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Und wie wir r dann zuletzt fo herrlich
weit gebracht!

Ein feines Stück von echtem Jingo-Wesen
War unlängst in den wackern Times zu lesen,
Verraten hat uns da ein Ehrenmann,

Was man im Zukunftskrieg erwarten kann:

„Ein englischer Torpedojäger," schrieb er,

„Lass' nie ein Passagierschiff heil vorüber,

Ein -friedliches*,— macht euch nicht lang Gedanken,
Zagt ihm ein paar Torpedos in die Flanken,
Bohrt's in den Grund — wenn sie da

drunten liegen,

Sind tote Feinde friedlich und verschwiegen.

Viel besser Schiff und Menschen zu zerstören,

Als etwa gar am nächsten Tag zu hören,

Daß fremde Krieger, blutig von Gelüsten,
Gelandet an des armen England Küsten!"

Daß solche Landung Heller Wahnsinn wäre,
Verschweigt und weiß besagter „Mann von Ehre" -
Er predigt Grausamkeit an Waffenlosen,

Den Komitadschis gleich, den

Mordvirtuosen!

Herr Arkudoff, der Pindar der Bulgaren
Und Hofpoeta Ferdinand des Zaren,

Schlägt der die Leier in Berserkerwut,

So trieft sein Instrument von Dreck und Blut.
Zum Blutbad lädt er Komitadschi-Helden,

Von Notzucht weiß er schwärmerisch zu melden,
Von Greisen, die man blendet — Netter Bruder! —
Von Weibern, die man schändet, singt das Luder
Begeistert und von zarten, blütenweichen
Blutübergoff'nen Teppichen von Leichen.
Mordbrennertaten feiert er als Ruhnl,

Perversen Blutrausch nennt er Heldentum,

Und diesen Champion von dem Gelichter
Der Komitadschis heißt man einen — Dichter!
Zn Wahrheit ist er um kein Zota besser
Als jener Jingo dort und Deutschenfresser,

Und daß die Beiden heut auf Erden wohnen,
Zst Schmach genug für ihre Nationen!

Pips

*

Reaktion

Indem es nun acht Wochen regnet,

(Der Frosch ersoff im Glas) —

Die Frage, wenn man wem begegnet,

Ist: Fräulein, sind Sie auch so naß?

Ich sehe schon mit trüben Blicken
Die Folgen dieser Feuchtigkeit:

Wir werden im August ersticken
Vor Hitzigkeit.

Es lebt der Mensch in diesen zermen Zonen
— Denn das ist sein Geschick —

Von und in Reaktionen. . .

(Und nicht bloß in der Politik . . .)

Jucundus Fröhlich
*

Laustinas Werbung

Ein Reform-Mysterium
Prolog

Die Präsidentin des amerikanischen „Frauen-
bundes für Männerwahl" bei der Einweihung
des ersten Klubhauses im Juni 1913: . . . „Darum
wollen Wir nicht mehr warten, bis es den Männern
gefällt, uns zu wählen. Wir fordern auch für uns
das Recht, dem Mann die Frage vorzulegen: Wollen
Sie mein Gatte werden?"

Verwandlung

Promenadenweg im Stadtpark. Sonnenunter-
gang, Vogelgezwitscher, Märchenstimmung. Auf der
Bank unter der Linde sitzt der Leutnant, spielt ver-
träumt mit seinem Säbel, seufzt und blickt sehnsüchtig
in die Ferne. Fräulein Dr. Faustina Schmidt er-
scheint mit einer Aktenmappe unterm Arm. Als sie
den Leutnant erblickt, eilt sie mit mächtigen Schritten

auf ihn zu. Er erhebt sich ahnungsvoll betroffen
und bleibt zögernd stehen.

Sie:

Mein ehiker Leutnant, darf ich's wagen
Arm und Geleit ihm anzutragen?

Er (die Augen niederschlagend):

Bin nur ein arm unschuldig Ding —

Mein Monatszuschuß ist gering!

Sie:

Wollt jetzt nicht von Moneten reden —

Ich wünsch' Euch ehrbar nah' zu treten.

Steh' längst auf meinen eignen Füßen,

Will Euch das Leben gern versüßen. . .

(ihn unters Kinn fassend)

Müßt Euch nicht männchen-schämig zieren —
Will Euch gewißlich nicht verführen!

Er:

O Gott, wie wird mir im Korsett —

Sie ist so lieb. . . (für sich) nur etwas fett!

Sie:

Wär' Euch schon oft mit heißen Wangen
Bis zum Kasino nachgegangen,

Doch meine Praxis ist zu dringend. . .

Er (für sich):

Die Praxis?! (Laut) Sie ist herzbezwingend!
Wie — sollt ich ihr die Gunst gewähren?

Sie (seine Gedanken erratend, zart):

Ich will Sie sorgenlos ernähren!

Er (schwankend)

Ach lieber Gott, wie kann ich dulden . ..

Sic (resolut):

Mein Schatz, Sie haben bannig Schulden!

Hab' kürzlich mittels Fragebogen
Erkundigungen eingezogen. . .

Er (in innerem Kampf):

Woll'n Sie mich wirklich nicht verführen?

Sie (glühend):

Nein, Max, Du sollst nicht inserieren!

Ein Schadchen ist oft mehr ein Schädchen . ..
Ich rette Dich als starkes Mädchen.

Drum an mein Herz, fort aus dem Dalles,
Denn mein Budget erlaubt mir alles!

Er (bezwungen):

Ich fühl's bewegt — ich muß Sie lieben!

Sie:

Es reicht für zwei (ihn zart in die Seite stoßend)

und auch für siebent
Drum woll'n wir jetzt nicht länger schmusen —
Heran an den bewegten Busen!

Er (für sich):

Wie keck sind doch verliebte Ma chen!

(laut)

Ich bitte, mit Mama zu sprechen!

Sie:

Oh süße Scham der ersten Minne —

(enteilend)

Ich eile, daß ich ihn gewinne!

Elf ESS

Die FrLedenöverhandlungen

der Balkanvölker sind bereits soweit gediehen,
daß sie sich einigen konnten, auf die neue
Gebietsteilung in — Schwabing!

W. Kram

Hygienisches

Seit dem bekannten Bundesratsbeschluß hat w
Zahl der Jesuitenniederlassungen in Deutschland die
auch ganz ungeniert Missionen abhalten, nicht'ab-
sondern rapid zugenommen.

Wenn es hie und da mal krabbelt,

Wird der Mensch nervös und zappelt
Und er kratzt energisch meist
An der Stelle, wo es beißt.

Die Insekten voll Empörung
Nennen dieses Ruhestörung
Und der (heilige) Vater spricht:

Lieber Sohn, man kratzt sich nicht!

Teils aus Dummheit, teils Gewohnheit
Gibst Du dann den Tierchen Schonzeit;
Und sieh da, nun mehrt sich schnell
Das Gezücht in Deinem Fell.

Ganze Nester darin wohnen,

Ganze „Kongregationen" —

Eh Du lange um Dich schaust,

Bis Du ganz und gar verlaust...

Michel! Merk Dir diese Lehren!

Fühlst Du nicht, wie sich vermehren
Deine Käfer? — Kämm Dich doch!

— Oder: hat Dein Kamm ein Loch?

A. D. X,

München

„Euer Konzertverein wird sich also auflösen?!"
„Das Gemeindekollegium nloant, d' Auto-
huppen — dös waar gnua Volksmusi!"

Danziger Anochenhandel

Wer wünscht Leim zu kochen
Zu dieser Weil?

Deutsche Soldatenknochen
Stehn billig feil!

Wer will zu Dünger vermahlen
Heldengebein?

Leute, die bar bezahlen,

Laden wir ein!

Die da zu Boden geschlagen
Ein blutig Geschick,

Kauft — einen Taler pro Wagen -
Die Mistfabrik!

Die, von des Korsen Heere
Im Kampfe gefällt.

Starben für Deutschlands Ehre,
Jeder ein Held,

Die da vor hundert Jahren
Bei Danzigs Fall
In die Grube gefahren
Fechtend am Wall,

Scharren sie aus dem Boden
Jetzt haufenweis
Und verschachern die Toten
Zu Schleuderpreis!

Sollen die Felder düngen,

Im dürren Sand,

Helfen nochmal verjüngen
Das deutsche Land.

Zweimal so nützt mm im Wandel
Der Zeiten sie —

Deutschland ist groß in Handel
Und Industrie! pi
Register
[nicht signierter Beitrag]: München
Willibald Krain: Die Friedensverhandlungen
Jucundus Fröhlich: Reaktion
Eff Ess: Faustinas Werbung
Pips: Und wie wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht!
Pips: Danziger Knochenhandel
A. D. N.: Hygienisches
 
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