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licd vom Ämä

Run fd)laft, ihr lieben Rinder, ein,
tobt ein bö!er CUittd herein,

^on Aasten oder Ollen.

^ie wild er leine 5!ügel hebt!

0aß unlre ganre Ztube bebt,

Oie Türe in den ?lolten.

fr kommt wohl weit aus Rußland her,
vielleicht oon England übers Meer,

^luch oon brabant und Flandern,
fr lährt um jedes deutsche l)aus,

And muh ruleht doch weit hinaus
andre Länder wandern.

Oer Wind kann mit den Wolken gehn,
And niemand lagt ihm: bleib hier ltehn,
And niemand kann ihn lallen,
bonlt aber wird aus Rußland her,

^on Frankreich, oder übers Meer,

Rein Seind ins Land gelallen.

Will Vesper

*

vre Tmnsoläalen-InVLNon

Der „Manchester Guardian", das führende
Blatt der großen Industriestadt Manches er,
die Entdeckung gemacht, daß auch diesrnal zu
Weihnachten die deutschen Spielwaren in Eng a
ihren Platz behauptet haben und daß sogar deupa)
Zinnsoldaten (man denke: deutsche So neu
deutschen Uniformen!) mehr als je ge-
kauft worden sind. Diese Feststellung
hat im ganzen Königreich lodernde Em-
pörung ausgelöst. Im Unterhause rich-
tete der Abgeordnete Mac Dimanich de
Buxfull an den Kriegsminister folgende
Anfragen : Wie sind die deutschen Zinn-
soldaten nach England gekommen und
weshalb ist ihre Landung nicht verhin-
dert worden? Was gedenkt der Herr
Kriegsminister zu tun. um den geheilig-
ten Boden Englands von den feinblidjen
Heeren (!) zu säubern? Rechnet der
Herr Kriegsminister mit der Möglichkeit,
daß auch lebende deutsche Soldaten
nach England importiert werden können
und besteht ein Gesetz. das solche Einfuhr
verbietet? — Kitchener antwortete sicht-
lich betroffen, daß ihm die Anwesenheit
so vieler deutscher Zinnsoldaten noch
nicht bekannt gewesen sei. (Empörte Rufe:
Lotterwirtschaft! Tüchtiger Kriegsminister!

Her mit der allgemeinen Wehrpflicht!) Er
werde jedoch in drei Tagen ein Millio-
nenheer aus dem Boden stampfen, das
bcm Oberbefehl des Prinzen von
herüm ilbe1 bie deutschen Zinnsoldaten
men soll sämtlich gefangen neh-
wegen Bl" x ^ Freiwillige, die bereits
vorbestraftöon Spielwarenläden
aUö9eb\lbet , deshalb nicht niehr
ßch bereits brauchen, haben

Franktireurkrip^ Werner solle der
Jeder Hausvatev ^oklamiert werden,
seinem Haushalt ^"berechtigt, die in

orhandenen German S ä

soldiers einzuschmelzen oder sie an das zustän- Und jeden Tag. wenn die Stimme stieg,
dige Konzentrationslager abzuliefern. Eine In- Hüben und drüben das Feuer schwieg. —
vaston lebender deutscher Soldaten sei nicht

'"ehr zu befürchten wenn man in Deutschland erst Dann kam ein Freitag - ein böser Tag!
erfahren haben werde, von welch einem furchtbaren ^ J

Schicksal die deutschen Zinnsoldaten in Englaiid "uf lehmigem Griind jo niancher lag

betroffen worden sind.

l'ran/iC au« Berlin

Der Sänger

Deutsche Landwehr in erdigein Grau
Füllt Schützengraben und Höhlenbau.

Städter imb Bauer. Arm und Reich.
Soldatenrock macht alle gleich.

Hans Ulrich, Heldentenor, auch der
Trägt graues Tuch und geschwärztes Gewehr;
Wie die Andern nimmt er Franzosen aufs Korn,
Kaum sechzig Meter im Acker da vorn.

Doch einmal — der Venus heller Schimnier
Erblühte im West, und sie schossen noch immer —
Da kam eine alte Lilst ihn an,

Und er räuspert sich und spie und begann:

„O du mein holder Abendstern-"

Roch niemals sang er das Lied so gern.

Und der und der läßt ben Drücker in Ruh,

Und auch beiin Feiiide hören sie zu,

Bis über Freund und Feind allein
Das Lied hinzieht in den Abendschein. —

Mit blutiger Stirn. Die Reihe so dünn,

Und nun auch die letzte Patrone dahin?

„Verschossen.— verdammt!" Da sinken die Hände.
„Und stürmen die drüben, so sind wir am Ende!" —
Doch horch — eine Stimme — Hans Ulrich singt!
Wie ein schinnnernder Vogel ins Blau sich schwingt.

So schwebt der Gesang? — Und Lied folgt Lied.
Bis die Sonne erlöscht und die Nacht aufzieht,
Bis ein Dunkel fällt, da kein Sdiütze zielt —
Bis Verstärkung kam und den Graben hielt.

Carl Hagen-Tliüriiaii

RiTiho

Die „Times" führen aus, die englische Flotte
könne nicht so ohne weiteres zum Kampf gegen
die Deutschen gebraud)t werden, weil England
seine besten Schiffe nicht aufs Spiel setzen könne;
denn das Risiko sei wegen der deutschen Unter-
seeboote zu groß.

Sehr richtig! Bei einem solchen Geschäft ist
nichts zu verdienen, wie eine richtig kalkulierte
Bilanz ohne weiteres ergibt. Denn selbst wenn
die Spekulation einer Seeschlacht einen für Eng-
land günstigen Saldo ergibt, so kann es sich doch
auf seiner Kreditseite nichts als sogenannten Ruhm
gutschreiben; dem steht aber auf der Debetseite
ein erheblicher Posten an Geschäfts-
unkosten gegenüber, da infolge der un-
vermeidlichen Beschädigungen der teuren
Großkampfschiffe eine hohe Abschrei-
bung am Anschaffungswerte des In-
ventars erforderlich wird. Die Schluß-
bilanz würde also selbst bei günstiger
Konjunktur nicht gut ausfallen. Bei
Sd)lachten auf dem Lande ist das ge-
schäftliche Risiko nicht so groß, da hier
im wesentlichen nur Abschreibungen an
Menschenleben in Frage kommen, die
geschäftlich nicht so hoch zu Buch stehen.
Blut ist zwar dicker als Wasser, aber
Geld ist dicker als Blut.

Frido

„So, John, jetzt opfere
uglinge, Jahrgang J."

Der kleine Held

In der Familie eines arbeitslosen
Taglöhners geht es wieder einmal recht
knapp her; nicht einmal Brot ist im
k)aus, um sieben hungrige Mäuler zu
stillen. Da setzt der sechsjährige Franz!
den vom Christkind erhaltenen Helm auf,
gürtet seinen bolzsäbel um und mar-
schiert mit einem Hafen zur Milchfrau.

„was will denn der tapfere Krie-
ger?" fragt diese freundlich.

Da sagt der Franzl schneidig: „Brot
ick dir zu Liebe auch noch meine und Milli soll i reguiriern, weil

Die Opferdringende

A. Schinidhammer

ma sonst nix z' essen ham


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Index
[nicht signierter Beitrag]: Der kleine Held
Franze aus Berlin: Die Zinnsoldaten-Invasion
Carl Hagen-Thürnau: Der Sänger
Frido: Risiko
Will Vesper: Lied vom Wind
Arpad Schmidhammer: Die Opferbringende
 
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