rufUfcbe Dolch
55on Moritz 'König
Sin Freund, der Rußland jahrelang bereiste,
brachte ihn voriges Jahr mit und schenkte nur >hn:
„Sin Dolch — als Papiermesser natürlich zu
verrnendeu — aus echtem Uraleisen. Huben ou
schon vom russischen Ural-Eisen gehört? EMary
das stärkste, was es gibt. Direkt unverwustucy.
Ich nahm den Dolch und beiuitzte ihnl a -
Papiermesser. Sin schwarzgraues Dmg. ma,,w
nicht scharfgeschliffen. Ja, wenn ma h s
schleifen würde. Ich muß sagen, da,; ich ehr
nervös bin — Zwangsangstvorstellungen i ii
mich Nachts vor Einbrechern fruchtete merk-
würdigerweise, ohne mich anders als m b er Hel-
denvote seben Seit dem russischen Dolche da
warDch ganz anders. Ich schlief gut. Hatte ,ch
doch die Waffe zu Hause! L.ebevoll suhlte ich
die Kälte des Uralstahles an den Fingern wem,
idi beim Schreibe» saß und manchmal stieß ul,
in die Luft oder machte, wie wenn ich Mir den
Hals abschneiden wollte. Wer mich kennt, weiß
midi, daß jeder meiner Bekannten bald von dem
russischen Prad>tdold,e aus echtem Uraleisen erfuhr.
Im Kaffeehause sagten schon bösartige Freunde,
wenn jemand von mir sprad,: „Ah, der mit dem
ed,t russischen Dolch?" Sogar meine Frau war
schon stolz auf das kleine Juwel und sie erzählte
überall davon. Fremde Damen kamen, mid) zu
besuchen und den Dold, aus Uraleisen zu sehen.
Ein Steuerkommissär, der inid, vergeblich pfänden
wollte, sagte scheinbar absichtslos, »ad; einem Blick
auf meinen Schreibtisch: „Ah, das ist der echt-
russische Dold,."
So ging es bis zur Vorwoche. Da war id>
einmal ganz allein und der Teufel ritt mich, daß
id, bod, erproben wollte, wie stark der Dold, sei.
August der Starke, hätte er ihn vielleid,t doch
gebogen?
Ich nahm den Dolch in beide Hände und
versuchte ihn — id, bin alles, nur uidst stark —
Theo Waidensclilager
Stoßseufzer
„Ta gibt's halt Bouillon-, Kakao- und Suppenwürfel,
bloß koa Bierwürfel gibt's net!"
zu biegen. Lächerlich, den starken Uralstahl! Nidst
ein Bischen strengte id, mich an, hielt ihn förmlich
nur an den Enden fest . . . Und ganz leise,
bröckelnd, brad, mir der Dold, sofort in der Mitte
auseinander. Mit grauer Bruchstelle, kläglid, lag
er da. Und war dod, ed,l russischer Uralstahl
gewesen, eine von mir selbst gefürdstete Waffe.
Ei, wie hätte id, ausgesehen, wenn während
des Jahres Räuber gekommen wären. Stärkster
russischer Uralstahl und mein Freund war wirklich
dort und Lügen ist nidst seine Sad,e.
Ich halte den Fall geheim. Man hätte ja
dod, nie geglaubt, daß der „edste Uralstahl," der
russische Dold, nur ein bröckliges Schwindelzeug
sei, das ein Jahr lang nur von meiner Gnade
gelebt hatte.
*
Eilt neuer deutscher Spionenrrick
Aus London wird gemeldet, daß Lord Lonsdale
eine Zigarre, dis ihm Kaiser Wilhelm einst anbot,
zugunsten des Roten Kreuzes versteigern ließ. Sin
Schlächter in Henley erstand die Zigarre für
800 Mark und stellte sie, stolz über seine Erwer-
bung, ins Schaufenster, wo sie jetzt täglid, von
Hunderten ehrfurdstsvoll angestaunt wird.
Wie wir von unserem Londoner Geheimkor-
respondenten erfahren, handelt es sich hierbei um
nichts anderes als einen von deutschen Spionen
organisierten Angriff auf das englische
Nationalvermögen. Der genannte Lord
Lonsdale ist in Wahrheit ein deutsd,er Kellner
namens Mayer, der nod, niemals von Kaiser
Wilhelm eine Zigarre erhalten hat. Die Zigarre,
die dem unglücklid,en Sdstächter in Henley für
800 Mark angedreht worden ist, ist eine hunds-
gemeine Sechserzigarre. Mit einer Million dieser
Giftnudeln ist durch das „Deutsche Zentralspionage-
büro" in London das ganze vereinigte Königreid,
bereits übersd,wemmt worden. Mehr als eine
halbe Million ist schon zu Preisen, die zwisd,en
800 und 1000 Mark schwanken, abgesetzt. Jeder
Zigarre wird ein kunstvoll ausgeführtes Diplom
beigelegt mit der Inschrift „Lresented by His
Majesty the Kaiser.“ Im Vertrauen auf die
Größe des englisd,en Spleens hofft das „Deutsche
Zentralspionagebüro", »ad, und nad, das gesamte
englische Nationalvermögen nad, Deutsdstand ab-
schieben zu können. Das Erscheinen der deutsdien
Flotte vor Hartlepool und Scarborough hatte
sicherem Vernehmen nach den Zweck, die erste
Rate abzuholen. Hoffentlid, merken die Engländer
nidstS. Franzc au« Bel'iiu
XJei etwalffen liesteirungen bittet man auf die Münchner „J UUj;> U“ üezm* zu nehmen.
55on Moritz 'König
Sin Freund, der Rußland jahrelang bereiste,
brachte ihn voriges Jahr mit und schenkte nur >hn:
„Sin Dolch — als Papiermesser natürlich zu
verrnendeu — aus echtem Uraleisen. Huben ou
schon vom russischen Ural-Eisen gehört? EMary
das stärkste, was es gibt. Direkt unverwustucy.
Ich nahm den Dolch und beiuitzte ihnl a -
Papiermesser. Sin schwarzgraues Dmg. ma,,w
nicht scharfgeschliffen. Ja, wenn ma h s
schleifen würde. Ich muß sagen, da,; ich ehr
nervös bin — Zwangsangstvorstellungen i ii
mich Nachts vor Einbrechern fruchtete merk-
würdigerweise, ohne mich anders als m b er Hel-
denvote seben Seit dem russischen Dolche da
warDch ganz anders. Ich schlief gut. Hatte ,ch
doch die Waffe zu Hause! L.ebevoll suhlte ich
die Kälte des Uralstahles an den Fingern wem,
idi beim Schreibe» saß und manchmal stieß ul,
in die Luft oder machte, wie wenn ich Mir den
Hals abschneiden wollte. Wer mich kennt, weiß
midi, daß jeder meiner Bekannten bald von dem
russischen Prad>tdold,e aus echtem Uraleisen erfuhr.
Im Kaffeehause sagten schon bösartige Freunde,
wenn jemand von mir sprad,: „Ah, der mit dem
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schon stolz auf das kleine Juwel und sie erzählte
überall davon. Fremde Damen kamen, mid) zu
besuchen und den Dold, aus Uraleisen zu sehen.
Ein Steuerkommissär, der inid, vergeblich pfänden
wollte, sagte scheinbar absichtslos, »ad; einem Blick
auf meinen Schreibtisch: „Ah, das ist der echt-
russische Dold,."
So ging es bis zur Vorwoche. Da war id>
einmal ganz allein und der Teufel ritt mich, daß
id, bod, erproben wollte, wie stark der Dold, sei.
August der Starke, hätte er ihn vielleid,t doch
gebogen?
Ich nahm den Dolch in beide Hände und
versuchte ihn — id, bin alles, nur uidst stark —
Theo Waidensclilager
Stoßseufzer
„Ta gibt's halt Bouillon-, Kakao- und Suppenwürfel,
bloß koa Bierwürfel gibt's net!"
zu biegen. Lächerlich, den starken Uralstahl! Nidst
ein Bischen strengte id, mich an, hielt ihn förmlich
nur an den Enden fest . . . Und ganz leise,
bröckelnd, brad, mir der Dold, sofort in der Mitte
auseinander. Mit grauer Bruchstelle, kläglid, lag
er da. Und war dod, ed,l russischer Uralstahl
gewesen, eine von mir selbst gefürdstete Waffe.
Ei, wie hätte id, ausgesehen, wenn während
des Jahres Räuber gekommen wären. Stärkster
russischer Uralstahl und mein Freund war wirklich
dort und Lügen ist nidst seine Sad,e.
Ich halte den Fall geheim. Man hätte ja
dod, nie geglaubt, daß der „edste Uralstahl," der
russische Dold, nur ein bröckliges Schwindelzeug
sei, das ein Jahr lang nur von meiner Gnade
gelebt hatte.
*
Eilt neuer deutscher Spionenrrick
Aus London wird gemeldet, daß Lord Lonsdale
eine Zigarre, dis ihm Kaiser Wilhelm einst anbot,
zugunsten des Roten Kreuzes versteigern ließ. Sin
Schlächter in Henley erstand die Zigarre für
800 Mark und stellte sie, stolz über seine Erwer-
bung, ins Schaufenster, wo sie jetzt täglid, von
Hunderten ehrfurdstsvoll angestaunt wird.
Wie wir von unserem Londoner Geheimkor-
respondenten erfahren, handelt es sich hierbei um
nichts anderes als einen von deutschen Spionen
organisierten Angriff auf das englische
Nationalvermögen. Der genannte Lord
Lonsdale ist in Wahrheit ein deutsd,er Kellner
namens Mayer, der nod, niemals von Kaiser
Wilhelm eine Zigarre erhalten hat. Die Zigarre,
die dem unglücklid,en Sdstächter in Henley für
800 Mark angedreht worden ist, ist eine hunds-
gemeine Sechserzigarre. Mit einer Million dieser
Giftnudeln ist durch das „Deutsche Zentralspionage-
büro" in London das ganze vereinigte Königreid,
bereits übersd,wemmt worden. Mehr als eine
halbe Million ist schon zu Preisen, die zwisd,en
800 und 1000 Mark schwanken, abgesetzt. Jeder
Zigarre wird ein kunstvoll ausgeführtes Diplom
beigelegt mit der Inschrift „Lresented by His
Majesty the Kaiser.“ Im Vertrauen auf die
Größe des englisd,en Spleens hofft das „Deutsche
Zentralspionagebüro", »ad, und nad, das gesamte
englische Nationalvermögen nad, Deutsdstand ab-
schieben zu können. Das Erscheinen der deutsdien
Flotte vor Hartlepool und Scarborough hatte
sicherem Vernehmen nach den Zweck, die erste
Rate abzuholen. Hoffentlid, merken die Engländer
nidstS. Franzc au« Bel'iiu
XJei etwalffen liesteirungen bittet man auf die Münchner „J UUj;> U“ üezm* zu nehmen.