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Om Schulhaus sitzt Kantor Hesselbacher beim
Lampenlicht, den Kopf auf die Fäuste gepflanzt,
blickt in die alte Bibel und liest und liest:

„Dein Sohn Johannes wird auf einem Throne
sterben." Und seine müden Schulmeisteraugen
lächeln und die Zeilen über seinen Johannes
lächeln mit.

Eines Abends kommt die schläfrige Kleinstadt-
zeitung ganz aufgeregt und ängstlich ins Dorf.

Und sie redet so ahnungsvoll von, Krieg.

Oa, vom Krieg.

Und am andern Tage kommt ein roter Zettel
ins Dorf.

Wie der Teufel so rot steht er aus.

Und er klebt an der Schulhaustür.

Und nun schreit der Zettel, daß das ganze
Dorf zitiert:

„Krieg!"

II'*1 b'

Und wie der Zettel schreit, da bleibt das lustige
Karussel auf dem Schützenplatze stehen.

Und der Harlekin, in der Kasperbude, springt
mit einem großen, erschreckten Sprung in seinen
dunklen Kasten und läßt sich nicht mehr sehen.
Und die Glocken schreien.

Kr — ic — g!

zittern.



Zürnen, die in bunten Gassen aus

nits!el5n flc^en> schauern zusammen,
ijnö die Glocken schreien immer mehr.

Und der alte, graue Seifert-Wilhelm, der den
iebziger-Krieg mitgemacht hat, sieht sich den
lächelt fd) "nmen Zettel an, ballt die Faust und

Und der Dorfgciger sieht sich den Zettel an.

Und er geht ganz gebückt und traurig davon
und denkt: „Die Kirmestänze, die ich im Winter so
flott geübt habe, wer weiß, wo ich die spielen werde."

Und er drückt die Geige so fest wie eine
Geliebte an seine Brust.

Und der Kantor Gotthold Hesselbacher, in,
Zylinderhut, schwarzen Gehrock und Regenschirm,
sieht sich den Zettel an.

Und nun weiß er's.

Und sein Baterherz lacht und weint. Sein
Baterherz jubelt und schreit.

Mein Oohannes! —

Einen Thron! —

O, mein Oohannes! —

Und die kleine Christine, das Gänsemädchen,
konnnt mit ihrer schnatternden Schar die Dorf-
straße entlang.
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