Wie ein Dackl auf einen Fuchs
Anpackt im Rohr.
Der alte Fuchs, der Napolium,
Wehrte sich, wand sich, biß herum —
Aber er ließ ihm keine Ruh,
Der Hund, — faßte ihn immerzu
Wieder beim Ohr.
„Druff! und vorwärts! Irgendwo
Rraus muß er doch!" —
Sprach der Blücher und ließ nicht luck!
Da auf einmal ein Riß — ein Ruck —
— Beinah mär’ er gekommen aus —
Steckte der Fuchs die Schnauze heraus
Beim Waterloch!
Stand aber der Wellingt'n schon,
Im Anschlag die Büchs' —
Bumm! und Bumm! Und der
Blücher nach!
Und im Feuer zusammenbrach
Der Gänswürger, der Länderdieb . . .
— Ja, Kinners, bat war ’n Trieb!
So fängt man Füchf'!
Beil) im Moos
Jtn Spielhahnschirm sitz ich nach langem wieder,
Des Nooses schwarze Ritter zu erwarten ...
Lautloses Schweigen herrscht im nächtigen Rund,
Doch dieses Schweigen schreckt und lauert nicht,
Cs ist die froh-geheimnisvolle Stille,
Zn der ein werdend Münder sich verschleiert...
Voll Andacht lausch' ich in den dunklen Frieden..
Da horch ein Stimmchen, schlnmmertrunken,
noch...
Die erste Lerche..!
Jetzt wird ein Kiebitz, dann rin Rebhuhn laut,
Des Kuckucks ferner Ruf mischt sich dazwischen,
Aioosgrillen klagen, eine Dommel tutet...
Da jetzt.. tschuchui.. ein Hahnl ..
jetzt wieder einer.
Noch unsichtbar.. tschuchui..
tschuchui.. sch.. schhh..
Durchs Guckloch lug ich lang ins Grau hinaus,
Neun Hähne zähl ich im bereiften Ried,
Die schwarz und regungslos durchs
Zwielicht sichern..
Da raufcht's heran, fällt ein zu meiner Linken..
Jetzt hör ich auch zur Rechten
Schwingeuschwirren...
Fünf neue Kämpen stnd's, und nun entbrennt
Der Sängerwettstreit wie ein Herenreigen .,.
Hier fordern zwei sich zum Turnier heraus
Mit heis'rem Zischen .. dort ist schon im Gang
Ein schneidiger Tjost .. ein wenig abseits tanzt
Ein alter Troubadour mit dumpfem Grugeln..
Da lauern Aug' in Aug' zwei junge Ritter,
Burger-Mühlfeld
Ob sich der Gegner keine Vlöfze gebe..
Jetzt prallen sie zusammen, jetzt zurück,
Jetzt schwingenschlagend wieder aufeinander..
Dazwischen klingt der Hennen schmachtend
Docken,
Die Kämpfenden zu höchster Glut entflammend..
Tschuchui. . miau .. krokatakar .. tschuchui..
Tin wirres Grugeln, Drehen, Schaukeln,
Fauchen..
Nicht mehr Turnier, verrückter Derwischtanz
Umtobt mich jetzt.. Da grollt der Tod sein Haiti!
Der alte Troubadour hat ansgebalzt
Und rötet das bereifte Feld der Ehre ..
Die andern schweigen eine kurze Weile,
Dann hebt aufs neue an der tolle Tanz,
Obwohl der Tod droht...
ganz wie bei uns Menschen ...
Hrtbur Scbubart
De$ Wllgen Sprung von der Brücke
Bon Rudi Zimmcrmann
Der Heilige hatte schon lange Jahrzehnte auf
der alten Brücke gestanden, die sich in vielen
Bogen über den Fluß spannte, und man sah es
ihm an, daß schon mancher Sturm und mancher
harte Platzregen über sein geschorenes Haupt hin-
gefahren waren. Damals, als die Leute aus der
alten Stadt ihm hier oben feinen Standort gaben,
hatten sie ihm ein schönes, steinernes Priester-
gewand angetan, und in feine schmalen Hände
ein aufgeschlagenes Gebetbuch gelegt, darin er
fleißig lesen sollte, damit ihm die Zeit nicht
lang würde.
Hussah, Blücher!
Altes Soldatenlied von fl. De Dora
Der Vater Blücher, das war ein Kerl,
Wie ein Stehaufrnann!
Wenn er heute geschlagen war,
Morgen mit einer neuen Schar
Stand er wiederum auf dem Plan
Und packte an.
"—-
Das Gewand war nun schon längst unschein-
bar geworden und verwittert, und was in dem
Brevier stand, das mußte der Heilige lange schon
auswendig.
So fand er es denn unterhaltender, feine
Augen wandern zu lassen über das Buch hinweg
und über das breite Steingeländer der Brücke,
und meist waren sie auf den hohen Dom gerichtet,
der jenseits des Flusses mit vielen Türmen gen
Himmel ragte und gar trutzig und ein wenig
selbstbewußt die ganze Breite des Kalkfelsens ein-
nahm, der ihm als Fundament diente und steil
aus dem Fluß emporstieg.
Zu Füßen des Doms, gar bedenklich nahe
dem Absturz des Felsens lag ein kleiner Garten
für die Leute der Stadt, die sich hier nach den
mannichfachen Geschäften ihres Lebens für immer
ausruhen wollten. Und nran mußte sagen, daß
sie sich einen guten Platz ausgesucht hatten.
Bon unten aus dem Tal rauschte ihnen der
Fluß manch beruhigliches Schlummerlied, auf der
kleinen Insel aber, um die er seine grünen Arme
gelegt hatte, wie um den Hals eines feinen Mäd-
chens, schlugen im Frühling die Nachtigallen
schluchzend und süß, sodaß manches stille Herz
wiederum in Erdenheimweh erbebte, zurückzu-
kehren in das bunte Leben, das doch so schmerz-
lich und nur mit seltner Freude sie alle in seinem
Bann gehalten hatte.
Aber daun riefen wohl auch wieder die schwar-
zen Dohlen, die in den Türmen des Domes nisteten
und im Abenddümmerlicht in wundervollem Schwe-
ben ihre Kreise zogen, ein krächzendes „Grab —
Grab" dazwischen, als wollten sie sagen, daß
doch das Grab das Beste sei, was das Menscheu-
herz nach einem mühevollen Leben erringen könne,
und so blieben sie denn doch ruhig liegen in dem
kleinen Friedhof, die einmal dort gelandet waren.
Damit der aber nicht eines Tages mit allen
seinen Gästen hinabglitte in den Fluß, hatte man
ihm eine feste, steile Mauer untergebaut, und die
trug ihn in dem gewichtigen Gefühl einer großen
Verantwortlichkeit, das sie freilich nicht hinderte,
sich mit mancherlei lustigem Grün und buntem
Löwenmaul und leuchtend gelbem Goldlack zu
schmücken, sobald im Frühling die milden West-
winde kamen. und die Sonne früher als sonst
den Gockelhahn auf dem größten der sieben Türme
vergoldete.
Das alles sah der Heilige und er hielt oft
stumme Zwiesprach mit den Dingen, die ihn von
fern grüßten und die alle ihr eigenes, stilles Leben
hatten, wenn auch die Menschen nichts davon
merkten, da sie zu sehr gewohnt sind, die ver-
meintlich toten Dinge nur von der Außenseite
anzusehen.
Wenn aber in den Gassen der Stadt das
laute Leben schlafen gegangen war und wohl gar
der Mond nüt seinem Silber freigebig die alten
Giebel und Dächer überglänzte und versunkene
Schätze im Fluß aufleuchten ließ, dann geschah's
zuweilen, daß in des Heiligen verwittertem Ge-
sicht, das gleichwohl noch starke Spuren einer
milden Schönheit ahnen ließ, ein seltsames Leben
sich regte und eine große Sehnsucht in den
steinernen Augen aufglomm, als suche sie einen
Ort, wo sie gestillt werden könne, eines leben-
digen Menschen Herz, das sie ganz begriffe.
Ob wohl diese Sehnsucht der späte Abglanz
eines starken, tiefen Erlebens war, das vor
langer Zeit, als der Heilige noch unter den Le-
benden wandelte, des frommen Mannes Herz
durchbebt haben mochte? Vielleicht, daß damit
auch die traurige Inschrift zusammenhing, die in
den festen Sockel eingegraben war, der dem
446
Anpackt im Rohr.
Der alte Fuchs, der Napolium,
Wehrte sich, wand sich, biß herum —
Aber er ließ ihm keine Ruh,
Der Hund, — faßte ihn immerzu
Wieder beim Ohr.
„Druff! und vorwärts! Irgendwo
Rraus muß er doch!" —
Sprach der Blücher und ließ nicht luck!
Da auf einmal ein Riß — ein Ruck —
— Beinah mär’ er gekommen aus —
Steckte der Fuchs die Schnauze heraus
Beim Waterloch!
Stand aber der Wellingt'n schon,
Im Anschlag die Büchs' —
Bumm! und Bumm! Und der
Blücher nach!
Und im Feuer zusammenbrach
Der Gänswürger, der Länderdieb . . .
— Ja, Kinners, bat war ’n Trieb!
So fängt man Füchf'!
Beil) im Moos
Jtn Spielhahnschirm sitz ich nach langem wieder,
Des Nooses schwarze Ritter zu erwarten ...
Lautloses Schweigen herrscht im nächtigen Rund,
Doch dieses Schweigen schreckt und lauert nicht,
Cs ist die froh-geheimnisvolle Stille,
Zn der ein werdend Münder sich verschleiert...
Voll Andacht lausch' ich in den dunklen Frieden..
Da horch ein Stimmchen, schlnmmertrunken,
noch...
Die erste Lerche..!
Jetzt wird ein Kiebitz, dann rin Rebhuhn laut,
Des Kuckucks ferner Ruf mischt sich dazwischen,
Aioosgrillen klagen, eine Dommel tutet...
Da jetzt.. tschuchui.. ein Hahnl ..
jetzt wieder einer.
Noch unsichtbar.. tschuchui..
tschuchui.. sch.. schhh..
Durchs Guckloch lug ich lang ins Grau hinaus,
Neun Hähne zähl ich im bereiften Ried,
Die schwarz und regungslos durchs
Zwielicht sichern..
Da raufcht's heran, fällt ein zu meiner Linken..
Jetzt hör ich auch zur Rechten
Schwingeuschwirren...
Fünf neue Kämpen stnd's, und nun entbrennt
Der Sängerwettstreit wie ein Herenreigen .,.
Hier fordern zwei sich zum Turnier heraus
Mit heis'rem Zischen .. dort ist schon im Gang
Ein schneidiger Tjost .. ein wenig abseits tanzt
Ein alter Troubadour mit dumpfem Grugeln..
Da lauern Aug' in Aug' zwei junge Ritter,
Burger-Mühlfeld
Ob sich der Gegner keine Vlöfze gebe..
Jetzt prallen sie zusammen, jetzt zurück,
Jetzt schwingenschlagend wieder aufeinander..
Dazwischen klingt der Hennen schmachtend
Docken,
Die Kämpfenden zu höchster Glut entflammend..
Tschuchui. . miau .. krokatakar .. tschuchui..
Tin wirres Grugeln, Drehen, Schaukeln,
Fauchen..
Nicht mehr Turnier, verrückter Derwischtanz
Umtobt mich jetzt.. Da grollt der Tod sein Haiti!
Der alte Troubadour hat ansgebalzt
Und rötet das bereifte Feld der Ehre ..
Die andern schweigen eine kurze Weile,
Dann hebt aufs neue an der tolle Tanz,
Obwohl der Tod droht...
ganz wie bei uns Menschen ...
Hrtbur Scbubart
De$ Wllgen Sprung von der Brücke
Bon Rudi Zimmcrmann
Der Heilige hatte schon lange Jahrzehnte auf
der alten Brücke gestanden, die sich in vielen
Bogen über den Fluß spannte, und man sah es
ihm an, daß schon mancher Sturm und mancher
harte Platzregen über sein geschorenes Haupt hin-
gefahren waren. Damals, als die Leute aus der
alten Stadt ihm hier oben feinen Standort gaben,
hatten sie ihm ein schönes, steinernes Priester-
gewand angetan, und in feine schmalen Hände
ein aufgeschlagenes Gebetbuch gelegt, darin er
fleißig lesen sollte, damit ihm die Zeit nicht
lang würde.
Hussah, Blücher!
Altes Soldatenlied von fl. De Dora
Der Vater Blücher, das war ein Kerl,
Wie ein Stehaufrnann!
Wenn er heute geschlagen war,
Morgen mit einer neuen Schar
Stand er wiederum auf dem Plan
Und packte an.
"—-
Das Gewand war nun schon längst unschein-
bar geworden und verwittert, und was in dem
Brevier stand, das mußte der Heilige lange schon
auswendig.
So fand er es denn unterhaltender, feine
Augen wandern zu lassen über das Buch hinweg
und über das breite Steingeländer der Brücke,
und meist waren sie auf den hohen Dom gerichtet,
der jenseits des Flusses mit vielen Türmen gen
Himmel ragte und gar trutzig und ein wenig
selbstbewußt die ganze Breite des Kalkfelsens ein-
nahm, der ihm als Fundament diente und steil
aus dem Fluß emporstieg.
Zu Füßen des Doms, gar bedenklich nahe
dem Absturz des Felsens lag ein kleiner Garten
für die Leute der Stadt, die sich hier nach den
mannichfachen Geschäften ihres Lebens für immer
ausruhen wollten. Und nran mußte sagen, daß
sie sich einen guten Platz ausgesucht hatten.
Bon unten aus dem Tal rauschte ihnen der
Fluß manch beruhigliches Schlummerlied, auf der
kleinen Insel aber, um die er seine grünen Arme
gelegt hatte, wie um den Hals eines feinen Mäd-
chens, schlugen im Frühling die Nachtigallen
schluchzend und süß, sodaß manches stille Herz
wiederum in Erdenheimweh erbebte, zurückzu-
kehren in das bunte Leben, das doch so schmerz-
lich und nur mit seltner Freude sie alle in seinem
Bann gehalten hatte.
Aber daun riefen wohl auch wieder die schwar-
zen Dohlen, die in den Türmen des Domes nisteten
und im Abenddümmerlicht in wundervollem Schwe-
ben ihre Kreise zogen, ein krächzendes „Grab —
Grab" dazwischen, als wollten sie sagen, daß
doch das Grab das Beste sei, was das Menscheu-
herz nach einem mühevollen Leben erringen könne,
und so blieben sie denn doch ruhig liegen in dem
kleinen Friedhof, die einmal dort gelandet waren.
Damit der aber nicht eines Tages mit allen
seinen Gästen hinabglitte in den Fluß, hatte man
ihm eine feste, steile Mauer untergebaut, und die
trug ihn in dem gewichtigen Gefühl einer großen
Verantwortlichkeit, das sie freilich nicht hinderte,
sich mit mancherlei lustigem Grün und buntem
Löwenmaul und leuchtend gelbem Goldlack zu
schmücken, sobald im Frühling die milden West-
winde kamen. und die Sonne früher als sonst
den Gockelhahn auf dem größten der sieben Türme
vergoldete.
Das alles sah der Heilige und er hielt oft
stumme Zwiesprach mit den Dingen, die ihn von
fern grüßten und die alle ihr eigenes, stilles Leben
hatten, wenn auch die Menschen nichts davon
merkten, da sie zu sehr gewohnt sind, die ver-
meintlich toten Dinge nur von der Außenseite
anzusehen.
Wenn aber in den Gassen der Stadt das
laute Leben schlafen gegangen war und wohl gar
der Mond nüt seinem Silber freigebig die alten
Giebel und Dächer überglänzte und versunkene
Schätze im Fluß aufleuchten ließ, dann geschah's
zuweilen, daß in des Heiligen verwittertem Ge-
sicht, das gleichwohl noch starke Spuren einer
milden Schönheit ahnen ließ, ein seltsames Leben
sich regte und eine große Sehnsucht in den
steinernen Augen aufglomm, als suche sie einen
Ort, wo sie gestillt werden könne, eines leben-
digen Menschen Herz, das sie ganz begriffe.
Ob wohl diese Sehnsucht der späte Abglanz
eines starken, tiefen Erlebens war, das vor
langer Zeit, als der Heilige noch unter den Le-
benden wandelte, des frommen Mannes Herz
durchbebt haben mochte? Vielleicht, daß damit
auch die traurige Inschrift zusammenhing, die in
den festen Sockel eingegraben war, der dem
446