Deutscher Fesselballon Ernst Vollbehr (Kriegszeichner im Felde)
Einem gefallenen Freunde
Um Deine Leiche wogte Pulverdampf
Und Lärm und Kampf.
Des Krieges Fackeln waren angezündet
Und jede Höhe war von Brand umloht.
Du aber folgtest schon dem ernsten Tod,
Der bitter lächelnd Dir dcir Lorbeer bot.
Und mit erhabner Hand gebot er Schweigen i
Ging stumm voran, um Euch den Weg zu zeigen,
Der weit hinaus ins ewige Dunkel mündet.
Starr blickt ich, wo Dein toter Körper lag
Den ganzen Tag — — —
Die Nacht brach an, es winselte ihr Schrecken . . .
Des Schlachttags grause Sinfonie verklingt. . .
Zurück! Wir waren ganz vom Feind umringt! —
. . . Was wohl die Nacht, was wohl der Morgen bringt?
Der Regen troff durchs unbarmherzige Schweigen,
Süll ging ich, wie um dunklen Weg zu zeigen.
Mir war, ich müßt mich selbst 00111 Tod erwecken.
November 1914.
Eugen Rsrb
(ÄricgspciwiUigcr, Münchner Reg. List)
Bon Frigga Brockdorff-Llodcv
„Allgemeines Krankenhaus. — — Endstation!"
Gelle Pfeifensignale.
Beide Türen fahren auseinander, ein morgenkalter Windstrom
jagt durch den jetzt offenstehenden Wagen und treibt den Anssteigenden
breite, nasse Flocken ins Gesicht.
Urban hat alle Mühe, das Seidcnpnpier über ein zartes Etwas
zufammenzuhalten, das er, vorsidiüg liebevoll, wie ein kleines Kind,
in seinem linken Arni gebettet trägt.
Der Pförtner fragt nicht nach Namen und Begehr. Er kennt
den täglichen Gast.
Laute, hallende Schritte, schonendes Trippeln von Nonnen,
schlürfende Filzpantinen, gestreifte, seifenduftende Krankenkittel
Schwester Libuscha hat sich bei seinem Eintritt aufgerichtet. Lebhaft
reicht sie ihm eine lange, unglaublich sdiniale Hand und sagt vor-
wurfsvoll :
„Serenus! — Sie sollten doch den Arm in der Schlinge tragen!
Es ist nicht recht, wenn so viel heftiges Blut in den neugebildeten
Gesäßen zirkuliert! Und gar Pakete noch über der kaum verharschten
Wunde!"
Nun lächelt Urban, faltet die weiße Seidcnwolke auseinander
und legt einen dicken, tausendglockigen Maiblumenstrauß auf die Decke.
Aber da geht eine merkwürdige Veränderung in Libuschas Zügen
vor. Wohl überrascht, beglückt, und dod> beinahe nur wie in halbem
Schrecken kuschelt sie sich tiefer in ihr Kissen, schließt die Augen, saugt
mit geschlossenen Lidern den süßen Dnft ein und furcht die Brauen.
Dann wird ihr Ausdruck gequält, sie schüttelt abwehrend den Kopf
und stößt endlich höhnisch hervor:
„Jetzt könnt Ihr autreteu mit Eucrn Mätzchen! Besuche, Blumen,
schöne Worte! Jetzt erst, — wo es zu spät ist!"
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Einem gefallenen Freunde
Um Deine Leiche wogte Pulverdampf
Und Lärm und Kampf.
Des Krieges Fackeln waren angezündet
Und jede Höhe war von Brand umloht.
Du aber folgtest schon dem ernsten Tod,
Der bitter lächelnd Dir dcir Lorbeer bot.
Und mit erhabner Hand gebot er Schweigen i
Ging stumm voran, um Euch den Weg zu zeigen,
Der weit hinaus ins ewige Dunkel mündet.
Starr blickt ich, wo Dein toter Körper lag
Den ganzen Tag — — —
Die Nacht brach an, es winselte ihr Schrecken . . .
Des Schlachttags grause Sinfonie verklingt. . .
Zurück! Wir waren ganz vom Feind umringt! —
. . . Was wohl die Nacht, was wohl der Morgen bringt?
Der Regen troff durchs unbarmherzige Schweigen,
Süll ging ich, wie um dunklen Weg zu zeigen.
Mir war, ich müßt mich selbst 00111 Tod erwecken.
November 1914.
Eugen Rsrb
(ÄricgspciwiUigcr, Münchner Reg. List)
Bon Frigga Brockdorff-Llodcv
„Allgemeines Krankenhaus. — — Endstation!"
Gelle Pfeifensignale.
Beide Türen fahren auseinander, ein morgenkalter Windstrom
jagt durch den jetzt offenstehenden Wagen und treibt den Anssteigenden
breite, nasse Flocken ins Gesicht.
Urban hat alle Mühe, das Seidcnpnpier über ein zartes Etwas
zufammenzuhalten, das er, vorsidiüg liebevoll, wie ein kleines Kind,
in seinem linken Arni gebettet trägt.
Der Pförtner fragt nicht nach Namen und Begehr. Er kennt
den täglichen Gast.
Laute, hallende Schritte, schonendes Trippeln von Nonnen,
schlürfende Filzpantinen, gestreifte, seifenduftende Krankenkittel
Schwester Libuscha hat sich bei seinem Eintritt aufgerichtet. Lebhaft
reicht sie ihm eine lange, unglaublich sdiniale Hand und sagt vor-
wurfsvoll :
„Serenus! — Sie sollten doch den Arm in der Schlinge tragen!
Es ist nicht recht, wenn so viel heftiges Blut in den neugebildeten
Gesäßen zirkuliert! Und gar Pakete noch über der kaum verharschten
Wunde!"
Nun lächelt Urban, faltet die weiße Seidcnwolke auseinander
und legt einen dicken, tausendglockigen Maiblumenstrauß auf die Decke.
Aber da geht eine merkwürdige Veränderung in Libuschas Zügen
vor. Wohl überrascht, beglückt, und dod> beinahe nur wie in halbem
Schrecken kuschelt sie sich tiefer in ihr Kissen, schließt die Augen, saugt
mit geschlossenen Lidern den süßen Dnft ein und furcht die Brauen.
Dann wird ihr Ausdruck gequält, sie schüttelt abwehrend den Kopf
und stößt endlich höhnisch hervor:
„Jetzt könnt Ihr autreteu mit Eucrn Mätzchen! Besuche, Blumen,
schöne Worte! Jetzt erst, — wo es zu spät ist!"
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