Oesterreichischer Kavallerie-Angriff Alfons Purtscher (München)
„Na ja. sehen Sie? Man spricht nicht gerne
davon. Man — hm — man schuftet eben von
früh bis spät. Die Familie bekommt Unter-
stützung. aber Sie wissen, das; unsere Militärver-
waltung große Stücke auf eine spartanische Lebens-
führung gibt. Na also — das hat ja nichts
auf sich. Man weis;, das; man für seine Kame-
raden arbeitet und so schuftet man eben seine
Naht herunter. Wenn nur mitunter so ein kleiner
Lichtstrahl in das ewige Schuften fallen wollte."
„Wie meinen Sie das?"
„Ja, hm. Ich finde das mit den Liebesgaben
so außerordentlich hübsch. Es ist so wohltuend,
wenn unsere Jungen draußen merken, daß in der
Heimat an sie gedacht wird Wenn nun einmal
jemand auch uns so eine kleine Aufmerksamkeit
erweisen wollte. Der Preis ist ja ganz gleich-
gültig. 40 Pfennig würden für ein; Werkstatt
vollkommen ausreichen. Nur daß man das Ge-
fühl hätte: du gehörst auch dazu. Du tust auch
deine Pflicht. An dich wird auch gedacht. So
etwas gibt es bei uns aber gar nicht. Nur immer
die Schufterei. Von früh bis spät. Und das
wird ja schließlich etwas einförmig."
..Wissen Sie." sagte ich, als er schließlich g'ng,
..Sie sind und bleiben doch intmer der Alte.
So 'n bißchen Poesie muß bei Ihnen mit der
Schneiderei nun einmal verbunden sein."
„Na ja." lachte er, „man ist doch schließ ich
auch ein Mensch. Was meinen Sie wohl, wie
uns das Herz im Leibe lachen würde, wenn so
'n hübsches junges Mädchen uns eilten Rosen-
strauß für unsere Werkstatt bringen würde? Das
Notwendige haben wir ja. Das soll man nur
um Gotteswillen ins Feld senden. Bloß ge-
legentlich so 'ne ganz kleine Aufmerksamkeit Es
braucht gar kein junges Mädchen und es brauchen
auch keine Rosen zu fein. Nur irgend etwas
Dann geht die Arbeit noch einmal jo flink."
„Mein Gott," sagte meine Frau halb aus dem
Schlaf heraus, als ich schließlich ins Schlafzimmer
kam. „nun ist es drei Uhr morgens. Wenn Dein
geliebter Schneidergeselle kommt, kannst Du nie
ein Ende finden."
„Und wenn ich Dir nun sage, daß ich gearbeitet
habe?"
„Gearbeitet?" Sie gähnte.
„Jawohl. Ich habe soeben beschlossen, eine
kleine Skizze zu schreiben und habe sie im Kopf
auch schon fix und fertig. Eine kleine Skizze,
die von einer Rose handeln soll, nach der sich ein
Schneidergeselle sehnt."
Ich begann warn; zu werden und wollte ihr
mit einigen Worten den Entwurf erzählen. Oh,
die Ritter non der Nadel sollten an mir schon
einen Ritter finden. Feurige Worte strömten
von meinen Lippen und meine Frau hörte auf-
merksam zu. Nie hatte sie so kritiklos und vor
allen Dingen so stillschweigend meinen Aus-
sührungen gelauscht.
Aber freilich: sie schlief auch.
Erich Schlaikjer
ln Polen
Auf clen Wielen, wo die Sonne lag.
Pflücktell Blumen Du lo manchen Tag.
Abends immer, kehrte ich nach Baus.
Stand au! meinem Ci Ich ein lrilcher Strauh.
Reit ich jetzt durchs nalle Polenland,
Denk ich viel der blurnenlrohen Band
Und ich wünlche: fand' ich im Quartier
Einmal abends lolchen Strauh von Dir.
Günther Nogze
Der erste
Im letzten Kriege Österreichs, vor also 48 Iah-
ren, war er der jüngste Leutnant gewesen; war
bei der ersten Attacke und der erste Verwundete.
Irgend eilte irre Kugel halte ihm die rechte Hand
gespalten; da brachte man ihn wieder zur Bahn,
drei Tage nachdem er ausgezogen war; sechzehn-
jährig. Alls dem Bahnhof einer Stadt, die ihm
fremd war, kam eine Frau ztl ihm ins Kupee,
brachte ihm Früchte und Blumen, lächelte und
ging wieder. Vor ihren Schritten wichen scheu
die Neugierigen, grüßten sie. Ein Bahnvorsteher
116
„Na ja. sehen Sie? Man spricht nicht gerne
davon. Man — hm — man schuftet eben von
früh bis spät. Die Familie bekommt Unter-
stützung. aber Sie wissen, das; unsere Militärver-
waltung große Stücke auf eine spartanische Lebens-
führung gibt. Na also — das hat ja nichts
auf sich. Man weis;, das; man für seine Kame-
raden arbeitet und so schuftet man eben seine
Naht herunter. Wenn nur mitunter so ein kleiner
Lichtstrahl in das ewige Schuften fallen wollte."
„Wie meinen Sie das?"
„Ja, hm. Ich finde das mit den Liebesgaben
so außerordentlich hübsch. Es ist so wohltuend,
wenn unsere Jungen draußen merken, daß in der
Heimat an sie gedacht wird Wenn nun einmal
jemand auch uns so eine kleine Aufmerksamkeit
erweisen wollte. Der Preis ist ja ganz gleich-
gültig. 40 Pfennig würden für ein; Werkstatt
vollkommen ausreichen. Nur daß man das Ge-
fühl hätte: du gehörst auch dazu. Du tust auch
deine Pflicht. An dich wird auch gedacht. So
etwas gibt es bei uns aber gar nicht. Nur immer
die Schufterei. Von früh bis spät. Und das
wird ja schließlich etwas einförmig."
..Wissen Sie." sagte ich, als er schließlich g'ng,
..Sie sind und bleiben doch intmer der Alte.
So 'n bißchen Poesie muß bei Ihnen mit der
Schneiderei nun einmal verbunden sein."
„Na ja." lachte er, „man ist doch schließ ich
auch ein Mensch. Was meinen Sie wohl, wie
uns das Herz im Leibe lachen würde, wenn so
'n hübsches junges Mädchen uns eilten Rosen-
strauß für unsere Werkstatt bringen würde? Das
Notwendige haben wir ja. Das soll man nur
um Gotteswillen ins Feld senden. Bloß ge-
legentlich so 'ne ganz kleine Aufmerksamkeit Es
braucht gar kein junges Mädchen und es brauchen
auch keine Rosen zu fein. Nur irgend etwas
Dann geht die Arbeit noch einmal jo flink."
„Mein Gott," sagte meine Frau halb aus dem
Schlaf heraus, als ich schließlich ins Schlafzimmer
kam. „nun ist es drei Uhr morgens. Wenn Dein
geliebter Schneidergeselle kommt, kannst Du nie
ein Ende finden."
„Und wenn ich Dir nun sage, daß ich gearbeitet
habe?"
„Gearbeitet?" Sie gähnte.
„Jawohl. Ich habe soeben beschlossen, eine
kleine Skizze zu schreiben und habe sie im Kopf
auch schon fix und fertig. Eine kleine Skizze,
die von einer Rose handeln soll, nach der sich ein
Schneidergeselle sehnt."
Ich begann warn; zu werden und wollte ihr
mit einigen Worten den Entwurf erzählen. Oh,
die Ritter non der Nadel sollten an mir schon
einen Ritter finden. Feurige Worte strömten
von meinen Lippen und meine Frau hörte auf-
merksam zu. Nie hatte sie so kritiklos und vor
allen Dingen so stillschweigend meinen Aus-
sührungen gelauscht.
Aber freilich: sie schlief auch.
Erich Schlaikjer
ln Polen
Auf clen Wielen, wo die Sonne lag.
Pflücktell Blumen Du lo manchen Tag.
Abends immer, kehrte ich nach Baus.
Stand au! meinem Ci Ich ein lrilcher Strauh.
Reit ich jetzt durchs nalle Polenland,
Denk ich viel der blurnenlrohen Band
Und ich wünlche: fand' ich im Quartier
Einmal abends lolchen Strauh von Dir.
Günther Nogze
Der erste
Im letzten Kriege Österreichs, vor also 48 Iah-
ren, war er der jüngste Leutnant gewesen; war
bei der ersten Attacke und der erste Verwundete.
Irgend eilte irre Kugel halte ihm die rechte Hand
gespalten; da brachte man ihn wieder zur Bahn,
drei Tage nachdem er ausgezogen war; sechzehn-
jährig. Alls dem Bahnhof einer Stadt, die ihm
fremd war, kam eine Frau ztl ihm ins Kupee,
brachte ihm Früchte und Blumen, lächelte und
ging wieder. Vor ihren Schritten wichen scheu
die Neugierigen, grüßten sie. Ein Bahnvorsteher
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