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'Marren lernen!

Etehen ein Paar an der Straßenecke,

^esen den amtlichen Kriegsbericht
Und ein dicker Philister spricht:

" b geht halt verteufelt langsam

vom Flecke.

Schützengraben um Schützengraben
Nimmt man ja freilich da und dort,

Führt ein paar hundert Gefangene fort
Nber wir müßten Erfolge haben,

Daß das Ausland erkennt mit Zittern:

Deutschland ist nimmermehr zu erschüttern
Daran fehlt'sl £jat die Führung Schuld?
jedenfalls fordern sie viel Geduld!"

Fährt einer drein in Hellem Grimme,

Ein junger Soldat im grauen Rock,

Der mühsam humpelt an seinem Stock
Und dein vor Ärger schier bricht die Stimme:

„Geht's euch zu langsam da herinnen?
jhr spürt halt zu wenig von Urieg und Not.
Sollten zum Frühstück und Abendbrot
Täglich euch wohl eine Schlacht gewinnen,

Daß euch's am Stammtisch besser schmeckt?
Wenn ihr die Uöpfe zusammensteckt,
Uannegießernd von Sieg und von Beute,
Möchtet ihr prahlen: ,ja, wir sind halt Leute!
Ureuzdonnerwetter! Wir lassen nicht locker!‘
Wüßtet ihr nur, ihr Mfenhocker,

XIXtt rt^r\fi>vn imh 1TUU

>;rei ti|r nur, tqr wRfiuivm;».»

«tu wie viel Vpfern und Mühen und Vualen
Wir die ,Uleinigkeiten° bezahlen,

Die ihr da lest mit saucriu Gesicht,

Maulend und nörgelnd: Recht viel sei's nicht!
Fußbreit um Fußbreit heißt's bis zu den Unöchel»
Schreiten im Blute und Todesröcheln,

Macht eine böse Musik dabei,

Nicht immer jubelnder Burraschreil
Büngern und Dursten heißt's auch mitunter —
Nachts halten uns die Granaten munter,

Wenn wir, in fenchtkalte Löcher vergraben,

Mal eine Stunde zu rasten haben!
jede Minute gebiert unsrer Schar
Andere Leiden und andre Gefahr,
jede Minute rinnt rotes Blut —

Rber mit eisernem Heldenmut
Barren sic aus im deutschen bseere,

Wissen kaum selbst ihrer Vpfer Schwere,

Wühlen sich weiter, Schritt für Schritt,

Stündlich gefaßt auf der Sense Schnitt!

Warten in solchen Tagen und Nächten,

Merkt euch's, ist härter als Stürmen und Fechten —

just das gewaltigste Beldentnm

Erntet da wenig von schallendem Ruhm!

Vst wär' uns lieber das tollkühnste Wagen
Müssen aber das Warten ertragen . ..
ct,ragt es nur auch, da ihr nicht versteht,

Daß die Sache „so lang sa m" geht,

Daß sie nicht Tausende kostbarer Leben
Merkt euch's: ein Ejclb ist dort jeder Mann!
Nutzlos dem Spießer zum Vpfer geben,

Der auf das Ende nicht warten kann!"

Spricht's und humpelt jo weiter . . verdrossen,
Sieht tnan den Dicken, init Rot übergossen,

Sacht um die Ecke nach Pause schlürfen. ^ ^

Brummend: Man wird doch noch reden dürfen.

frit; v. Ostini

Grandeboucbe’s „flug“-Blatt

ist auch tatsächlich bei den Deutschen angelrommen;
sie lautet wortwörtlich:

An die liebe deutsche Soldates!

Mach Sie Schlus mit Geschieh, werf Sie weg
Eure Kanones, schmeiß Sic weg Eure Bertha!

Ihr gewerdet belügt von Eure Vorsitzenden, von
Eure Feldmarschülles!! Glaubt mich: Deutsch -
laut is aus! Ostseehäfen Hamburg, Kiel, Lloyd,
Magdenburg von Engländers besaßt. Westsce-
häfen Schwabing, Marburg blockiert. Insel
Helgoland von Überdreadnought in Schlepptau
genehmt, nach Mittelmeer verschleppt. Herzog
von Preußen, Kaiser von Reuß neuere Linie in
indisches Fangenschaft gerattet. Rufs seit Mo-
nate in Berlinograd, Nikolajewitsch Sultan von
Köpenick. Triumphziege. Gehungerte Not in
deutsche Reichsadler: kein Weihwurstknödel in
Potsdam, kein Eisbein in München. Große un-
ruhige Unruhen in süddeutsche Hauptstadt Odessa!
Reickskansler bei Versuch, itnch Amerika zu ent-
schwimmcn, auf Mine geflößt. Ergebt Eitch!

In die Fangenschaft bei uns Ihr Kriegen zu
freß, zu sauf, zu wolldcck, soviel Ihr wollen!
Jede Soldat villa für sich, Krieg Menschenfresser
zu stiefelputz, Krieg Ehrenlegion, Krieg eine Dame
(oh, ßöne Dam, junges Dam!), von Feldwebler
aufwürs zwei! Wir nickt grausam wie Ihr und
bind Gefangte vor Goulaschkanons um zu erschieß
mit Goulasch! Seid kluk, deutschen Soldais, weg-
schmeiß eklige Bajonett, dumme Zeppelins, kommt

zu uns!

Diese Einladungsschriftstuck, mein libe deutsch
Soldates, nicht etwa is geschreibt von eine fran-
sösicke Fransos, ok non, is geschreibt worten-
wörterlich von eine gefangte deutsche Oberinnjor-
vize. Hört auf ihn, sonst verlort! Gestern neu
geländert in Havre 500000 Turkos, in Mar-
seille drei Millions Azteken, in Toulon 934000
Mumien, in Calais zwei Engländer! Nehmt Per-
nunften an, deutschen Kamerads, kommt, wir er-
wart Euch mit erhobene Arme! Viele Kuß!

Monsieur Grandebouche verspricht sich von
diesem Flugblatt einen ttngeheuren Erfolg. Kennt
er doch die deutsche Volksseele ebenso gut, wie
die deutsche Sprache!

Kartellen

Hilfe! Hilfe!

Die heißen Bemühungen der französisch-eng-
lisch-russifchcn Kulturwächter, die Japaner zur Ent-
sendung eines Hilfskorps zu bewegen, sind bei
den schlauen Schlitzäugigen bisher auf verstopfte
Ohren gestoßen. Selbst die als Köder hinge-
worfenen Kompensationen haben nicht vermocht,
die vorsichtigen Gelben aus ihrer kühl beobach-
tenden Reserve hcrauszulocken. In ihrer Not
haben sich die edlen Verbündeten nun entschlossen,
bei anderen kriegstüchtigen Völkerschaften, soweit
diese noch nicht am Kriege beteiligt sind, nnzu-
fragen, ob sie sich für eigene Rechnung und Ge-
fahr an der Vernichtung des Varbarenstaates
Deutschland beteiligen wollen. Die Rundfrage hat
ergeben, daß noch eine ganze Anzahl von exoti-
schen Völkerschaften bereit ist, sich für enisprechende
Gegenleistungen in den Kampf für Englands und
Frankreichs heiligste Güter zu stürzen. Aus der
diplomatischen Korrespondenz, die zwischen den
p. p. Staatsoberhäuptern gepflogen worden ist,
können wir Dank der Tätigkeit unseres in Paris
noch nicht verhafteten Geheimmitarbeiters einiges
mitteilen. So schreibt der Häuptling Nasoneple
Ite, genannt „Die knirschende Kinnlade", aus dem
dunkelsten Zentralafrika Folgendes: „Komme so-
fort mit fünfzig Mann und komfortabler Mcn-
schensresser-Feldkücheneinrichtung. Zahle die höch-
sten Preise für gut genährte Gefangene. Falls
solche nicht vorhanden, fresse auch Freunde. Aus-
genommen Engländer, da unverdaulich." Der
Obereskimo Nuwatriskierick schreibt: „Bekenne
mich zum Empfang Ihres Geehrten vom sound-
sovielten und bin gern bereit, Ihnen zu helfen.
Die Würde eines „Selbstbeherrschers aller Eis-
bären und Königs vom Nordpol" nehme ich dan-
kend an unter der Bedingung, daß England nicht
das Protektorat über das neu zu errichtende
Königreich übernimmt." Sicherem Vernehmen
nach hat sich auch der berühmte Häuptling Ete-
pctete, der nicht weniger als 300 Götzenbilder in
seinem Salon stehen hat und der keinen Mis-
sionar ungefressen aus seinem Kraal herausläßt,
bereit erklärt, in uneigennützigster Weise Frankreich
beizustehen. Sein denkwürdiges Schreiben schließt
mit den Worten: „Nur die Entrüstung über die
Beschießung der Kathedrale von Reims drückt
mir ben vergifteten Wurfspieß in die Hand. Nie-
der mit Deutschland! Vlvs la civilisation!“
Franze au« Iterlin

Jm Kabinett von 6rey

Churchill: „Dänemark protestiert gegen das

Anhalten seiner Schiffe."

Grcy: „Macht nichts."

Churchill: „Schweden beschwert sich über die
Ausdehnung des Begriffs Kontrebande."

Grcy „Mag es sich beschweren "

Cyurchill: „Norwegen verlangt freie Fahrt

für die neutralen Schiffe."

Grcy: „Läßt mich kalt."

Churchill: „Ilalieit erblickt in der Behand-
lung feiner Schiffe eine Unsreundlichkeit."

Grcy: „Nun und wenn schon?"

Churchill: „Die Bereinigten Staaten droheil

mit Gegenmaßregeln."

Grcy: „Mir schnuppe."

Churchill: „Sie verlangen, daß mir ihnen
den durch die Festhaltung ihrer Schiffe entstan-
denen Schaden bezahlen."

Grcy (aufspringend): „Um Gotteswillen, be-
zahlen? Die Note soll sofort entgegenkommend
beantwortet werden. Bon unserm teuren Vater-
land muß das Entsetzlichste abgewendet werden,
— das Bezahlen!"

I’rido

Weltpolitik

R. Rost.

Monsieur Grandebouche hat es sich nicht ver-
Alen Können, auch einmal einen Flugapparat zu
ve>teigen, um eine Menge „Proklamationen an
' Deutschen" herunterflattern zu lassen. Eine

„...Also mit dö Rufs'» iS' so: da iniias, »,a jcip
schang'n, wind mit Seite nausgeht — nachat sag i,
fiinnitS ganz drauf o, maS mit dö Frau os n iS —
und wann »'Engländer eahncrnc Prügl fanga ..

— „No, und dö Japanes rll“ — „Sei nur stad,
Hochwürden, - dö kriag'n ma bei'» Nachrasiern."

Ernste Scherzfrage

„Was ist der Unterschied zwischen dem Drei-
bund und der Ehe?"

„Beim Dreibund weiß man bestimmt, daß es
nur zwei sind."
Register
[nicht signierter Beitrag]: Ernste Scherzfrage
Karlchen: Grandebouches "Flug"-Blatt
Frido: Im Kabinett von Grey
Richard Rost: Weltpolitik
Franze aus Berlin: Hilfe! Hilfe!
Fritz Frh. v. Ostini: Warten lernen!
 
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