — kein Traumbild äffte mich, kein leeres —
Dort schritt Berlioz im weißen Haar.
Ist der Zug noch immer nicht geendet?
Der Barbier naht mit Cornelius,
Und den kecken Mund zum Gruß gewendet
Bildet Hans von Bülows Geist den Schluß,
Träne» sah ich in den Augen schimmern,
Tränen, wie sie nur der Dank gebiert.
Blumen sah ich in den Händen flimmern,
Blumenpracht, mit der man Tempel ziert.
Und wie Worte klang's zu mir hernieder:
„Meister, der Du Ewiges offenbarst,
Dich zu preisen nahen wir uns wieder,
Denen Du einst Freund und Vater warst!
Denen Dn in Deines Ruhmes Blüte
Kämpfend warst ein treuer Kamerad,
Denen Du in Deiner reinen Güte
Ebnen halfst des Künstlers Dornenpfad. .
Weh! Ein Windstoß ließ die Wolken scheiden,
Und zerriß den süßen Zauber schrill,
Und ich sah das schöne Bild entgleiten.
Meines Weges schritt ich leis' und still.
Und auch mir ins Aug' sich Tränen stahlen,
Abendglocken grüßten mich von fern
Und vom wolkenlosen Himmel strahlen
Sah ich hell und mild den Abendstcrn.
Karl ettlinger
Franz Ciszt zum lOOften Geburtstage
Den Mann, für den sich Alle jetzt begeistern,
Wie fei're ich ihn recht und würdig nur?
Ich müßte durch der Leier Saiten meistern,
Wie seine Hände durch die Klaviatur!
Er war ein Künstler fast schon als Bambino,
Musik war seiner Kinderseele Lust
Und, sozusagen, hat er das Pianino
Schon eingesogen mit der Mutterbrust I
Kein Wunderkind, das man dressiert
zum Rummel
Der Virtuosenlaufbahn künstlich hat!
Er spielte das Ik-Moll-Konzert von Hummel
Zehnjährig schon verständnisvoll vom Blatt!
Der Paganini des Klaviers zu werden —
Auf dieses Ziel ging schon der Knabe los;
Doch ach, viel weiter brachte er's auf Erden:
Er ward ein Meister — nicht ein Virtuos I
Was seine Hand der Tasten Reih'n entlockte,
War Schöpfung, nicht nur Reproduktion,
So mächtig, daß der Hörer Herzschlag stockte,
War Lisztens Anschlag und so groß der Ton!
Und was der größte Meister komponierte —
War's schon für Andre eine harte Nuß! —
Ihm war's zu leicht, so daß er's
transskribierte —
So überragend war sein Genius!
Doch das ist nicht das Größte an Franz Liszten,
Daß er die Tasten, wie kein Zweiter, schlug—•
Und schätzt man ihn auch sehr als Komponisten,
Manschätzt auch Andre mit dem gleichen Fug —
In Einem doch — trotzdem er Franziskaner
War und Abbe — da war er ein Titan:
In dem, was Liszt als kühner Wegebahner,
Hat für die Kunst der Anderen getan!
Er war's, der Wagnern, als er arm
und kränklich
Im Jahre Neunundvierzig in Paris
Verzweifelt saß, sofort und unbedenklich,
Den Weg zum Glück und zur
Berühmtheit wies.
Und Wagner — das ist keine Anekdote! —
Sprach selbst einmal: Seht diesen Mann dahier I
Wenn er nicht wäre, kennte keine Note
Vielleicht auch heute noch die Welt von mir!
Doch nahm er sich nicht bloß um
Wagners Ruhm an —
Für Viele trat er gleich energisch ein,
Für Berlioz, für Schubert und für Schumann,
Wie für Cornelius und Rubinstein.
Er spielte für ein Denkmal für Beethoven,
Er spielte Blllow, Raff und Robert Franz —
Ach, viel zu knapp sind diese kargen Strophen,
Die Alle aufzuzählen, voll und ganz!
Schwerkrank schon, sah sich in Bayreuth
den Tristan,
Als man ihn dort zum ersten Male gab,
Im Juli Sechsundachtzig Vater Liszt an
Und wen'ge Tage drauf sank er ins Grab —
Sein Leben war der Kunst geweiht,
der hehren,
Von Kindesbeinen bis zum letzten Hauch,
Und wenn wir ihre besten Jünger ehren,
So ziemt ein Lorbeer, ewiggrün, ihm auch!
Biedermeier mit e—i
II4S