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tafdje^ CV ^ie Puppe in seine rechte Hosen-

Aber die Pnppe ist so groß, das; der weizen-
vlonde Zottelkopf noch unterm Waffenrock her-
vorwippt.

Seine Gedanken wandern
schwalben.

mit den Dors-

Da kriecht's aus dem Dunkel.

Auf dem Bauche kriecht's.

Ein Sprung, ein wilder, fester Sprung, ein
Dolchstoß!

. Unb vornüber, in der Sommernacht, fällt mit
«wem kurzen Schrei der Schuljohannes.

. , Dann kriecht der Franktireur, der Hund, der
leige Hund, zurück in die Nacht! — — — —

Die Nachtigall singt immer, immer schöner.

An: andern Morgen, ganz in der Früh, komnit
das kleine, belgische Komtehchen.

Sie lacht, als sie den deutschen Soldaten auf
der Nase liegen sieht.

Sie denkt an Spätze.

Sie ruft ihn.

Der Schuljohannes gibt keine Antwort.

Sie schreit ihn an.

Sie zieht ihn an den Ohren.

Aber er wackelt nur mit dem Kopfe und sagt
ganz leise:

„Latz mich schlafen!" .

Nun läuft sie zurück ins Schlotz und wem
laut.

Und die Kameraden tragen ihn ins Schloß.
Und weil das ganze Schlotz voll Verwundeter
liegt, schließt der Hanptmcmn den kleinen ^hron-
faal auf.

Die Kameraden wickeln den Schuljohannes
in den Purpurteppich und legen ihn auf den
Thron.

Durch die bunten Saalfenster fällt Helles,
warvies Sommerlicht und verklärt das oleicye
Schuljohannesgesicht.

Am Abend begraben sie ihn.

Und weil er doch ein so lustiger, wilder Ge-
selle gewesen ist, spricht der Hauptmann ein ganz
kurzes Gebet.

Aus den Hügel pflanzen sie ein Kreuz und
hängen den Wafsenrock daran und die
Mütze und den Säbel.

Und Nachts liegen lange die Sterne
auf dem Schuljohannesgrab.

Es ist Herbst geworden.

Boii lohenden Geranien brennt in
einem deutschen Dorf das Schulhaus.

Im Abendlicht bringt der alte
Schäfer aus der Stadt die Zeitung und
trägt sie zum Kantor Hesselbacher.

Die Zeitung sieht den Kantor ganz
traurig an und sagt:

„Fürs Vaterland starb Johannes
Hesfelbachcr."

Und sie erzählt weinend und ver-
klärt wie der Schuljohannes gefallen ist.

Schluchzend legt sich der graue
Kantorkopf auf das Zeitungsblatt.

Drautzen regnet es.

Die Tropfen fallen wie ein wilder,
dunkler Trommelschlag aus das Schul-
hausdach.

Aus der Bibel, die auf der Koni-
mode liegt, klingt’© wie Weinen:

„Dein Sohn Johannes wird auf
einem Throne sterben."

Und es regnet und regnet uiid regnet
immer niehr.

Greffen bei Tlirey am n. Dezember

Tuts mir den Fahner schwenken
Auf rundum Gloria!

Zur Rechten und zur Denken
Tuts mir den Fahner schwenken,

Der Sieg, und der ist da.

Wir Habens zugehauen
Als wie die alten Schmied,

Viele Tote tat mans schauen,

So Hains mir zugehauen,

Und ist noch keiner müd.

Ist noch in einem Graben
Ein Wulewuh darin?

Wir müssens alle haben,

Wenn noch in einem Graben
Die roten Hosen sin.

Dann tuts den Fahner schwenken
Auf rundum Gloria!

Zur Rechten und zur Denken
Tuts mir den Fahner schwenken,

Der Sieg, und der ist da!

Georg «Uueri (Queuleu)

Die „Jugend" im Felde

Vlele unserer künstlerischen und literarischen
Mitarbeiter kämpfen in den Reihen der verbündeten
Armeen. Wir veröffentlichen heute einen ihrer Briefe
an die „Jugend". Er stammt von dem Zeichner
G. Pf., der als Kriegsfreiwilliger bei einem
bayrischen Reserve-Fußartillerie-Bataillon eintrat.

Donnerstag....

Ich möchte Ihnen in diesem Briefe einen

näheren Bericht senden.

Ls ist morgens 5 Uhr. Wir liegen zu acht
Mann in unserem Zelt. Im Stroh vergraben,
mit Decken umwickelt. Ulan schläft ganz gut.
„Raus!" Unser Fernsprech-Unteroffizier steht

vor dem Zelt.

„Was ist los?"

„wir müssen heute noch vor Tagesanbruch
zum Schützengraben vor."

Also raus! Wir sind bald fertig. Ls ist stock-
dunkel. Dorn treffen wir noch drei Mann. Lin
kurzer Ulorgengrutz und schweigend geht es los.

Zeder ist noch halb verschlafen und zu sehr mit
sich selber beschäftigt, um schon eine Unterhaltung
anzufangen. Außerdem muß jeder auf den Weg
achten. Der Dreck geht oft bis au die Knöchel.

Da ist wieder so ein verstuchtes Granatloch. Ulan
gleitet und rutscht vorsichtig einer hinter dem
anderen vorwärts. Zigarette und pfeife wird an-
gesteckt. Endlich kommen wir auf die Landstraße.

Auf der Seite stehen Munitionskolonnen. Alles
ist vollkommen ruhig. In (D. sind schon die Feld-
küchen angekommen. Die Infanteristen stehen in
Haufen um jeden Wagen, um sich ihre warme
Suppe zu holen, hier fühlen sie sich sicher. Die
„Goulasch- Kanonen" kommen mir oft vor, wie

eine Henne mit ihren Küken.

Bei der Batterie angelangt, holen wir uns
noch einen Lrsatzmann. Dann geht cs weiter
immer dem Draht nach. Rechts von uns ein
dunkler Wald, hie und da pfeifen Gewehrkugeln
um die Schädel, wir sind cs jetzt schon gewohnt.
Rur die versiuchte Dunkelheit, plötzlich saust hinter
der dunklen Waldecke vor uns ein Lichtstrahl auf.
Blitzschnell huscht er über die Felder vor uns.
Bleibt einen Moment ruhig, um dann wieder zu
verschwinden. Die Kerls drüben arbeiten wieder
mit ihrem Scheinwerfer. Wir kommen nach W.
.Das Nest ist ein einziger Trümmerhaufen. In
der Dunkelheit sieht das Ganze noch trauriger und
düsterer ans, als am Tage. Auf der Straße liegen
die Trümmer, Wohnnugsgegenstände, dazwischen
Menschenleichen und Tierkadaver. Der Feind liegt
gleich am anderen Lnde des Dorfes. Gewehr-
kugeln pfeifen und springen mit Hellem Klang
gegen die Trümmer. Wir kommen zu unserem
Beobachtungsstand. Divisionsbefehl. Ein Gffizier-
stellvcrtrcter muß mit zwei Mann in den vorderen
Infanteriegraben als Beobachter. M. und ich
melden uns. Wir müssen noch fünfhundert Meter
vor. Lin Infanterist führt uns. Ich trage den
Lautsprecher. An einigen Häusern vorbei, eine
zerschossene Treppe runter, und wir befinden uns
auf einer Straße, die zur Kapellerie führt. Die
letztere ist zwei Tage vorher von unserer Infanterie
nach furchtbaren Kämpfen genommen worden.
Der Infanterist ruft uns leise zu: „Decken!" Er
springt rechts in den Graben, wir anderen ver-
suchen es auch. Donnerwetter, in dem Schlamm

* --'i- ' " r . rttfM

Fremdenverkehr

„Oh, mon camerade, nous avons tant de soif!“

„Ja Herrgott, jetzt schaugts dö Bazi o, jetzt Panis scho heraus

wann ozapft werd'l"

suchen es auch, vonnerwrarr, ... .

komme ich mit den: schweren Lautsprecher nicht
weit. M. mit dem Kabel auf dem Rücken bleibt
gleich auf der Straße. Ich krieche wieder
auf die Straße. Ls pfeift und singt uns
entgegen, vor uns, vielleicht dreihundert
Meter, liegt der Gegner in den Schützen-
gräben und kann die ganze Straße be-
streichen. Geduckt im Laufschritt geht
es vor. Liuks und rechts liegen tote
Deutsche und Franzosen. Sehen tut
man fast nichts.

Endlich kommen wir au ein zer-
schossenes Häuschen. Wir legen die
Leitung durch und hinter dem Hause
geht cs gleich in den Laufgraben. Ich.
bin Letzter. In dem engen Graben
komuie ich mit dein Lautsprecher in der
rechten Hand, Karabiner in der Linken
nur ganz langsam vorwärts. Plötzlich
halt! vor mir liegen Infanteristen ge-
duckt einer neben dem anderen. „Laßt
mich durch!" „Geht nickst! hier liegt
eine ganze Kompanie!" Im Moment
bin ich oben auf dem Graben. M. kommt
mir entgegen. Wir laufen eine Strecke
im blödsinnigen Gewehrfeuer oberhalb
des Grabens, um später wieder reinzu-
springen. Der Major der Infanterie
hat uns einen Platz angewiesen. Die
Leitung geht natürlich nicht. M. saust
zurück. Ich sehe mich vorsichtig um.
Alle Gräben besetzt von Infanterie. Fast
alles ältere Leute. Mein Nebenmann
erzählt mir, daß um sieben Uhr der
Sturm angesetzt ist. vor uns, vielleicht
»>>r Seile 291

M. Feldbauer

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Register
G. Pf.: Die "Jugend" im Felde
Georg Queri: Treffen bei Fliry am 11. Dezember
Max Feldbauer: Fremdenverkehr
 
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