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Lulfpold

f 12. XII. 7 2.

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Zroei Große haben fein Leben
Erfüllt und ihm eine SPur
Ihrer eigenen Größe gegeben -
Kunft und Natur —

Die heitere und die harte,

Ernfte und zarte.

Darum lag

Seines Wefens Schimmer

Lieber dem Lande immer

Wie ein ftiller, milder, förmiger Wintertag.

„Jugend"

Ms dem lyrifcßen

Tagebuch des Leutnants v. dertewitz:

^ötzendorfs Wiederkehr

Lange mich nichts so brennend jefreut
Wie dieses Wiederkommen!

Eidlich mal Schneid und Entschiedenheit —
Alp mir von Brust jenommen.

Hatten es einjefädelt so schön,

Riesig schlau vorbereitet,

Hofften, daß Dreibund in Luft sollte sehn —
Spaß ihnen jründlich verleidet!

Österreichs Vorjehn höchst ä propos!

Macht ein Ende den Faxen. . .

Zeigt sich nun Deutschland jeradeso:
Sind wir der Welt jewachsen!

*

Bdeine Blamagen

_ Graf Albert Apponyi führt gegen die öster-
reichisch-ungarischen Militärvorlagen einen Feld-
zug, gegen dessen Grausamkeit der Balkanfeldzug
ein Kinderspiel ist. Er behauptet, durch diese Ge-
setze „sei der Schutz des Individuums und der
Nation jederzeit der Gewalt der Regierung aus-
geliefert." „Gegen den Stamm der nationalen
Freiheit" führe man „einen Axthieb." Er spricht

von „Vernichtung unserer Verfassung" und „Ge-
fährdung unserer nationalen Existenz." Schließ-
lich verdächtigt er die Mitglieder des Herrscherhau-
ses, die der Verpflichtungen für die Kriegsleistungen
enthoben sind, „daß sie zur Zeit der Znanspruch-
nahme des allgemeinen Kräfteaufwandes sich diesen
Verpflichtungen entziehen wollen." — Fetzt stellt
sich heraus, daß ganz dasselbe Gesetz schon am
23. März 1909 von dem Ministerrat einstimmig
genehmigt worden sei, zu dem der damalige Mi-
nister Appomsi gehörte. Apponyi entschuldigt sich
nun folgendermaßen: „Mein Gedächtnis ist der
menschlichen Unzulänglichkeit zuin Opfer gefallen,
eine kleine Blamage für ineine Person, die ich
absolut nicht tragisch nehme."

Auch der kürzlich in Winnipeg gefaßte Defrau-
dant Brüning erklärte über seine Unterschlagung:
„Meine Finger sind der menschlichen Unzuläng-
lichkeit zuni Opfer gefallen, ein kleiner Fehlgriff
für meine Person, den ich absolut nicht tragisch
nehme." Leider ist es sehr zweifelhaft, ob diese
großzügige Auffassung durchdringen wird, es be-
steht die Gefahr, daß Brünings Richter ihn tra-
gisch nehmen werden. Sie sind ja so weltfremd!

Frido

Christbaumschmuck bei Snobs

„Ach, laß doch den Engel von der Spitze!
So was Altmodisches. Lieber ein Flugzeugmodell
steck hinauf!"

162;

An das preußische Abgeordnetenhaus

Erfchröcklich war für den zivilen Bürger,

O hohes Häuschen, deine Wut, dein Schmerz!
Tyrannisch warst du! Ein Ministerwürger!

Bor Schrecken siel ins Beinkleid mir das Herz!

„Her die Minister!" schrie dein wildes Mundstück,
Das der Kanone off'nem Schlunde glich —

Und alles dies von wegen jenem Grundstück,

O hohes Haus, das wo dir nachbarlich!

Zerschmettert von solch reckenhafter Haltung
Rief ich, ins Mauseloch verkriechend, aus:
Wann zeigst du einmal solche Kraftentfaltung
Bei einer Wahlvorlage, hohes Haus?

Karlclicn

Cotiauft

Die „Kölnische Volkszeitung" entwirft eine
rührende Schilderung von der brausenden Be-
geisterung, mit der der Fesuitenpater Eohauß in
Freiburg von einer tausendköpsigen Menge nach
dem Bahnhof begleitet und in den Zug gehoben
worden sei.

Die Schilderung der „Kölnischen Bolkszeitung"
ist unvollständig. Als der Zug mit dem ?. Eohauß
sich in Bewegung gesetzt hatte, warfen sich 20000
begeisterte Anhänger vor ihm auf die Schienen,
um unter seinen Rädern ihr Leben zu lassen.
Aber nur der Hälfte von ihnen gelang dieses
Vorhaben, da die Lokomotive, die sich durch den
Leichenwall nicht mehr durcharbeiten konnte, stehen
blieb. Darauf spannten die übriggebliebenen
10000 Anhänger dem gerührten Pater die Loko-
motive aus. Als Dank erbat sich das begeisterte
Volk des Paters Taschentuch, in das dieser Rache
geschnaubt hatte; es wird im Feldzuge gegen
Bethmann Hollweg den Frommen als Standarte
voranflattern. i’rido
Register
Monogrammist Frosch: Rahmenzeichnung
Redaktioneller Beitrag: Luitpold
Leutnant v. Versewitz: Aus dem lyrischen Tagebuch des Leutnants von Versewitz: Hötzendorfs
Frido: Kleine Blamagen
[nicht signierter Beitrag]: Christbaumschmuck bei Snobs
Karlchen: An das preußische Abgeordnetenhaus
Frido: Cohauß
 
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