Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i£in paar Sprüchlein

(Aus dem Georg Hirth-Schrein)

Im Kampf mit Drachen

Und Heuchlerpesten

Hilst Siegfriedslachen

Und Stoß ins Zentrum am allerbesten.

Ein Schrei aus Herzensnot
Ist wohl in schlimmen Wirren
Ein bessrer Patriot
Als Schmeichlers Liedergirren.

*

Ist denn Einer über Allen,

Der die Wahrheit nicht verträgt?
Nun, so sind wir nur Vasallen
Und versklaven unentwegt!

*

Nur die Wahrheit nicht verbogen
Gegen Wams und Hermelin!

Gott spricht nicht aus Demagogen,
Und Lakaien lästern ihn.

*

Wer's hören will, mein Sprüchlein heißt:
Wer Notzucht übt an Kunst und Geist
Und kann nichts Nacktes mehr vertragen,
Der liegt, wie „fromm" er ihn auch preist,
Dem Herrgott selber schwer im Magen.

(Einem Asketen)

Rühme nur dich der Entsagung! Darf

ich ganz vertraulich lachen?
Ist es doch so toren-menschlich, aus der

Not die Tugend machen. . .
Mach sie wenigstens zum Engel, aber,

bitte, nicht zum Drachen!
*

(Den Traditionellen)

Das Hergebrachte, fei es noch so schlecht,
Es gilt euch heilig als Gewohnheitsrecht.
Ihr würdet trag im alten Gleise schleichen,
Trieb man euch nicht von Zeit zu Zeit
Die Sporen in die Weichen.

*

(Schlagworte)

Was da „konservativ"?

Was „revolutionär"?

Schlagworte schlagen schief,

Was sonst gerade wär'.

Wer frißt mit Haut und Haaren,
Was wert ist zu bewahren,

Dem bleibt mit Haar und Haut
Das Leben ewig unverdaut.

Herrn Dr. Georg Hirth zuin 70. Ge-
burtstage von

München l\av\ Henckcll'

„Deutschlands Einheit war der Graum
meines erwachenden Lebens, das Morgenrot
meiner Äugend, der 5onnenschein der Mannes-
kraft und Ut jetzt der JTbendftern, der mir
zur ewigen Rübe winkt.“

I (Zahns Sctywanenrede 1848)

i

i -

Eine Jugendliebe

Im Paradiese Jugend blüht ein Stern,
hell und wohlig kühl, wie die Venus am
Abendhimmel brennt, dieser Stern heißt
Liebe. Solcher Jugendliebe muß ich heute
gedenken.

Wie sehe ich dich klar in meiner Er-
innerung, du meine Jugend-Schwärmerei,
wie fühle ich deine schlanke, biegsame Ge-
stalt wieder, die sich anmutig abhob von den
alten, dich mit steter Treue haltenden Stützen
deines Daseins. Schmucklos und einfach
war dein Äußeres und entbehrte jenes Glan-
zes und jener koketten Politur, wie sie deine
Schwestern von heute zieren. Und dennoch,
wie war ich dir zugetan!

Wenn ich dich umfaßt hielt mit kerni-
gem Griffe, wenn mein Körper sich .dir
schmiegte und du dich hingebogen willig
fügtest und mir zu eigen gabst, wie zog
es mich zu dir empor und in mächtigem
Schwünge ureigener Kraft vertraute ich Sein
und Leben deiner erprobten Treue. War
ich auch nicht der Einzige, der sich dir
nähern durfte, gab es viele unter den Ju-
gendfreunden, die in gleicher Schwärmerei
an dir hingen und sich rühmen konnten,
dich in gleicher Liebe umfaßt zu haben, so
konnte das meine Zuneigung zu dir nicht
erkalten lassen. In rastloser Iugendminne
suchte ich deiner würdig zu werden und in
der Kunst dich zu lieben, meiner Rivalen
Herr und Meister zu sein.

Auch du konntest mir nicht zürnen, wenn
ich die Liebe, die du in mir großgezogen,
auf eine deiner Schwestern übertrug. Oft
zogen wir, eine rüstige Schar, hinaus in

früher Sonntags-Morgenstunde, durch tau-
kühlen Wald und sonnige Fluren. Und wo
zwischen Hecken und Dorflinden ein Kranz
im Frühwinde sich schaukelte, da war aus
grünem Plan bald frohes Treiben. Wurde
dann eine deiner Schwestern erblickt, war
sie viel umworben, wenn dabei auch ich
nicht fehlte, so war's mein und dein Ge-
winn. Denn an Fertigkeit und Erfahrung
reicher kehrte ich zu dir zurück und der
grüne Kranz an meinen Schläfen war auch
dein Preis.

Wie helle Vögel in schönen Lüften sind
die Jahre über uns dahingeflogen. Die
Hand, die dich oft umfaßt, der Arm, der
mit Iugendkraft dich an mich gerissen, sie
sind müde geworden. Das Alter nahte mir,
und, du Traute, auch dir.

Man trug die Stützen deines Daseins,
I die vor uns der Zeit zum Opfer fielen, hin-
| aus. Und wie mein Angesicht sich mit leisen
Falten durchfurcht, so ist auch dein Außeres,
meine Jugendliebe, rissig geworden, ja es
zieht sich schon ein Sprung durch deine ganze
Länge, und verlassen und einsam lehnst du
in der Ecke des Gartens, von den lichten
Dolden des Hollers überduftet,

du alte, hölzerne Reckstange!

Hunold

*

MakdgefiM

Ja, tiefer als mein eigen Glück und Leid
Fühlt diese Brust der hohen Kiefern Brausen
An Sommertagen, wann ein Wind erwacht
Von Westen her im Stolze des Geästs.

O Lust, tief zu empfangen bis ins Herz,

Was braust und klagt und hohen Wolken winkt!

Und war ich erst versunken tief ins Nichts,
Wie hör' ich dann, ins Leben wiederkehrend
Und atmend kaum vor Glück, den lauten Specht,
Als nagelt' einer Tische oder Sarge,

An trocken ertönenden Kiefern weidlich hämmern!

Den Wolken, die da wechseln übern Wald,
Wie Tiere lautlos, schau' ich liebreich nach
Weit in die Ferne, die sich aufgebaut
Aus blauen Bergen, da die Sehnsucht wohnt.
Da rauscht des Wasgau Wälderflut heran
Mit trunkenfarbner Kuppen Liniensingen,

Das mir so oft den Traum der Höhn durchklang:
Nicht ganz ein Tanz, nicht ganz ein Abschiedslied,
Klar, tief und ohne Leid.

Sei stark, mein Herz,
Mein Menschenherz, wir wollen einst mit Lust,
Satt aller Süße, segnend alles Leben,

Gewiegt von dieser Linien Tanz und Schwung,
Am Abend heim zu unfern Vätern fahren!

Wilhelm Michel

840
Register
Hunold: Eine Jugendliebe
Wilhelm Michel: Waldgefühl
Karl Henckell: Ein paar Sprüchlein
Arpad Schmidhammer: Illustration zum Text "Jahns Schwanenrede 1848"
 
Annotationen