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Krupp- Panzerplattenstahl

Heinrich Kley (München)

JTbcndlicd Im 5eld

Dun komm, du stille Nacht, herein,

Du Mondenlchein, du bternenlchein,

Umglänzt die finstre Lrde.

öon fern weht noch ein Wanderlied,

Wo eine 5char nad) Westen zieht,
Kanonen, Mann und Pferde.

l)eb ich den Kopf, so seh ich auch
öon 5eindesfeuern weihen Kauch
An weiter Lbne schweben.

Anmitten ist ein dunkler 8trich,

Da hat der Tod sein Keich für sich
Und zielt uns nach dem Leben.

Jht kleiner Hügel dunkler Keih

hängt lang mein Blick und flieht vorbei:

Zchlatt wohl, ihr Kameraden!

Lach Osten in die Weite geht

Mein Herz, bis es in Deutschland steht;

Ls schleicht auf Liebezpfaden.

Ach klopf an keiner Zrauen Tür.

Lin heiliger Degehren spür
Ach tief mein Herz durchzücken.

Du deutsches Land, Derg, Tal und Alu,

O könnt ich dich wie eine Zrau
An beide Alrme drücken!

Du schläfst — ich seh das weite Land
An Mondenhelle ausgespannt.

Da saht mich jäh Erschrecken!

Und westwärts heb ich mein Gewehr.

Dun schlaf es wacht dein heilig Heer.
Und niemand darf dich wecken!

Will Ueiper

Der neutrale Bobsleigh

Hochgebirgssonnenglut webt durch das ein-
same Hochtal.

Der Schnee begrub die höchsten Matten, um-
klammert die Gipfelhörner der Berge. Er füllt
alle Tiefen und Abgründe aus, verdeckt berg-
stürmende Spalten und berstende Wände. Uber
grausig öden Klüften liegt die weiße Last, und
zusammengewehte gewaltige Massen erdrücken
Haupt und Schultern des großen Berges mit
wilder Kraft.

Nicht ohne Verwegenheit, drohend und groß-
artig von Menschenhänden angelegt, in zäher,
trotziger Ausdauer entfesselten Schneemassen ab-
gezwungen und ihren Tücken in den Weg gestellt,
stürzt hier die Bobbahn, eine ausgeschaufelte, aus-
gebaute Schneeschlucht, wie eine glitzernde Schlange
von der Höhe herab.

Die Hosenbeine in ein Paar hohe, dicke Zagd-
stiefel gestopft, ohne Mantel und Hut, schreitet
der alte, wetterharte Bahnwart, wie alltäglich um
diese Zeit, die Bahn prüfend ab.

Er geht rasch und aufrecht. Aber sein Gang
gleicht dem eines Nachtwandlers. Er geht in
Gedanken versunken und muß tausend Dinge im
Kopf haben. Und scheint unendlich weit von
allem entfernt zu sein. Seine Augen sind von
einer unbestimmbaren grauen Farbe, es liegt wie
ein Schleier zwischen ihm und der Außenwelt.

Droben an der Wendung, wo die eingebaute
Kurve sich in einem weiten Bogen eng unter
mächtigen, schneebedeckten Schneewänden krümmt,
bleibt er aufatmend stehen. Sein Blick schweift
nach dem blinkenden Schneefeld hinaus, hinunter
nach dem Talkessel, wo rosiggelb überdunstet der
Kurort liegt. Er grüßt das alte Horn, die weiße
zackige, höchste Spitze der Gebirgsgruppe dort,
wo die unendliche Schneefläche, wie es scheint,
in den Luftraum verläuft.

Es ist heute einer jener glutvollen Hochgebirgs-
tage, in denen das Leblose zu sprechen anhebt,
das Weben und Singen der flüchtig tanzenden
winzigen Schneeatome die Luft durchzittert, das

feine Brausen und Raunen der unterirdischem
Wasser heraufjauchzt und meint.

Der alte Wandolf kannte diese Laute, seine
Seele liebte es, diese Schöpfungsmusik zu deuten.
Aber heute lag eine tiefe Falte auf der Stirne
des Alten.

Heute wollten die Ausländer den Siegerbob
„Zepp" ausprobieren.

Wie ein Karussell kamen seine Gedanken immer
wieder an dieselbe Stelle, sie gingen zurück zu
den Siegern der Rennen im Vorjahre.

Zm März, als alle Wasser rannen, jene Ur-
brunnen der Schneeschmelze, deren Zuflüsse uner-
schöpflich scheinen, waren sie davon gefahren.

Nie würde er den herzlichen Abschiedsgruß
dieser kraftvollen, sehnigen, jungen Deutschen
vergessen: „Leben Sie wohl. Altmeister! Wir
wissen, wir haben keinen treueren Freund als
Sie, Wandolf! Wenn Sie sich nicht unser so
angenommen hätten, wir hätten nichts erreicht!
Nie vergessen wir, wie Sie am Tage des Sieges
schon vor Tagesanbruch die Bahn abschritten
Und wer hätte das geheimnisvolle Loch in der
Kurvenwand gefunden? Die feine Zeit und der
Rekord gehört Ihnen so gut wie uns. Auf Wieder-
sehen, Altmeister Wandolf. beim nächsten Schnee-
fall und Heil und Sieg dem Bobsleigh Zepp!"

Wandolf, der alterfahrene, graue Wart der
kurvenreichsten Bobbahn der Welt, der alle Stim-
men der Umwelt verstand, alle verborgenen Mög-
lichkeiten des Schneereiches kannte, alle unsicht-
baren Zusammenhänge zwischen Tod und Leben
deutete, sagte bedeutungsvoll: „Auf Wiedersehen.
Kinder! Und der Bob Zepp wird von mir
für Euch verwahrt und 1915 bedrängt Ihr auf
ihm Euren eigenen Rekord."

Und Handschlag der stolzen, starken Menschen
besiegelte das Wort.

Aber in diesem Winter kamen die deutschen
Sportleute nicht. Sie hatten Besseres zu tun.
Der Alte las es in den Zeitungen, die über den
See herüberkamen. Sie, ihre Väter, ihre Söhne
und Enkel waren daran, die Welt umzugestalten.
Tiere und Pflanzen haben sie sich dienstbar ge-
macht, Wälder und Berge sind ihre Helfer, Feuer

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Register
Heinrich Kley: Krupp-Panzerplattenstahl
Will Vesper: Abendlied im Feld
Olga Bogner: Der neutrale Bobsleigh
 
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