Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Erhaltung der Kraft

Zu Robert v. Mayers 100. Geburtstag

am 2.,. November 1914

Vor hundert Jahren trat er in die Welt,

Herr Doktor Robert Julius von Mayer —
Doch heute, wo so wilder Kriegslärm gellt,
Fehlt alle Stimmung wohl zur Jubelfeier —
Soll darum aber solch ei» Wissensheld,

Ein Wahrheitskünder und ein Geistbefreier
Des wohloerdienten Lorbeers nun entraten?
Beileibe nein! Wir feiern ihn durch Taten!

Viel Wundertaten zeigen unverjahrt
Heut' sein Gesetz der Energieerhaltung:
Der Krieger Heldentaten mit dem Schwert
Und Opfertal in mancherlei Gestaltung —

Die sich vor hundert Jahren schon bewährt.

Die Kraft kommt herrlich wieder zur Entfaltung,
Als Wärme bald, die Herzen heiß entflammend.
Als Manneskraft, der Helden Muskeln

strammend!

Als Spannkraft wirkt sie, die uns in Gefahr
Und grimmer Not befähigt auszudauern
Und neu hinausjusendcn Schar um Schar,
Mag auch die Welt um uns in Mordgier lauern;
Als Fallkraft, die so schrecklich-wunderbar
Zerschmetternd niederschickt auf Festungsmanern
Verderben, schrecklicher dem Nachbarvolke,

Als Blitz und Donner ans der Wetterwolke!

Die Kraft, die einst des Korsen Macht zerschlug,
Die wähnten sie durch inner» Zwist gebrochen.
Bis anno Siebzig ihrer Heere Zug
Den Irrtum büßte mit zerschlagnen Knochen,
Sie schnellte auf zu kühnem Siegesflug,

Oes Franzmanns Trug und Frechheit ward

gerochen —

Dann ist die Kraft, weil wir den Frieden lieben.
Ein halb Jahrhundert fast — latent geblieben!

Doch jetzt, wo Habgier, Haß und Größenwahn
Uns llnheil schwor in feigem Mörderbunde,

Da flammt ganz Deutschland auf wie ein Vulkan,
Nach Bismarcks Wort, in einer Weihestunde
Und Millionen stürmen auf den Plan
Und all' die Feindeshorde» in der Runde
Versvüren's jetzt, die Wühler und die Schreier,
Wie Recht er halte, Doktor Robert Mayer!

Wir halten durch! Und gilt's auch harten Strauß,
Die Kraft, die heil'gc Kraft soll nicht erlahmen!
In täglich neuen Formen bricht sie aus
Und wirken wird sie bis zu Schluß und Amen!
Und zieh'» wir endlich sieggekrönt nach Haus,
Dann mag sie wiederum in Gottes Name»
Zur Warme werden, als ein treulich Feuer
Auf unfern Herden — hoffen wir, noch heuer!

Dann mag befreit der Erdball von der Gier
Der Britenkramer Fricdeusglück erfahren
Und uns verstehen lernen, uns, die wir
Kulturverbreiter sind und nicht Barbaren!

Die deutsche Kraft soll aller Schönheit Zier
Und alles Guten Heiligtümer wahren
Und jeder Frechling soll die Lust vergessen.

Mit dieser Kraft die seinige zu messen!

Biedermeier mit «t

Vokert Maxer
und der Mektkrieg 1914

Ein streitbares Kämpferantlitz blickt uns
an, das Gesicht eines wissenschaftlichen Re-
volutionärs, dessen deutsche Großtat der
ganzen Menschheit — Albion und seine
Japsen nicht ausgenommen — zugute ge-
kommen ist und täglich immer aufs neue
zugute kommt. Der Entdecker der Un-
zerstörbarkeit der Energie. Den ganzen
Umfang dieser Erleuchtung, uni deren Prio-
rität sich kein Ausländer, sondern nur ein
andrer Deutscher bewerben konnte, werden
erst kommende Generationen zu ermessen
wissen. Aber uns Lebenden erwächst schon
die Aufgabe, sein Vermächtnis auszubauen,
soweit es in unseren Kräften steht: und es
für unser Volkstum nutzbar zu machen, wo
immer nur sich dazu Gelegenheit findet.

Das ist das Wunderbare, das seit dem
ersten Auftauchen der kriegerischen Wetter-
wolken mich und Millionen meiner Lands-
leute aufs Tiefste bewegt hat: Woher hat
unser Volk nach einem nahezu fünfzigjäh-
rigen Frieden diese unerhörte Kampjbegei-
sterung und Energie der Todesverachtung
genommen? Aus welchem unergründlich
tiefen Born versammelter Kräfte des Ge-
mütes und der Muskeln haben wir diesen
Superlativ des Zornes und der Schlagkraft
geschöpft?

Und nicht etwa bloß die oberen Schichten
unseres Volkes, die von den Lehren und
dem Schönheitszauber unserer Geistesheroen
durchtränkt sind, und denen wir trotz der
Verweichlichung durch das lange Wohlleben
eine solche Potenz Zutrauen durften, —

M. Feldbauer

nicht bloß die oberen Hunderttausend unserer
humanistisch gebildeten Kreise haben uns mit
dieser wundervollen Einmütigkeit überrascht,
— das eigentlich Wunderbare ist viel-
mehr die aus den Tiefen unseres Volkes,
aus dem Bauern- und Arbeiterstand, em-
porströmende Kraftwelle, der herrliche Zorn
des gemeinen Mannes über die inter-
nationalen Störenfriede und der prachtvolle
Wille, diese nichtswürdigen Aftermieter der
Zivilisation zu züchtigen.

Es ist das stille Weinen der Em-
pörung, das uns manchmal nachts und
zu jeder Tageszeit überkommt, wenn wir
draußen die Bataillone unserer Freiwilligen
marschieren und singen hören, die gemein-
same Rührung eines großen Volkes über
den Heldenmut seiner Jugend, die, stärker
als die Väter, fröhlich sich opfert, um dem
deutschen Baterlande das zu sichern, was
wir vier Jahrzehnte hindurch unseren heu-
tigen giftgeschwollenen Feinden so neidlos
und vertrauend gegönnt haben — Frieden,
Menschlichkeit, Freiheit!

Es ist die Energie des Göttlichen
im Menschen, deren Erhaltung und Un-
zerstörbarkeit wir am hundertsten Geburts-
tage Robert Mayer's für unser deutsches
Volk und die Völker Österreich-Ungarns er-
flehen wollen. Denn mit ihnen müssen und
wollen wir nach dieser gewaltigen Blut-
brüderschaft ehrlich zusammenbleiben. Das
sind wir schon der alten Weltmutter Europa
schuldig. Schmerzlich empfinden wir mit
ihnen den schamlosen Abfall einst von uns
hochgeachteter Völker von den Gesetzen der
christlichen Nächstenliebe, des humorvollen
Wohlwollens und der ritterlichen Anständig-
keit. Fast vereinsamt fühlen wir uns —
aber stark, unüberwindlich im Vollbesitze
der Potentiale, welche allein den Auf-
stieg der Menschheit zu ihren göttlichen
Idealen verbürgen.

Höre es, Robert Mayer, edler deutscher
Held, Dulder und Forscher! Höre es in
Deiner Grabesruhe auf dem Friedhofe zu
Tübingen:

Wir verschwören uns zu einer mindestens
tausendjährigen Entropie der sittlichen
Kraft. Dieser geheimnisvollen göttlichen
Koörzitivkraft, die uns zwingt, gute Men-
schen zu sein und zu bleiben. Möge sie
wachsen, blühen und gedeihen zum Wohle
nicht nur der Völker der europäischen Zentral-
mächte, sondern auch der Völker des Islams,
aller uns wohlwollenden Neutralen, wie der
gesamten anständigen Menschheit.

Wir müssen siegen, so wahr uns
Gott helfe! Unser Gott, der Inbegriff
aller guten Geister, der Gott der Friedens-
und Nächstenliebe, der Redlichkeit, Treue
und Gewissenhaftigkeit, wird die rache-,
macht- und mammongeilen Ölgötzen unserer
Feinde zerschmettern und die lebenden und
toten Kriegshetzer, den Einkreiser Eduard
voran, in alle Ewigkeit blamieren! Wir
werden siegen, so wahr uns Gott helfe!

Georg kjirtk

1300
Register
Biedermeier mit ei: Die Erhaltung der Kraft
Georg Hirth: Robert Mayer und der Weltkrieg 1914
Max Feldbauer: Vignette
 
Annotationen