Der Herr Cebrer!
O merkt es, deutsche Zeitungsmänner,
Herausgeknobelt hat es ein
Professor, Hofrat, Fachmann, Kenner:
Ihr solltet objektiver sein!
Ihr müßtet — bitte nicht zu speien!*) —
Im Krieg steh'n ohne Leidenschaft
Über den kämpfenden Parteien,
Berichten, schlicht, reporterhaft!
Ihr dürft nicht Leidenschaft entflammen
Im Volk, das um sein Dasein ficht,
Und hassend nicht den Feind verdammen —
Kaltherzig sein ist eure Pflicht.
Ihr solltet mäßigen und stillen
Die Glut, die aus den Herzen stieg,
Beileibe nicht den heißen Willen
Anfeuern noch zu Kampf und Sieg!
Doch leider steht zu dieser Weile
In ihrer argen Barbarei
Die Presse noch zum größten Teile
Nicht nüchtern über der Partei:
Sie kämpft in Versen und in Prosa,
Wie drauß' das Heer um unser Recht —
(Nur die um Liebknecht und die Rosa
Benehmen sich nicht ganz so schlecht!)
Sie nimmt Partei — o Wahn, o schlimnier! —
Partei fürs deutsche Vaterland
Und direkt feindlich schreibt sie immer
Vom lieben guten Achtverband!
Sie freut sich, giftig, wie die Vipern,
Wenn Hindenburg im Osten siegt,
Und wenn bei Arras oder Ppern
Franzos und Brite Schläge kriegt;
Sie jauchzt, wenn an den Dardanellen
Ein britisch Panzerschiff zerkracht,
Wenn Landungsstürme dort zerschellen,
Und Nikolai was Dummes macht;
Sie will's Amerika verübeln,
Daß es den Feinden dient zum Schutz,
Daß seine Presse wie aus Kübeln
Uns überschüttet feig mit Schmutz.
Ihr ist der Feind wie'rote Tücher,
Auf die sie stürmt mit Haß und Hohn —
Und das, schreibt Herr Geheimrat Bücher,
Entspricht nicht ihrer Mission . . .
Ja, tief steckt ihr im Sündenpfuhle
Ihr Zeitungsmänner und im Wahn —
Geht in die Journalisten sch ule,
Die der Geheimrat aufgetan!
Dort lernt ihr objektiv entwickeln
Den Gang der Zeit, vom Hasse frei
Und steht in euren Kriegsartikeln
In Zukunft „über der Partei"!
Ihr meint, dann wärt ihr Schweinehunde?
Was tut's! Ihr kriegtet gut und gern
In seiner Iournalisten-Stunde
Dann vom Herrn Lehrer „I mit Stern."
*) Druckfehler: Soll natürlich „schreien" heißen!
s. v. 0.
Deutsche Naivität
Ein Bericht der Petersburger Telegraphen-
agentur über russische Erfolge und deutsche Miß-
erfolge beginnt mit den Worten: „An manchen
Stellen unserer Front waren die Demonstrationen
der Deutschen reichlich naiv."
Das ist richtig! Die Naivität der Deutschen
geht ins Grenzenlose. Wenn sie in einer Breite
von 170 Kiloinetern über alle Befestigungen hin-
wcgstürmcn, nennen sie das einen Sieg. Wenn
die Russen davon laufen, laufen sie ihnen nach,
obwohl sie dabei doch leicht außer Atem konimen
können. Wenn sie die Bagatelle von 50000 Russen
gefangen nehmen, so telegraphieren sie das als
Erfolg nach Hause, während das stolze Rußland
schon Patrouillen von 3 Mann gefangen hat,
ohne davon weiter Aufhebens zu machen. Wenn
sie die russische Armee immer weiter nach Osten
eilen sehen, so halten sie das für einen Rückzug,
während in Wahrheit der grandiose strategische
Plan des Großfürsten Nikolai ausgeführt wird,
rund un> den Globus herum zu marschieren rmd
dann plötzlich an der deutschen Westgrenze zu er-
scheinen. Und wenn Rußlands Millionenheere
in neun Monaten noch nicht nach Deutschland
vorgedrungen sind, von etwa 900 000 zufällig
Gefangenen abgesehen, so schreiben die naiven
Deutschen das — soll man's glauben? — der
Tüchtigkeit rmd Tapferkeit ihrer Truppen und
dem Genie ihrer Heerführer zu, statt zu erkennen,
daß die Russen eben lieber im kultivierten Ruß-
land bleiben, statt sich im barbarischen Deutsch-
land aufzuhalten, dessen Klima ihnen nicht zusagt!
Die Deutschen sind in der Tat reichlich naiv!
— ps —
*
Der neue Plutarcb
„Und was werden wir: noch von den Deut-
schen als Friedensbcdingung verlange», lieber
poincars?"
„Das Rezept für ihre Stickgasc, — wir
könnten'» einmal brauchen um die Engländer
auszuräuchern."
*
„warum laufen denn die Leute vor dem
Arbeiter aus der Munitionsfabrik davon?"
„Der Unglückliche hat im Suff den Whisky
in das Geschoß geschüttet und die Pikrinsäure
in seinen eigenen Magen — jetzt habe» sic Angst,
er geht los."
Gabriele cl'Knnunzio
Cr kam, sah, siegte — mit dem Maule schou gleich
Über Deutschland, Ostreich-Ungarn
und das türkische Reich.
Wie Iosua blies die Stadt Jericho um,
Blies der große Reklamelrompeter, trumm-trumm,
Mit den krumm-krummen Beinen und
der krumm-krummen Nos'
Unsre ganzen Armeen mit auf einen Stoß —
Denn solche Gewalt hat nur in der Kehle
Der größte Windbeutel der Welt, Gabriele!
Warum sollt er nicht blasen mit solcher Gewalt?
Es waren ja all seine Schulden bezahlt,
Das „Exil" war zu Ende und
der — Pfändungsbeschluß,
Da erhob seine Schwingen der Genius —
Ha! Tute, ganz dröhnende Tute zu fein!
Und mit Ententiemen noch obendrein ...!
Sagen nicht „Gold für Eisen!"
die deutschen Kamele?
„Gold für Blech!" ist mein Fall, sagte Gabriele.
Und er tutete wild, der gekaufte Hanswurst,
Von Krieg und von Sieg — voll Bölkerblutdurst —
Italien brenne (vielleicht brennt sich's sogar),
Und man nähre dies Feuer auf des Krieges Altar!
Denn Jeder sei selig, dessen Blut so verrinnt!
Wie alle Reinherzigeu selig sind .. .!
-Aber wenn du erhältst die Gestellungsbefehle,
Wird so rein deine Hose auch sein, Gabriele?
A. I». K.
*
i£ine Niederlage
Seht, dort sitzt ein Hold auf morscher
Basis fern in Monaco.
Ach er ist ein Ticfsceforschor
Und auch sonst nur wenig froh.
„Euren Saldo muß ich kürzen,"
Spricht der Kämmerer. „Denn im
Jahre Ncunzehnhundertvicrzehn
Stand es um die Spielbank schlimm.
vierzehn Komma Sechsundvicrzig
Lumpige Millionen Frank,
(Ivenn das Kontobuch nicht irrt sich,)
Ist der Saldo nur der Bank.
Zweiundzwanzig Millionen
war der Rückgang dieses Jahr.
Das Geschäft wird sich nicht lohnen,
Wenn es bleibt, ach, wie es war."
Trauernd da in Sack und Asche
Sitzt in Monaco der Fcrscht,
Und er starrt in seine Tasche,
wo der graue Dalles herrscht.
von der Höhe seines Thrones
wo man die Gewinne bucht,
Gellt es: „Redete Milliones,
Josfre, oder sei vcrstucht!"
Frido
380
O merkt es, deutsche Zeitungsmänner,
Herausgeknobelt hat es ein
Professor, Hofrat, Fachmann, Kenner:
Ihr solltet objektiver sein!
Ihr müßtet — bitte nicht zu speien!*) —
Im Krieg steh'n ohne Leidenschaft
Über den kämpfenden Parteien,
Berichten, schlicht, reporterhaft!
Ihr dürft nicht Leidenschaft entflammen
Im Volk, das um sein Dasein ficht,
Und hassend nicht den Feind verdammen —
Kaltherzig sein ist eure Pflicht.
Ihr solltet mäßigen und stillen
Die Glut, die aus den Herzen stieg,
Beileibe nicht den heißen Willen
Anfeuern noch zu Kampf und Sieg!
Doch leider steht zu dieser Weile
In ihrer argen Barbarei
Die Presse noch zum größten Teile
Nicht nüchtern über der Partei:
Sie kämpft in Versen und in Prosa,
Wie drauß' das Heer um unser Recht —
(Nur die um Liebknecht und die Rosa
Benehmen sich nicht ganz so schlecht!)
Sie nimmt Partei — o Wahn, o schlimnier! —
Partei fürs deutsche Vaterland
Und direkt feindlich schreibt sie immer
Vom lieben guten Achtverband!
Sie freut sich, giftig, wie die Vipern,
Wenn Hindenburg im Osten siegt,
Und wenn bei Arras oder Ppern
Franzos und Brite Schläge kriegt;
Sie jauchzt, wenn an den Dardanellen
Ein britisch Panzerschiff zerkracht,
Wenn Landungsstürme dort zerschellen,
Und Nikolai was Dummes macht;
Sie will's Amerika verübeln,
Daß es den Feinden dient zum Schutz,
Daß seine Presse wie aus Kübeln
Uns überschüttet feig mit Schmutz.
Ihr ist der Feind wie'rote Tücher,
Auf die sie stürmt mit Haß und Hohn —
Und das, schreibt Herr Geheimrat Bücher,
Entspricht nicht ihrer Mission . . .
Ja, tief steckt ihr im Sündenpfuhle
Ihr Zeitungsmänner und im Wahn —
Geht in die Journalisten sch ule,
Die der Geheimrat aufgetan!
Dort lernt ihr objektiv entwickeln
Den Gang der Zeit, vom Hasse frei
Und steht in euren Kriegsartikeln
In Zukunft „über der Partei"!
Ihr meint, dann wärt ihr Schweinehunde?
Was tut's! Ihr kriegtet gut und gern
In seiner Iournalisten-Stunde
Dann vom Herrn Lehrer „I mit Stern."
*) Druckfehler: Soll natürlich „schreien" heißen!
s. v. 0.
Deutsche Naivität
Ein Bericht der Petersburger Telegraphen-
agentur über russische Erfolge und deutsche Miß-
erfolge beginnt mit den Worten: „An manchen
Stellen unserer Front waren die Demonstrationen
der Deutschen reichlich naiv."
Das ist richtig! Die Naivität der Deutschen
geht ins Grenzenlose. Wenn sie in einer Breite
von 170 Kiloinetern über alle Befestigungen hin-
wcgstürmcn, nennen sie das einen Sieg. Wenn
die Russen davon laufen, laufen sie ihnen nach,
obwohl sie dabei doch leicht außer Atem konimen
können. Wenn sie die Bagatelle von 50000 Russen
gefangen nehmen, so telegraphieren sie das als
Erfolg nach Hause, während das stolze Rußland
schon Patrouillen von 3 Mann gefangen hat,
ohne davon weiter Aufhebens zu machen. Wenn
sie die russische Armee immer weiter nach Osten
eilen sehen, so halten sie das für einen Rückzug,
während in Wahrheit der grandiose strategische
Plan des Großfürsten Nikolai ausgeführt wird,
rund un> den Globus herum zu marschieren rmd
dann plötzlich an der deutschen Westgrenze zu er-
scheinen. Und wenn Rußlands Millionenheere
in neun Monaten noch nicht nach Deutschland
vorgedrungen sind, von etwa 900 000 zufällig
Gefangenen abgesehen, so schreiben die naiven
Deutschen das — soll man's glauben? — der
Tüchtigkeit rmd Tapferkeit ihrer Truppen und
dem Genie ihrer Heerführer zu, statt zu erkennen,
daß die Russen eben lieber im kultivierten Ruß-
land bleiben, statt sich im barbarischen Deutsch-
land aufzuhalten, dessen Klima ihnen nicht zusagt!
Die Deutschen sind in der Tat reichlich naiv!
— ps —
*
Der neue Plutarcb
„Und was werden wir: noch von den Deut-
schen als Friedensbcdingung verlange», lieber
poincars?"
„Das Rezept für ihre Stickgasc, — wir
könnten'» einmal brauchen um die Engländer
auszuräuchern."
*
„warum laufen denn die Leute vor dem
Arbeiter aus der Munitionsfabrik davon?"
„Der Unglückliche hat im Suff den Whisky
in das Geschoß geschüttet und die Pikrinsäure
in seinen eigenen Magen — jetzt habe» sic Angst,
er geht los."
Gabriele cl'Knnunzio
Cr kam, sah, siegte — mit dem Maule schou gleich
Über Deutschland, Ostreich-Ungarn
und das türkische Reich.
Wie Iosua blies die Stadt Jericho um,
Blies der große Reklamelrompeter, trumm-trumm,
Mit den krumm-krummen Beinen und
der krumm-krummen Nos'
Unsre ganzen Armeen mit auf einen Stoß —
Denn solche Gewalt hat nur in der Kehle
Der größte Windbeutel der Welt, Gabriele!
Warum sollt er nicht blasen mit solcher Gewalt?
Es waren ja all seine Schulden bezahlt,
Das „Exil" war zu Ende und
der — Pfändungsbeschluß,
Da erhob seine Schwingen der Genius —
Ha! Tute, ganz dröhnende Tute zu fein!
Und mit Ententiemen noch obendrein ...!
Sagen nicht „Gold für Eisen!"
die deutschen Kamele?
„Gold für Blech!" ist mein Fall, sagte Gabriele.
Und er tutete wild, der gekaufte Hanswurst,
Von Krieg und von Sieg — voll Bölkerblutdurst —
Italien brenne (vielleicht brennt sich's sogar),
Und man nähre dies Feuer auf des Krieges Altar!
Denn Jeder sei selig, dessen Blut so verrinnt!
Wie alle Reinherzigeu selig sind .. .!
-Aber wenn du erhältst die Gestellungsbefehle,
Wird so rein deine Hose auch sein, Gabriele?
A. I». K.
*
i£ine Niederlage
Seht, dort sitzt ein Hold auf morscher
Basis fern in Monaco.
Ach er ist ein Ticfsceforschor
Und auch sonst nur wenig froh.
„Euren Saldo muß ich kürzen,"
Spricht der Kämmerer. „Denn im
Jahre Ncunzehnhundertvicrzehn
Stand es um die Spielbank schlimm.
vierzehn Komma Sechsundvicrzig
Lumpige Millionen Frank,
(Ivenn das Kontobuch nicht irrt sich,)
Ist der Saldo nur der Bank.
Zweiundzwanzig Millionen
war der Rückgang dieses Jahr.
Das Geschäft wird sich nicht lohnen,
Wenn es bleibt, ach, wie es war."
Trauernd da in Sack und Asche
Sitzt in Monaco der Fcrscht,
Und er starrt in seine Tasche,
wo der graue Dalles herrscht.
von der Höhe seines Thrones
wo man die Gewinne bucht,
Gellt es: „Redete Milliones,
Josfre, oder sei vcrstucht!"
Frido
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