0 Danzitt, o Danzig
Die Zeitungen berichten, daß der Kronprinz auf Wunsch der Kaiserin wieder nach Berlin v.'rsetzt worden sei.
Warum tat keck er schröpfen Bullvetters teures Blut?
Warum spuckt meinem Eidam er auf den neuen Hut?"
„£) König, o König, Ihr schießet Welf und Dachs!
Mein Sohn aber, der muß trinken zu Danzig in dem Lachs?
O Danzig, o Danzig, du wunderschöne Stadt,
Darinnen muß kampieren so manicher Soldat,
So mancher und schöner, auch tapferer Soldat,
Der Vater und lieb Mutter sträflings verlassen hat.
Verlassen, verlassen, es ist ein arg Beschwer,
So mancher ist gewandert, er kehret nimmermehr.
Die Mutter, die Mutter, die ging vor's Königs Haus:
„Ach König, lieber König, gebt mir den Sohn heraus!
Zu lang schon tat er harren auf Euern Gnadenbrief!
Die Mottlau, ach die Mottlau, sie ist so kalt und tief!
Nun ist es Winter worden, die Christnacht tat sich nah'n —
Wer reicht da meinem Sohne Wollwams und Marzipan?"
„Euern Sohn kann ich nit geben für noch so vieles Geld!
Euer Sohn und der muß sitzen im Kasemattenzelt!
Muß sitzen, muß schwitzen, daß er's nit anders kennt!
Warum ging randalieren er in mein Parlament?
Muß trinken, muß trinken Goldwnsser und Knickebein,
Wenn gleich sein schwarzbraun Mädel gar bitter um ihn weint!
Sie weinet, sie greinet, sie klaget also sehr:
„Ade, mein liebstes Schätzchen, wir sehn uns nimmermehr!"
„Die Tränen, die Tränen, die rühren mich gar tief —
O daß er wüßt zu schweigen, er hält' den Gnadenbrief!"
„O König, o König, es ist mein liebster Sohn!
Zu lang schon tat ich warten, gebt ihm, gebt ihm Pardon!
Er wird kein' Bull mehr necken, kein' Wolf unb keinen Rab'!
Er wird sein wie sein König: Verschwiegen wie das Grab!"
„So nehmt ihn, so nehmt ihn! Doch kratz er sich den Floh:
Es gibt auch Kasematten in Groß- und Klein-Popo!" jörs Kitzel
Los vom Ultramontanen
Der bayerische Just'zminifter hat einem Zentrum >
abgeordneten zugestauden, daß in Gerichtsbeschlüssen rc
das W>rt „ultramontan" nicht mehr gebraucht werden
darf. (!!)
Fa dies Wort läßt sich ersetzen,
Wenn ein „christliches" Subjekt
Künftig wieder seine Hetzen
Mit dem Namen Gottes deckt,
Zieh kein Fremdwort mehr herbei,
Nenn' es einfach „Lumperei".
Diese netten Brüder alle
Die die Religion benützen,
Um dem Gegner ihre Galle
Und ihr Gift aufs Brot zu spritzen
Mit verdrehten Äugelein —
Nenn sie, was sie sind: „gemein!"
Und wenn Dir die frommen Füchs'
Mit dem schönen Worte „Glauben"
Salbungsvoll und hinterrücks
Ehre, Amt und Leben rauben,
Heiß' sie nicht ultramontan,
„Schufte" hört sich auch gut an.
Wie gesagt, Du kannst ersehen,
Daß für jenes Römerzeichen
Deutsche Worte auch bestehen,
Die den Inhalt ganz erreichen —
Deutschland in der Welt voran!
Nieder mit Ultramontan!
A. I>e Sora
*
Est solamen miseris, socios
habuisse blamorum
Ein Hündchen — Russerl war's genannt —
Bemerkte wach- und tugendsam,
Daß zu der hohen Pforte kam
Ein fremder Herr aus Preußenland.
Da hat das Hündchen angebellt
Die hohe Pforte fürchterlich,
Und zu dem Ständchen haben sich
Bald noch zwei andre eingestellt.
Sie bellten laut: „Wuhu! Wuhu!
Was tut der fremde Herr im Haus?
Wir leiden's nicht! Heraus! Heraus! —'
— So ging die Türe auf im Nu ...
Die Köchin kam mit eineni Topf:
„Das geht euch gar nichts an! Fahrt ab!"
Und goß das kalte Wasser, schwapp,
Den Hündchen über Schwanz und Kopf.
Sie zogen ihre Wedel ein,
Und Russerl sprach zum Freundespaar:
„Man kriegt bei so etwas, nicht wahr,
Zu dritt doch mehr ab als allein?! . .."
A. 1>. X.
Unzüchtiges
Es werden jetzt so viele
Postkarten nach Bildwerken
als unzüchtig beschlagnahmt,
daß die verfügbaren Kräfte
nicht mehr äusreichen, um
die Postkarten aufzusuchen,
zu betrachten und zur An-
zeige zu bringen. Die Staats-
anwaltschaft sucht deshalb ge-
sunde und kräftige Normal-
menschen, die an den Post-
karten das vorschriftsmäßige
Ärgernis zu nehmen haben.
Das ist eine angenehme, nicht
anstrengende und bei einiger
Übung auch leichte Tätigkeit,
durch die sich im Winter viele
Arbeitslose ihr Brot verdie-
nen können.
*
geben, da sich herausstellte,
daß die Mona Lisa auf dem
Originalbilde vollständig be-
kleidet war. Er beabsichtigt
deshalb, gegen den Maler
dieses Bildes wegen Ver-
höhnung der Staatsanwalt-
schaft vorzugehen, denn er
hat das Frauenzimmer offen-
bar absichtlich bekleidet ge-
malt. Eine solche Gemeinheit!
*
Die Verfolgung der An-
sichtspostkarten hatzurFolge,
daß die Zahl der Postkarten
immer mehr abnimmt. CS i n
anständiger Mensch be-
nutzt überhaupt keine
Postkarten mehr, denn
sie sind alle unzüchtig!
Frldo
Der Staatsanwalt hat auch
die Postkarten mit der An-
sicht der Mona Lisa beschlag-
nahint, nmßte sie aber frei-
XTürtuscbe Hnsicbtskarte
„Herzlichen Neujabrsgruss, liebe Triple-Entente!"
W. Geiger
Druckfehler
Gott aber segnete Abraham
und schenkte ihm mit neun-
undneunzig Jahren ein Kino.
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