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Verrücktes aus Czempin

In einer Versammlung des Deutschvölkischen
Akademikerverbandes Berlin wurde energischer Ein-
spruch erhoben gegen einen überhaudnehmenden
Mißbrauch der Namensänderung. So wurde er-
wähnt, daß ein Herr Cohn den Namen Körner
erhielt, daß die Namen: Goethe, Schiller, Lessing,
Gellert, Paul Gerhardt, Arndt bei Namensände-
rungen in Posen besonders empfohlen seien.

Bon der Firma „Glaubersalz & Katzen-
stein" (Trikotagen und Wollwaren) in Posen
war ich an einen gewissen Elkan Schmeikes
in Czempin hinempfohlen morden. Da ich aber
keine speziellere Bezeichnung seines Domizils er-
halten, stand ich total ratlos auf dem Markte des
dreckigen Nestes und starrte fragend jedem Passan-
ten in das Gesicht, der mir so ausschaute, als ob
er Elkan Schmeikes sein könnte.

„Sie sind doch wohl — Elkan Schmeikes!"
apostrophierte ich ungeduldig einen alten lang-
bärtigen Hebräer.

„No," lachte er freundlich, „ich bien Theoddorr
Körner."

„Aber — vielleicht der dort!" wies ich auf
seinen jüngeren Begleiter.

„Haißt sich Friddrich Rückert!"

Verflucht! — Augenscheinlich wollte mich der
Alte zunt Narren halten.

„Sie sind ein verrücktes Huhn!" brüllte ich
so laut, daß sofort aus den benachbarten Kabachen
einige Leute herausliefen, die ebenfalls einen
ausgesprochen jüdischen Typus aufwiesen.

„Wo wohnt Elkan Schmeikes?" perorierte
ich die bunte, mich neugierig angrinsende Gesell-
schaft. — Allgemeines Kopfschütteln.

„Vielleicht weiß sich das Alexandorr Hum-
boldt."

„Wer ist Alexander Hum — boldt?"

„Graußvater von Teoddorr Mommsen, wo
sich mit Ledder und Produkten handelt."

Ronsequenl

„Meine Herren, ick beantrage den Hus-
sckluss unseres bisherigen Mitgliedes
CKürfelmeier aus unserem Kubistenhlub
— er bat gestern Kegel geschoben!“

Ich steuerte, meinen Ohren nicht mehr trauend,
durch einige Misthaufen hindurch auf die mir be-
zeichnete Schnapsbude hin, in der sich Alexander
— Humboldt öfters aufhalten sollte! Oben auf
dem Ladenschilde las ich die Worte: „Spiri-
tuosen-Verkauf und Pferdehandel von Christian
Fürchtegott Gellert, vormals Levy Leisers
Söhne."

„Also Sie sind Herr Humboldt!" wandte
ich niich ohne weiteres an einen alttestamentarisch
ausschauenden Weißkopf, der in einer Ecke der
Bude mit dem Sortieren von Kupferstücken be-

schäftigt schien. — Keine Antwort, nur ein ver-
legenes Kopfschütteln.

„Versteht sich nix deitsch, nur polnisch-jiddisch!"
erklärte ein Mensch hinter der Tombank.

„Ist denn der, zum Donnerwetter, nicht —
Humboldt!?"

„No!"

„Wer denn?"

„Der Jakob Grimm!"

Augenscheinlich, so überlegte ich nun, werde
ich unter diesen Verrückten denElkanSchmeikes

überhaupt nicht ausfindig machen können!-

Am nächsten Tag erhielt ich in Czempin einen
Eilbrief von Glaubersalz LKatzenstein aus Posen:
„Lieber Freund! Wir haben vergesse», Ihnen mit-
zuteilen, daß in Czempin vor einem Monat eine
Neubenennung der polnisch-jüdischen Einwohner
mit guten deutschen Namen stattgefunden hat.
Elkan Schmeikes heißt längst Wolfgang
Goethe. Falls er zum Schweinemarkt nach
Krotoschin gefahren sein sollte, wenden Sie sich
an Iankel Treppengeländer, jetzt Friedrich
Schiller, er ist Prokurist für eilige Sachen."

BI. Br.

*

wahres Gefchichtchcn aus Berlin

Mein Neffe, ein Student, wollte neulich in
einem Vororts - Vereinsbause einem Tango -Tanz-
kursus beiwohnen. Da er in dem betr. Lokal
fremd war, erkundigte er sich bei einem der dienst-
tuenden Portiers, wohin er sich zu wenden habe.
Trotzdem geriet er in seiner Kurzsichtigkeit an eine
falsche Tür und hatte bereits die Klinke in der
Pand, als ihm der aufmerksame Paushüter
zurief:

„Da nich rin, Männeken, da drin is ja heite
der ,Iebärstreik°!"

p p, ekot

llei etwaigen liestelluiigen Bittet mau auf eile Mülleimer „JUGEND“ ltexug neiuuen.

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[nicht signierter Beitrag]: Wahres Geschichtchen aus Berlin
M. Br.: Verrücktes aus Czempin
Arpad Schmidhammer: Konsequent
 
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