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Adscbee, 1915!

Von eme alde Frankforder

Des war berr so e Dallesjahr!

Des warn derr beese Zelte!

Zwelf Monat nix wie Kriegsgefahr
Unn Plei<e iwwer Pleite!

Zefridde bää Geschäftsmann net!

Des Resuldat vom Ganze:

Die Schdeuern wern zu dick unn fett,
Zu mager die Bilanze.

Des ganze Jahr lang fuhr des Glick
Mit Schnecke statt mit Trabern,

Mer denkt ans letzte Jahr zurick
Mit Zittern unn mit Zabern.

Wääß Gott, es war so schauderbar,
Daß mer am beste schdumm is;

Des äänzig Gute an dem Jahr
Zs: — daß des Oos erum is!!

Berliner "Idyll

Zn allen Kunsthandlungen ist Ruh.

Ein Schutzmann nimmt ab und zu
Ärgernis, — so will's der Brauch.

Ei, da hängt noch ein Rubens, ein guter!
Wart' nur. du Luder!

Bald konfisziert er dich auch!

Karlchen

Zwanzigstes Jahrhundert!!

Der protestantische spanische Oberst Labra-
dor hatte als Vorsitzender eines Kriegsgerichts
die Teilnahme an einer der Sitzung voraus-
gehenden Messe abgelehnt. Für dieses „Ver-
brechen" wurden sechs Zahre Gefängnis
beantragt!

Viel zu mild! Der Oberst gehörte in eine
Stierhaut eingenäht und in der Arena den To-
reados gegenübergestellt. Die würden ihn schon
bekehren!

Gegner der Feuerbestattung haben
in einer Petition dem Reichstag den
Vorschlag gemacht einen Gesetzesent-
wurf auszuarbeiten, durch den für jede
Leichenverbrennung eine Stem-
pelsteuer von 30—50 Mark erhoben
werden soll. — Eine sehr nette Zdee!
Man könnte aber auch die Monisten,
Abstinenten und alle die besteuern,
die anders als Zentrum wählen. Auch
Gatten, die in „gemischter Ehe"
leben, könnte die Steuerschraube an-
gesetzt werden, und schließlich müßten
die Simultanschüler ihr tägliches
Butterbrot dem Steuerfiskus zur Ver-
fügung stellen. O. Fr.

*

Zur gefl. Beachtung!

Mit dieser Nummer schließt die
„JUGEND“ das IV. Quartal ihres
18. Jahrganges. Sofortige Abonne-
ments-Erneuerung wird erbeten, da-
mit Störungen in der Zustellung
vermieden werden.

Verlag der „Jugend“

Höflinge

..Welche Unvorsichtigkeit von S. M., zwei Tage
in München zu bleiben! Nichtig ist er doch von der
modernen Kunst infiziert worden!"

*

Mokantes Benehmen

Neu gerahmt, in altem Werte,

Mona Lisa, Langentbehrte,

Hängst Du lächelnd wieder da, —

Mittels des Perugia.

Mittels seiner stolzen Meldung,

Zn betreffens der Vergeltung,

Kehrst Du in Dein Heim zurück
Mit dem mystisch-dunklen Blick.

Durch die halbgeschloss'nen Lider
Schaust Du die Gesetzeshüter,

Die Did) würdevoll empfah'n,

Nahezu belustigt an.

Überhaupt, in Deinen Zügen
Scheint mir jetzt nod) mehr zu liegen
(Und mitnid)ten mehr Respekt?),

Ais bevor man Did) entdeckt!

Was erwägst Du denn so listig
Mit dem Lächeln voller Mystik?

Etwa den Museumsdienst,

Dem Du so entbehrlid) schienst?

Zst vielleicht ein leichter Hohn da
Auf die Polizei, Gwconda?

Und den Finger-Abdruck, der
Erst Hern ad) im Album wär'?

Dieses Dauergrinsen täglid),

Mona Lisa, ist schon eklich!

Lass' es doch! — Wenn's wer versteht,
Stört es die Autorität!

Leopold

*

A. Schmidhammer

Im Louvre

„Ties sei ihr letztes Abenteuer gewesen! Hängt sie!'

Brandenstein und Forstner

Wir leben in einem christlichen Staat,

Das merkt besonders der Soldat.

Der Leutnant Brandenstein erklärt:

„Mein Glaube das Duell verwehrt,

Nie üb' id) solch Pistolenspiel!"

— Er flog mit Fußtritt ins Z-ivil.

Wie anders steht der Forstner da!

Welch edle Blüte! 'rrah, 'rrah, 'rrah!!

Den lahmen Schuster schlägt er, — bum! —,
Drum kriegt er das Strafminimum!

Und Reuter, der sein Oberst ist,

Lobt Forstnern als Soldat und Christ!

Der Zivilist, dies mind're Tier,

Frägt mit verdutzter Miene hier:

„Wer dürfte mut'ger, tapfrer sein,

Der Forstner oder Brandenstein?"

Vor Brandenstein fühlt er Respekt,

Den Forstner weniger erweckt.

Es prüft die Fälle sein Instinkt

Und merkt: nicht nur der Schuster hinkt!

Doch wenn er nicht zu heiß und jung.

Gibt Eines ihm Beruhigung:

Wir leben in einem christlichen Staat!

(Das merkt besonders der Soldat.)

l&arlchen

Tempora mutantur

Der Kaiser sprach sich in München zu zwei
bekannten Kunstgewerblern sehr anerkennend über
das Münchner Kunstgewerbe aus: „Ze mehr mir
die Augen geöffnet wurden — wir waren ja
wohl vor Antritt meiner Regierung nicht immer
gut beraten in künstlerischen und namentlich kunst-
gewerblichen Dingen —, desto mehr habe ich diese
individuelle Auffassung, der man gerade in
München begegnet, schätzen gelernt, mich darein ver-
tieft und finde immer von neuem Sd)önes darin."
— „Za, ja," meinte ein Skeptiker, dem die Kunst-
gewerbler das erzählten, „wenn id)
nur wüßte: meinte er Ihnen oder
^ Ihne??" Bim

f *

Silvester - Bleigießen beiin
Reichskanzler

Theobald: ... da ist eine Faust!
Eine zusammengeballte Faust! Die Faust
des Michel? Ad) was, wenn der Punsch
hat, ist er zufrieden. Wie eine körper-
liche Faust sieht es übrigens nid)t aus.
Ein Symbol? Eine philosoph'.sdieFaust?
Ad) was! Eine literarische? Ad), viel-
leid)t Goethes Faust! ? Aber was sollte
das heißen? „Habe nun, ad), Philo-
sophie, Juristerei" — Nein! „Eritis
sicut deus“ — Nein! Auerbachs
Keller — Nein! Der Valentin — ?
Ah, der Valentin!! — Nein, nicht
der, der Valentini! Der blaue
Brief!! Nad)barin, Euer Fläsd)d)en!"
(Er sinkt in den Reichssessel.)
Register
[nicht signierter Beitrag]: Silvester-Bleigießen beim Reichskanzler
Leopold: Mokantes Benehmen
Karlchen: Brandenstein und Forstner
Monogrammist Kreispunkt: Höflinge
Biedermeier mit ei: Tempora mutantur
C. Fr.: Zwanzigstes Jahrhundert!!
Arpad Schmidhammer: Im Louvre
Der alde Frankforder: Adschee, 1913!
Karlchen: Berliner Idyll
 
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