Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abgeblitzt!

Ein Manifest in großen Worten
Ward dem geliebten Frankenland,

Ini Geist der Liebknecht und Konsorten,

Bon Friedenshetzern zugesandt:

Drin bieten sie die Hand zum Frieden
(Die Hand, die nicht gar reinlich ist):

Durch Volksproteste sei entschieden
Der blutig fürchterliche Zwist! —

O weh! Ihr Wolkenkuckucksheimer,

Wie seid ihr abgeblitzt — o je!

Wie kanzelt ab die Friedensträumer
Der rachegeifernde Heros!

„Straflosigkeit verlangt" — so schreit er
„Ihr wohl für Deutschlands schwere Schuld
An Frankreich, Belgien und so weiter?

Da habt fürs erste nur Geduld!

Erst schmeißen wir hinaus, zerschmettert,
Das deutsche Heer — und zwar sogleich! —
Dann wird zerstückelt und entblättert
Das Deutsche Reich und Oesterreich!

Und dann," — schreibt der verrückte Schreier,
„Wenn wir getan die fjetl’ge Pflicht
Als gottgesandte Volksbefreier,

Dann sprecht von Frieden — eher nicht!"

Der „Figaro", der ist noch klüger:

Er sieht in jenem Manifest

Ein Spiel der deutschen Volksbetrllger,

Das die Regierung spielen läßt!

Roch dümmres ist im „Temps" zu lesen:
Vernehmt, nach seiner Meinung ist
Der Liebknecht-Karl in seinem Wesen
Ein sträflicher Pangermanist!-

So sieht es aus in jenen Köpfen,

Aus denen all dies Unheil stieg!

So sieht es aus bei jenen Tröpfen,

Die zittern vor dem deutschen Sieg!

Und ihr, Verräter unsrer Sache,

Habt die verdiente Abfuhr jetzt,

Weil ihr dem wüsten Chor der Rache
Bon Frieden und Versöhnung schwätzt.

D i c wollen keine Bölkerliebe,

Die wollen Schande, Mord und Blut,

Und eh' sie die verdienten Hiebe
Bekommen haben, wird's nicht gut!

F. V. O.

*

Husjug aus Prjemysl

Zu Tausenden zogen aus der eroberten Festung
die Gefangenen.

Lin Bild des Jammers. In Lumpen gehüllt,
verlaust und verwildert, schlicken sie dabin, wenn
sie auch alle recht gut genährt schienen.

„Nun ist alles verloren," wehklagten sie und
dabei sahen sie wie geschlagene Hunde scheu aus
die eskortierenden russischen Soldaten.

„M heilige Maria, Gott verdamm' dieses
schreckliche Rußland! verfluchtes England! und
Nieder mit dem Krieg!" ging es dumpf und leise
durch ihre Reihen. — Aus den gesprengten Werken
zog noch immer ein leichter Rauch; Soldaten waren
mit dem Wegräumen von Trümmern beschäftigt
und hohe Offiziere hielten Pläne in der Hand
und gaben Befehle, wohin geht wohl die Reise?
fragten sich die Gefangenen mutlos und verzagt
und sic erzitterten bei den Gedanken an die Zu-
kunft. Als sie auf einer Höhe ankamen, sahen sie
nassen Auges noch einmal zurück auf Przemysl.
wie sicher hatten sic sich in dieser Stadt gefühlt
— und welchem Los zogen sie jetzt entgegen?
wie zum Tode verurteilte wankten sie dahin.

Die 20000 gefangenen, durch ihre Brü-
der befreiten — Rüsten.

Heinz Scharpf

Das Resultat

„Väterchen" (zu seinen Generälen): „Vt>,
alles Kopfverletzungen 7!"

„Von der Rarpathcnmauer, Majestät I"

Die wahren ÄkKohokiKer!

In seinen letzten Volksreden gabLloYdGeorgc
einer angeblichen Trunksucht der englischen Arbeiter
die Schuld an ihrer Unlust, für Hungerlöhne wcitcr-
zuarbeiten, während Churchill diese Unlust für das
Werk deutscher Agenten und Spione erklärte.

Wer hat nun recht? Mister George, der sagt,
Die ^vorkinsn seien Säufer,

Oder Mister Churchill, der verklagt
Die Oermans als Seelenkäufer?

Verlogen und dumm ist ja beides wohl,

Gleich lachbar ohne Frage —

Doch immerhin! der Alkohol
Ist schuld an der ganzen Lage!

Denn Mister Greg, der gab es bekannt
In zürnendem Idealismus
Schon vor dem Krieg: es drohe ein „Brand"
Durch „politischen Alkoholismus"!

Im Stillen mußt er sich selber dabei
„Trunksüchtig" und Seinesgleichen,

Die berauschen sich wollten, juheirassasei,

An Hekatomben von Leichen!

Allein was hilft da die Heuchlerlist,

Was frommt da ein schlaues Verstecken?

Wer nüchtern und wer besoffen ist,

Das muß sich ja doch entdecken!

Und liegt ihr im Graben, George und Greg,
Wenn es kläglich euch riß zusammen,

Dann wird die Welt mit Pfui und Weh
Euch Trunkenbolde verdammen!

*

Soll und Haben

Die englische Admiralität veröffentlicht Angaben
über die englisch-französische» Schiffsvcrluste an
der belgischen Küste im Oktobern. Is. durch
die schweren deutsche» Geschütze. Nicht weniger
als acht feindliche Schiffe sind arg beschädigt
worden! — Niemand weiß, wo sich eigentlich
der König Albert aufhält. Jetzt weiß man den
Grund. Er hat sich deshalb vor aller Welt irgend-
wo in einem tiefen Keller versteckt, weil er fürchtet,
daß ihm John Bull die Rechnung für jene acht
Schiffe präsentiert. c. Fr.

Zu Lrnst von Wohogens 60. Geburtstag

Ernst von Wolzogen feierte am 23. April feinen
60. Geburtstag auf dem östlichen Kriegsschauplatz, wo
er sich als Hauptmann einer hessischen Landwchrkom-
pagnie bereits das Eiserne Kreuz erwarb.

Wir hörten länger nicht von Dir —

Nun mahnt ein „Ecce ego“ alle,

Daß unterm deutschen Kampfpanier
Du als ein tapfrer Offizier
Mitstreitest in dem Völkerschwalle!

Als Sechziger! Man glaubt es kaum,

Da Jüngste lahm im Winkel blieben!

Dir aber sind die Jahre Traum —

Als saftig urgesunder Baum
Hast frische Sprossen Du getrieben!

Im Frieden hat Dir zugelacht
Die „zehnte Muse" wohl als Buhle,

Doch hat sie Dich nicht schlapp gemacht —

Du rafftest auf Dich über Nacht
Und eiltest auf die „Hohe Schule"!

Nicht konnten Dich „Geschichten" mehr
„Bon lieben süßen Mädeln" locken —
Du griffst itach Helm und nach Gewehr,

Denn „Feuersnot" war rings umher. . .
Wie konntest Du am Ofen hocken?

Dein „Lumpengesindel" mit dem Schwert
Das Teufelshandwerk zu verderben,

Bis daß es flieht mit „Linksum kehrt!"
Das galt Dir mindestens so wert
Als Dichterlorber zu erwerben!

„Kraftmeier" — ei ja ja, das bist
Du jetzt, da hilft kein Protestiere» —

Wie zeigte sonst ein Humorist,

Der doch ein harnilos Tierchen ist,

Die Zähne russischen Füsilieren?

Wir wissen's besser, Lieber Du,

Ob der Philister sich erbose —

Wir trinken Deinen Sechzig zu,

Und wünschen Dir die Friedensruh'

In einer stolzen „Gloria-Hose"!

Hanns von Gumppenbci-s:

Unser Kollege Karl Ettlinger (Karlchcn)
steht seit 29. März als Infanterist unter den Waffen.
Er verabschiedete sich von uns mit nachfolgenden
Versen in seiner heimatlichen Mundart:

Adschee, meine Herrn Rollege!

Adschee, adschee! Ich geh bei's Heer,

Ich zieh uff Heldetate!

Mir wer'» for längre Zeit »et mehr
Uns in die Haar gerate!

Wer waaß, wann ich Euch midderseh?

Laßt Euch die Händcher dricke!

Ihr Manuskriptercher, adschee!!

(Dhut merr se ja net schicke!)

Adschee, adschee, mei Dintefaß!

Adschee, mei Fedderhalter,

Es geht — die Aage wer» merr naß —

Dei Frankforder, dei alder . . .

Er lernt jetzt Laufschritt, husch, husch, husch,
Lernt schieße, nix wie Treffer,

Nemm Dich in Acht, Herr Grandebouche!
Baßt uff, Ihr Lausiköffer!

Adschee! Des „Karlche" mecht jctz Schluß
Mit Berscher unn Satire!

Des „Karlche" steiht vom Pegasus
Un» dhut zu Fuß marschiere:

Unn tritt merr die Gefahr aach nah,

Nor deshalb kaa Gezitter!

Der Hirth hat merrsch besohle ja:

„Gell, Karlche, Du kimmst widder?"



319
Register
F. v. O.: Abgeblitzt
Heinz Scharpf: Auszug aus Przemysl
Sassafrass: Die wahren Alkoholiker
Hanns Theodor Karl Wilhelm Frh. v. Gumppenberg: Zu Ernst von Wolzogens 60. Geburtstag
Arpad Schmidhammer: Das Resultat
C. Fr.: Soll und Haben
Karlchen: Adschee, meine Herrn Kollege!
 
Annotationen