Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 16.1911, Band 2 (Nr. 27-52)

DOI Heft:
Nr. 45
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4279#0526
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1911

Nr. 45

Mitten in Privatbriefen spukte eine verrückt
gewordene Makkaroni, ein &, anstelle des frll-
Heren ehrlichen „und". Und sogar ihre Gefühle
furzten sie ab. Ich las auf hundert Ansichts-
karten nie etwas anderes als ein „Herzl. Gruß",
e»ien „Lb. Freund".

Tausend Grüße sandten sie mit arabischen
Ziffern: 1000 wie eine Faktura. Es sollte mich
'acht wundern, wenn sie demnächst auch ihre
Achtung voreinander im Interesse der Zeiterspar-
aw mit ung schrieben.

Einmal in meiner Abwesenheit siel die Vi-
Nienkarte meines Schneiders in den Briefkasten.
Domeniko Hintermaicr stand darauf, und rechts
a> der Ecke, handgeschrieben p. p. c.

Nun sing der auch schon an. Die drei Buch-
I'aben verfolgten mich.

Ich probierte: per Paket Litol

peinliche Porto Lerwürfnisse. (Wie, das
gfage nicht? — Ich bitte Sie, als ob Schneider
aicht auch mal orthographische Schnitzer machen.)
"Oki einiger Geduld konnte man's zu achthundert-
"wrunddreißig verschiedenen Kombinationen brin-
^u. Als ich resultatlos bei der achthundertdrei-
»nddreißigsten angelangt war, schrieb ich an
seinen Schneider: „Herr! Ich bezahle meine
Rechnung nicht eher, bis Sie mir sagen: was
heißt Pepece?"

Auf einer Ansichtskarte aus Norderney, mei-
nes Schneiders Sommerferienort, kam die Ant-
worts: „Aber Herr Bäcker, ,?ubr prangder
eonscbs- heißt das doch."

Toilettengcheimniffc hing

„Herr Pochlowdiy, geben Sic auch io viel für
Wäsche aus?"

„Ach ja, erst gestern mutzte ich mir Mieder einen
neuen Radiergummi kaufen!"

Nun war die Abkürzungskrankheit auch schon
die Ehe mit der Fremdwörterei eingegangen.

Als ich näher zusah, fand ich die Nagetätig-
keit des modernen Abkürzungsbazillus überall:

Abkürzung der Verlobungszeit, der Arbeitszeit,
der Höflichkeit, der Gemütlichkeit.. .

Es war gräßlich. Ich flüchtete mich ins
bayrische Gebirge. Da droben, tausend Meter
über dem Meere, konnte der Abkürzungsbazillus
doch Gott sei Dank noch nicht hingedrungen sein.

Aber als ich am Morgen in meinem Bauern-
wirtshaus erwachte, stand mit Kreide an der Tür:
19 + C + M + B + 11

Zuerst hielt ich's für eine Gleichung ersten
Grades mit drei Unbekannten und fing zu
rechnen an — im Hemd, mit Bleistift und Notiz-
buch —, da schoß es mir plötzlich durch den
Kopf: das waren ja die heiligen drei Könige,
Kaspar, Melchior und Balthasar... da soll
doch gleich ein Donnerwetter —

Und ich beschloß von jetzt ab nur mehr in
Initialen zu reden und zu schreiben. Dies soll
mein letzter Aufsatz in der antiquierten Aus-
schreibweise sein. Von morgen ab, Herr Re-
dakteur, werde ich Ihnen Briefe wie den folgen-
den schicken;

„Es—ge—ha—er,

I—be—es—u—ge—ü—e—vau—vau—ha—em."

Ich setze unsre alte Großmutterschreibweise
zum Vergleiche hinterher. Sehen Sie selbst,
wie unvergleichlich kürzer die moderne Schreib-
weise ist:

„Sehr geehrter Herr Redakteur,

Ich bitte Sie um gefällige Ueberweisung
eines Vorschusses von hundert Mark."

Fritz Müller (Zürich)


Rassig

muß Geschmeide sein, wenngleich sein Preis wohl-
feil ist. Es muß hochwertig sein durch mustergültige,
streng stilgerechte und kunstvolle Ausführung, wie durch
aparte Muster, deren Farbenpracht und Formenschön-
heit sich zu idealer Harmonie vereinen: solche Kostbar-
barkeiten stellen wir in allerfeinster Auslese zur Schau.
Unsere bürgerlichen, alltäglichen Preise für Ar-
beiten erstklassiger Fabrikanten, unsere Erfahrung in der
Branche, unsere großen anderen Hilfsmittel und bedeu-
tenden Verbindungen bieten jede denkbare Garantie für den
verwöhntesten Käufer. Langfristige Amortisation
gestattet zu Preisen wie für Barzahlung.

Bei Angabe des Artikels an ernste Reflektanten kostenfrei Kataloge:

U 65: Silber-, Gold- und Brillantschmuck, Glashütter und
Schweizer Taschenuhren, Grossuhren, echte und silber-
plattierte Tafelgeräte, echte und versilberte Bestecke.
K 65: Lederwaren, Plattenkoffer, Necessaires, Reiseartikel,
echte Bronzen, Marmorskulpturen, Terrakotten und
Fayencen, kunstgewerbliche Gegenstände in Kupfer,.
Messing und Eisen, Nickel- und Zinngeräte, Thermos-
gefässe, Tafelporzellan, Krystallglas, Steinzeug, Korb-
möbel, Ledersitzmöbel.

S 65: Beleuchtungskörper für jede Lichtquelle.

P 65: Photographische und Optische Waren: Kameras, Ver-
grösserungs- und Projektions - Apparate, Kinemato-
graphen, Operngläser, Feldstecher, Prismengläser usw.
L 65: Lehrmittel und Spielwaren aller Art, für Knaben und Mädchen.
F 65: Teppiche, deutsche und echte Perser.

Gegen Barzahlung, oder erleichterte Zahlung.

STOCKIG & CO.

Dresden - A. 10 (für Deutschland)

V»_ _

Hoflieferanten

Bodenbacb 1 1. B. (für Oesterreich).


Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die illüncliner ,,JUGE\I>“ Bezu^ zu nehmen.

1204 a
Register
Henry Bing: Toilettengeheimnisse
 
Annotationen