Die (Versöhnung
Bo» 2\ail Ettlingcr
Gustav Bender, Schorsch Hämmerer und «
Fritz Jung bildeten sozusagen den eisernen
Bestand der im Verborgenen blühenden Apfel-
weinkneipe „Zum kleinen Paradies". All-
abendlich gegen neun Uhr erschienen sie, sahen
an demselben Tisch, auf demselben Stuhl,
tranken dieselbe Anzahl Schoppen Apfelwein.
Und es aßen dazu: Gustav Bender einen
Handkäs, Schorsch einen Schweizerkäs und
Fritz ein paar Schweinsfüß'.
Da der Mensch ist, was er ißt, läßt diese ver-
schiedenartige Ernährung auch auf eine tiefgeh-
ende Verschiedenheit der Charaktere schließen.
Zn der Tat herrschte nicht einmal an den
höchsten Feiertagen länger als fünf Minuten
Eintracht nn diesem Stammtisch, — der das
Überbleibsel einer ehemals vielköpfigen Kegel-
gesellschaft repräsentierte, die infolge eines
„Ausflugs mit Frauen" ein jähes Ende ge-
nommen hatte.
„Nor kaa Weiwer mitnemme! Sonst is
der Unfridde fertig!" hatte damals Gustav
als weltweiser Mann prophezeit. Und er hatte
Recht behalten. Kam es daher, daß ein Teil
der Frauen seidene Blousen trug, während
ein anderer Teil nur in halbseidenen strahlte,
oder kam es daher, daß Gustav abends ein
Couplet vortrug, dessen letzte Strophe mau
kaum nach mehrjähriger Ehe seiner Frau ganz
heimlich ins Ohr flüstern konnte, — kurz: die
meisten Kegelbrüder fanden plötzlich, daß die
Anderen „kein Verkehr" für sie seien. Nur
die drei verschiedenartigsten Elemente des Klubs
bewahrten ihre gegenseitige Anziehungskraft
und fände,i sich zu einem Stammtisch zu-
sammen.
Gustav, der Gärtner, war Sozialdemo-
krat. Das heißt: eigentlich war er kein
Sozialdemokrat, aber weil die beiden Anderen so
gerne auf die Roten schimpften, hielt er es für
seine Oppositionspflicht, als Sozialdemokrat zu
fungieren.
Schorsch, der Kolporteur, war Zentrumsmann.
Das heißt: ganz im Vertrauen gesagt, er war
kein Zentrumsmann. Aber weil die beiden An-
deren so sehr auf die Schwarzen schimpften, ver-
trat er den Zentrumsstandpunkt.
Und mit derselben Uberzeugungstreue und aus
demselben Motive war Fritz, der Zigarrenhändler,
stramm liberal.
Jeden Abend begann der politische Kampf von
neuem, und wenn es für jede persönliche Be-
leidigung einen Ordnungsruf gegeben hätte, so
wäre stets, fünf Minuten nach Eröffnung der
Diskussion, die Rednerliste infolge Wortentzie-
hungen erschöpft gewesen.
An, ersten August erschien Fritz mit besonders
feierlichem Gesicht im „Kleinen Paradies." Zm
Knopfloch steckte ein schwarz-weiß-rotes Bändchen.
Beinahe hochdeutsch klang es, als er bestellte:
„Eun Glas Eppelwei'l"
„No??" fragte Schorsch. „Was is? Bistde
Hofliffcrant "warn?"
Hoheitovoll erklärte Fritz: „Verdient hält' ich's
schon lang! Awwer was Aunerscht is kassiert: der
Kaiser hat e Redd gehalte!"
„Des hat er schon öftersch gedhaa!" sagte
Gustav, der Sozi.
„Awwer was for e Redd, mei Liewer!" er-
eiferte sich Fritz. „Kaan so Stuß, wie Ihr all-
weil verzappt! E Redd, die sich gewäsche hat!
Wißt 'r, was er gesagt hat?" Und Fritz erhob
sich respektvoll vom Stuhl: „Es gebbt kaa Barteie
niehr, hat er gesagt, es gebbt nor noch Deutsche!"
Stille entstand an, Stammtisch. Das Wort
ging ihnen Allen zu Herzen. Der Fritz sah sich
triumphierend um, als stamme der Ausspruch
nicht aus des Kaisers Mund, sondern von ihm
selbst.
Zuerst ergriff der „Sozi" wieder das Wort.
„Iwwerhaapls sägt der Kaiser net ,es gebbth
sonnern ,et jiebt!“ verkündete er.
Max Feldbauer (Mönchen)
„Wutc Engländer wuerden kämpfen bis zu
die letzte muri, bis zu die letzte Pfennig — von
unsere Verbündete!"
(Unfrisierte Uriegskieder
Bon Georg Gucri (Lothringen)
Drerzehner
Jetzt muß man auf den Krieg ausziehgen,
Adjes, du Festung Ingolstadt!
Daheim, da kann kein Mensch nicht siegen,
Der Zug bis auf das Frankreich fahrt.
Und wie wir feins nach Frankreich Kummen,
Da stehn die Leut und schaun uns an.
Da müffens die Kanonen brunimen,
Danüt der Feind recht laufen kann.
Er laufet gfchwindig, er laufet schnelle,
Das ist nicht gut, bal ers nicht steht.
Wir möchtens ihm etwas verzählen,
Daß ihm das Auge übergeht.
Wir möchtens ihm ja gratalieren
Zu seinem Freund und Bruder Ruff',
Den tut man in die Lachen führen,
Da wo er sehr versaufen nmß.
Wir möchtens ihn ja etwas fragen:
Wo liegt das schöne Belgierland?
Die Festung fallt in ein paar Tagen,
Die Zeitung macht es auch bekannt.
Die Festung fallet, die Leut seins gfangen,
Jetzt müssen wir aufs England nein,
Es tut sich ja kein Mensch nicht ferchten,
Bal auch die Meer dazwischen sein.
Bist dus aus England, wirst dus erschossen,
Dann fällst du um und lebst nicht lang:
Dein Schiff wird gnommen und ertrunken,
Daß kein Mensch nicht mehr fahren kann.
Dann muß mans wohl den Abschied blasen,
Jetzt lebets wohl, der Krieg ist gar!
Und wann kein Ruh ist bei die Menschen,
Wir kommen wieder übers Jahr.
„Uff de Dialekt kimmt's net aa," dozierte
Schorsch, der Schwarze. „Was kann der
Kaiser dcrrfor, daß er kaa geborener Frank-
forder is? — Awwer deffentwege hat er doch
de Nagel uff de Kopp getroffe! Es gebbt
kaa Barteie mehr, — no, Fritz, Gustav —
umarme mer uns!!"
Sie erhoben sich, umarmten sich, küßten sich.
„Es is halt doch der Friddenskaifer!"
sagte der Gustav. „Sogar uns »ersehnt er!"
Alle drei waren ergriffen. Es gibt nur
noch Deutsche, dachte Jeder und ihm wurde
feltfam warn: dabei.
„Lasse mer de Willem lewe!" schlug der
Schorsch vor, und erhob sein Apfelweinglas.
„Lasse mer'» lewe, er hat's verdient!" schloß
sich der Fritz an, und mit einem Blick auf
den Gustav fügte er hinzu: „Derfst schon
aach mit aastoße, — wannstde nach so e
schepper Sozi bist!"
„Was bin ich?" fuhr der Gustav auf.
„E schepper Sozi bin ich, du liweraler Dreck-
spatz?"
„Ruhe, meune Herrn!" besänftigte Schorsch,
beinahe wieder hochdeutsch. .„Denke Se draa:
es gebbt kaa Barteie mehr!"
„No ja," brummte der Sozi einlenkend.
„Awwer beleidige lass' ich mich net! Net for
Ellies um die Welt! Am wenigste von so
'nie liwerale Hansworscht!"
Der Friede war wieder hergestellt. Das Ge-
spräch beschäftigte sich mit den Kriegsaussichten.
„Ich wer' mich aach als Freiwilliger melde,"
sagte der Sozi. „Ich wer' dene Franzose-
brieder emal zeige, was Aldfrankforder Schmiss'
sin!"
„Du?!" meinte der Fritz verächtlich. „Du
nnt beim Allerweltsbauch! Du bräuchst ja
en ganze Schitzegrawe for Dich allaans!"
„Euch liwerale Hungerleider freilich kann
mer in der Westetasch mitnemme!" gab's ihm
der Gustav zurück.
„Geht des vielleicht uff mei' Schweinsfieß'?"
schrie der Fritz erregt unb hieb mit der Faust
auf den Tisch. „Du roter Giftnickel! Ictz is
Schluß mit dene Revoluzzer-Sprich, jetz —"
„Awwer Ruhe, meune Herrn!" legte sich
Schorsch wieder ins Mittel. „Iwwerlege mer
uns liewer, wie mer dene Sauruffe 's Fell
verkloppe!"
lind er begann seinen Kriegsplan zu ent-
wickeln. Direkt auf Moskau müsse man los-
marschieren. Gleichzeitig müsse ein Armeekorps
von Petersburg aus, und ein anderes von der
Krim den Russen in den Rücken fallen, und —
„Umgehe'?!" lachte der Fritz. „Da guckt mersch
Widder: immer hinne 'erum, so sin se, die schwarze
Heimticker! Grad so mache se 's aach im
Reichstag!"
„Was mache mer? Wie mache mersch?"
brüllte plötzlich der Schorsch. „Noch e Wort unn
ich Haag derr aans uff dein freisinnige Zellerie-
kopp! Ich gebb derr e rechtsliwerale Ohrfeig' uff
die rechte Back', unn e linksliwerale uff die linke
Back', daß de —"
„Willstde gleich Fridde halte, schwarz' Kar-
nickel " mischte sich der Gustav ein. „Unn du
liweraler Dickkopp zahlst en Schoppe Buße!"
„Zahle'? Ich? Dein vaterlandslose Bauch soll
ich mäste?" schrie der Fritz und wurde ganz rot
vor Wut. „Mensch, wann ich die Ortskranken-
kaff' net schone wollt', ich dhät —"
„Awwer, meune Herrn, —"
„Halt's Maul, Jesuit! Immer wolle se ver-
mittele, die Schwarze, des is ihr Haaptgeschäft l
Awwer mer kennt Euch! Ich rat' bersch, Fritz,
zieh dich hinner bei’ Schweinsfieß zurück, odder —“
„Was is ,odder°?" Der Schorsch bebte am
ganzen Leib. „Du liweraler Schleechtschwätzer! Du
Bassermannsche Gestalt!"
„Geschäftskatholik!!"
Das war zu viel. Der Schorsch erhob den
einen, erst halb abgenagten Schweinsfuß zunr
Wurf, — und auf Fritzens neuenr Kragen platzte
das erste Schrapnell.
Im selben Augenblick hatte der Sozi seinen
Handkäs flach auf die Hand gelegt und schlug da-
Bo» 2\ail Ettlingcr
Gustav Bender, Schorsch Hämmerer und «
Fritz Jung bildeten sozusagen den eisernen
Bestand der im Verborgenen blühenden Apfel-
weinkneipe „Zum kleinen Paradies". All-
abendlich gegen neun Uhr erschienen sie, sahen
an demselben Tisch, auf demselben Stuhl,
tranken dieselbe Anzahl Schoppen Apfelwein.
Und es aßen dazu: Gustav Bender einen
Handkäs, Schorsch einen Schweizerkäs und
Fritz ein paar Schweinsfüß'.
Da der Mensch ist, was er ißt, läßt diese ver-
schiedenartige Ernährung auch auf eine tiefgeh-
ende Verschiedenheit der Charaktere schließen.
Zn der Tat herrschte nicht einmal an den
höchsten Feiertagen länger als fünf Minuten
Eintracht nn diesem Stammtisch, — der das
Überbleibsel einer ehemals vielköpfigen Kegel-
gesellschaft repräsentierte, die infolge eines
„Ausflugs mit Frauen" ein jähes Ende ge-
nommen hatte.
„Nor kaa Weiwer mitnemme! Sonst is
der Unfridde fertig!" hatte damals Gustav
als weltweiser Mann prophezeit. Und er hatte
Recht behalten. Kam es daher, daß ein Teil
der Frauen seidene Blousen trug, während
ein anderer Teil nur in halbseidenen strahlte,
oder kam es daher, daß Gustav abends ein
Couplet vortrug, dessen letzte Strophe mau
kaum nach mehrjähriger Ehe seiner Frau ganz
heimlich ins Ohr flüstern konnte, — kurz: die
meisten Kegelbrüder fanden plötzlich, daß die
Anderen „kein Verkehr" für sie seien. Nur
die drei verschiedenartigsten Elemente des Klubs
bewahrten ihre gegenseitige Anziehungskraft
und fände,i sich zu einem Stammtisch zu-
sammen.
Gustav, der Gärtner, war Sozialdemo-
krat. Das heißt: eigentlich war er kein
Sozialdemokrat, aber weil die beiden Anderen so
gerne auf die Roten schimpften, hielt er es für
seine Oppositionspflicht, als Sozialdemokrat zu
fungieren.
Schorsch, der Kolporteur, war Zentrumsmann.
Das heißt: ganz im Vertrauen gesagt, er war
kein Zentrumsmann. Aber weil die beiden An-
deren so sehr auf die Schwarzen schimpften, ver-
trat er den Zentrumsstandpunkt.
Und mit derselben Uberzeugungstreue und aus
demselben Motive war Fritz, der Zigarrenhändler,
stramm liberal.
Jeden Abend begann der politische Kampf von
neuem, und wenn es für jede persönliche Be-
leidigung einen Ordnungsruf gegeben hätte, so
wäre stets, fünf Minuten nach Eröffnung der
Diskussion, die Rednerliste infolge Wortentzie-
hungen erschöpft gewesen.
An, ersten August erschien Fritz mit besonders
feierlichem Gesicht im „Kleinen Paradies." Zm
Knopfloch steckte ein schwarz-weiß-rotes Bändchen.
Beinahe hochdeutsch klang es, als er bestellte:
„Eun Glas Eppelwei'l"
„No??" fragte Schorsch. „Was is? Bistde
Hofliffcrant "warn?"
Hoheitovoll erklärte Fritz: „Verdient hält' ich's
schon lang! Awwer was Aunerscht is kassiert: der
Kaiser hat e Redd gehalte!"
„Des hat er schon öftersch gedhaa!" sagte
Gustav, der Sozi.
„Awwer was for e Redd, mei Liewer!" er-
eiferte sich Fritz. „Kaan so Stuß, wie Ihr all-
weil verzappt! E Redd, die sich gewäsche hat!
Wißt 'r, was er gesagt hat?" Und Fritz erhob
sich respektvoll vom Stuhl: „Es gebbt kaa Barteie
niehr, hat er gesagt, es gebbt nor noch Deutsche!"
Stille entstand an, Stammtisch. Das Wort
ging ihnen Allen zu Herzen. Der Fritz sah sich
triumphierend um, als stamme der Ausspruch
nicht aus des Kaisers Mund, sondern von ihm
selbst.
Zuerst ergriff der „Sozi" wieder das Wort.
„Iwwerhaapls sägt der Kaiser net ,es gebbth
sonnern ,et jiebt!“ verkündete er.
Max Feldbauer (Mönchen)
„Wutc Engländer wuerden kämpfen bis zu
die letzte muri, bis zu die letzte Pfennig — von
unsere Verbündete!"
(Unfrisierte Uriegskieder
Bon Georg Gucri (Lothringen)
Drerzehner
Jetzt muß man auf den Krieg ausziehgen,
Adjes, du Festung Ingolstadt!
Daheim, da kann kein Mensch nicht siegen,
Der Zug bis auf das Frankreich fahrt.
Und wie wir feins nach Frankreich Kummen,
Da stehn die Leut und schaun uns an.
Da müffens die Kanonen brunimen,
Danüt der Feind recht laufen kann.
Er laufet gfchwindig, er laufet schnelle,
Das ist nicht gut, bal ers nicht steht.
Wir möchtens ihm etwas verzählen,
Daß ihm das Auge übergeht.
Wir möchtens ihm ja gratalieren
Zu seinem Freund und Bruder Ruff',
Den tut man in die Lachen führen,
Da wo er sehr versaufen nmß.
Wir möchtens ihn ja etwas fragen:
Wo liegt das schöne Belgierland?
Die Festung fallt in ein paar Tagen,
Die Zeitung macht es auch bekannt.
Die Festung fallet, die Leut seins gfangen,
Jetzt müssen wir aufs England nein,
Es tut sich ja kein Mensch nicht ferchten,
Bal auch die Meer dazwischen sein.
Bist dus aus England, wirst dus erschossen,
Dann fällst du um und lebst nicht lang:
Dein Schiff wird gnommen und ertrunken,
Daß kein Mensch nicht mehr fahren kann.
Dann muß mans wohl den Abschied blasen,
Jetzt lebets wohl, der Krieg ist gar!
Und wann kein Ruh ist bei die Menschen,
Wir kommen wieder übers Jahr.
„Uff de Dialekt kimmt's net aa," dozierte
Schorsch, der Schwarze. „Was kann der
Kaiser dcrrfor, daß er kaa geborener Frank-
forder is? — Awwer deffentwege hat er doch
de Nagel uff de Kopp getroffe! Es gebbt
kaa Barteie mehr, — no, Fritz, Gustav —
umarme mer uns!!"
Sie erhoben sich, umarmten sich, küßten sich.
„Es is halt doch der Friddenskaifer!"
sagte der Gustav. „Sogar uns »ersehnt er!"
Alle drei waren ergriffen. Es gibt nur
noch Deutsche, dachte Jeder und ihm wurde
feltfam warn: dabei.
„Lasse mer de Willem lewe!" schlug der
Schorsch vor, und erhob sein Apfelweinglas.
„Lasse mer'» lewe, er hat's verdient!" schloß
sich der Fritz an, und mit einem Blick auf
den Gustav fügte er hinzu: „Derfst schon
aach mit aastoße, — wannstde nach so e
schepper Sozi bist!"
„Was bin ich?" fuhr der Gustav auf.
„E schepper Sozi bin ich, du liweraler Dreck-
spatz?"
„Ruhe, meune Herrn!" besänftigte Schorsch,
beinahe wieder hochdeutsch. .„Denke Se draa:
es gebbt kaa Barteie mehr!"
„No ja," brummte der Sozi einlenkend.
„Awwer beleidige lass' ich mich net! Net for
Ellies um die Welt! Am wenigste von so
'nie liwerale Hansworscht!"
Der Friede war wieder hergestellt. Das Ge-
spräch beschäftigte sich mit den Kriegsaussichten.
„Ich wer' mich aach als Freiwilliger melde,"
sagte der Sozi. „Ich wer' dene Franzose-
brieder emal zeige, was Aldfrankforder Schmiss'
sin!"
„Du?!" meinte der Fritz verächtlich. „Du
nnt beim Allerweltsbauch! Du bräuchst ja
en ganze Schitzegrawe for Dich allaans!"
„Euch liwerale Hungerleider freilich kann
mer in der Westetasch mitnemme!" gab's ihm
der Gustav zurück.
„Geht des vielleicht uff mei' Schweinsfieß'?"
schrie der Fritz erregt unb hieb mit der Faust
auf den Tisch. „Du roter Giftnickel! Ictz is
Schluß mit dene Revoluzzer-Sprich, jetz —"
„Awwer Ruhe, meune Herrn!" legte sich
Schorsch wieder ins Mittel. „Iwwerlege mer
uns liewer, wie mer dene Sauruffe 's Fell
verkloppe!"
lind er begann seinen Kriegsplan zu ent-
wickeln. Direkt auf Moskau müsse man los-
marschieren. Gleichzeitig müsse ein Armeekorps
von Petersburg aus, und ein anderes von der
Krim den Russen in den Rücken fallen, und —
„Umgehe'?!" lachte der Fritz. „Da guckt mersch
Widder: immer hinne 'erum, so sin se, die schwarze
Heimticker! Grad so mache se 's aach im
Reichstag!"
„Was mache mer? Wie mache mersch?"
brüllte plötzlich der Schorsch. „Noch e Wort unn
ich Haag derr aans uff dein freisinnige Zellerie-
kopp! Ich gebb derr e rechtsliwerale Ohrfeig' uff
die rechte Back', unn e linksliwerale uff die linke
Back', daß de —"
„Willstde gleich Fridde halte, schwarz' Kar-
nickel " mischte sich der Gustav ein. „Unn du
liweraler Dickkopp zahlst en Schoppe Buße!"
„Zahle'? Ich? Dein vaterlandslose Bauch soll
ich mäste?" schrie der Fritz und wurde ganz rot
vor Wut. „Mensch, wann ich die Ortskranken-
kaff' net schone wollt', ich dhät —"
„Awwer, meune Herrn, —"
„Halt's Maul, Jesuit! Immer wolle se ver-
mittele, die Schwarze, des is ihr Haaptgeschäft l
Awwer mer kennt Euch! Ich rat' bersch, Fritz,
zieh dich hinner bei’ Schweinsfieß zurück, odder —“
„Was is ,odder°?" Der Schorsch bebte am
ganzen Leib. „Du liweraler Schleechtschwätzer! Du
Bassermannsche Gestalt!"
„Geschäftskatholik!!"
Das war zu viel. Der Schorsch erhob den
einen, erst halb abgenagten Schweinsfuß zunr
Wurf, — und auf Fritzens neuenr Kragen platzte
das erste Schrapnell.
Im selben Augenblick hatte der Sozi seinen
Handkäs flach auf die Hand gelegt und schlug da-