Nackt nack der Scklackt
Äkptraum
Dem grossen grimmigen Morden
Fielen die Augen zu.
Im Feld ist’s still geworden.
Die Heere gingen zur Ruh —
Und über den Leib der Müden
Nach dieser schweren Schlacht
Giesst ihren gütigen Frieden
Die mütterliche Nacht,
Die Seele aber, die Seele
Der Millionenschar,
Die tags der harten Befehle
Geduldige Sklavin war.
Durchbricht nun ihre Schranken.
Der blinden Betäubung Tor,
Und steigt in Traumgedanken
Befreit zum Himmel empor . . .
Uber den schlaFenden Heeren
Sammelt sich wie der Flug
Der Stare, die heimwärts kehren.
Der träumenden Seelen Zug
Und fliegt mit rauschendem Flügel,
Von einer Sehnsucht gebannt.
Fort über Täler und Hügel
Ins ferne Vaterland.
Deutsche Standmusik in Peronne
Curt Ziegra (Inf. Leib-!
Und sieh, mit Lorbeerreisern
Prangt jede Hütte zuhaus.
Und aus den festlichen Häusern
Quillt jauchzende Menge heraus —
Viel Hände und Händchen winken
Und Augen sprühn überall
Und schmeichelnde Lüfte trinken
Glocken- und Jubelschall —
Und unter dem Klang der Lieder
Ziehn in unendlichen Reihn
Die Millionen wieder
Aphorismen
Das ist der Unterschied zwischen dem Mann
echter und falscher Bildung. Der Elftere
achtet, bewundert, liebt die hohen Geistes-
gaben, die ihm selbst versagt sind, der Andere
haßt, verachtet, verfolgt sie.
Wir verlangen von unseren Nebenmenschen
soviel Tapferkeit, Großmut, Aufopferung als
wir selbst zu haben uns einbilden. Da
kann es natürlich an kleinen Enttäuschungen
nicht fehlen.
Ich lag im Schlummer, der kein
Schlummer war —
Ein jeder Pulsschlag Hoffen oder
Bangen.
Ich sah den Teuren — tödliche
Gefahr! —,
Wie rings Kosaken ihre Säbel
schwangen;
Doch Flügel wuchsen ihm: er stieg
empor —
Festhalten wieder wollt' ihn mein
Verlangen,
Da schwebt er schon am fernen
Wolkentor:
Es öffnet sich: stolz ist er eingegangen.
Nun fühlt' ich erst, daß ich ihn
ganz verlor
Und schluchzte auf und rief ihn,
traumbefangen —
Die eigne Stimme klingt mir noch
im Ohr.
«. o.
Das Träukin mit
dem sanften Jlugenaufscblag
Bon Henry F. Urban
Auf dem Promenadendeck, unter der
Kapitänsbrücke, stand Gaston van der
Pool gegen die Schiffsbrüstung gelehnt,
Rg,-) mit dem Rücken gegen die Sonne, und
schlürfte seine Bouillon. Es war Früh-
ftückszeit. Die Stewards servierten belegte
Brötchen und Bouillon für die Passagiere, die
hier und da auf Deck herumstanden oder sich in
den bequemen Dampfer-Liegestühlen räkelten. Auf
der andern Seite des Pronienadendecks spielte
die Schiffskapelle des holländischen Dampfers das
lustige „Tineken van Huple." Gaston stellte seine
geleerte Tasse einem vorübergehenden Steward
auf das Servierbrett, entnahm seinem Zigarren-
täschchen eine teure Zigarette und zündete sie an.
Mehr und mehr Passagiere kamen an Deck,
ließen sich faul in die Liegestühle sinken oder
begannen um das Deck auf Backbord und Steuer-
bord, herumzuspazieren. Nun kam auch Nieu-
wenhuis, Gastons Freund, gleich ihm in Ant-
werpen ansäßig. Er war etwa dreißigjährig,
etwas füllig, brünett und schwerfällig, das gerade
Gegenteil von dem schlanken, blonden und leb-
haften Gaston.
Als Sieger zur Heimat ein!
o köstliches Neusichfinden
Und Nimmerverlorengehn!
O seliges Glückempfinden!
O Wieder- o Wiedersehn! . , . .
— — Da wirbeln auf einmal die hohlen
Trommeln den Früh-Alarm —
Von selbst aufspringen die Sohlen,
Zur Flinte greift der Arm —
Statt Friedensgedanken Granaten
Durchfliegen den Himmelsraum —
Die Seelen sind wieder Soldaten --
Und alles war ein Traum.
A. DE NORA
Auf dem Seelengrund eines Jeden ruht
ein Keim der Gemeinheit. Ein Hauch kann
ihn wecken. Bei vielen genügt, daß der
Kerl plötzlich zu Geld kommt.
Wer den Feind überschätzt, hat schon halb
gewonnen, wer ihn unterschätzt, hat schon
halb verloren.
Ein neuer Anzug zur rechten Stunde hat
schon mehr Menschen gerettet als manch ein
Dutzend philanthropischer Gesellschaften.
Ein schlechter Aphorismus, aus dem nicht
ein jeder dumme Kerl ein dickes Buch machen
könnte.
Paul Garin
„Du weißt die neuesten drahtlosen Meldungen ?"
fragte Jan Nieuwenhuis, träge — wie immer.
Gaston nickte ernst:
„Die Deutschen sollen Lüttich haben. Diese
fürchterlichen neuen Kanonen, die sie haben —
— von Krupp — — sollen alles in Stücke
reißen!"
„So heißt es! Aber wer weiß," meinte Nieu-
wenhuis, „ob es nicht bald anders wird."
„Nein-es wird noch schlimmer kom-
men, mein Freund. Ich kenne die Deutschen.
Ich habe sieben Jahre als Vertreter unseres
Hauses in Deutschland gelebt. Dieses Bündnis
mit Frankreich und England ist ein Wahnsinn,
ist ein Verbrechen an unserni Volke."
„Das sagst Du, ein Belgier?"
„Ah bah-Belgier! Ich bin ein Blam-
lünder, meine Mutter ist eine Deutsche. Mir
sind die Deutschen tausendmal lieber als die
andern, besonders die verlogenen Engländer.
Siehst Du, mein lieber Nieuwenhuis, in wenigen
Tagen sind wir in Rotterdam, in zwei Wochen
426
Äkptraum
Dem grossen grimmigen Morden
Fielen die Augen zu.
Im Feld ist’s still geworden.
Die Heere gingen zur Ruh —
Und über den Leib der Müden
Nach dieser schweren Schlacht
Giesst ihren gütigen Frieden
Die mütterliche Nacht,
Die Seele aber, die Seele
Der Millionenschar,
Die tags der harten Befehle
Geduldige Sklavin war.
Durchbricht nun ihre Schranken.
Der blinden Betäubung Tor,
Und steigt in Traumgedanken
Befreit zum Himmel empor . . .
Uber den schlaFenden Heeren
Sammelt sich wie der Flug
Der Stare, die heimwärts kehren.
Der träumenden Seelen Zug
Und fliegt mit rauschendem Flügel,
Von einer Sehnsucht gebannt.
Fort über Täler und Hügel
Ins ferne Vaterland.
Deutsche Standmusik in Peronne
Curt Ziegra (Inf. Leib-!
Und sieh, mit Lorbeerreisern
Prangt jede Hütte zuhaus.
Und aus den festlichen Häusern
Quillt jauchzende Menge heraus —
Viel Hände und Händchen winken
Und Augen sprühn überall
Und schmeichelnde Lüfte trinken
Glocken- und Jubelschall —
Und unter dem Klang der Lieder
Ziehn in unendlichen Reihn
Die Millionen wieder
Aphorismen
Das ist der Unterschied zwischen dem Mann
echter und falscher Bildung. Der Elftere
achtet, bewundert, liebt die hohen Geistes-
gaben, die ihm selbst versagt sind, der Andere
haßt, verachtet, verfolgt sie.
Wir verlangen von unseren Nebenmenschen
soviel Tapferkeit, Großmut, Aufopferung als
wir selbst zu haben uns einbilden. Da
kann es natürlich an kleinen Enttäuschungen
nicht fehlen.
Ich lag im Schlummer, der kein
Schlummer war —
Ein jeder Pulsschlag Hoffen oder
Bangen.
Ich sah den Teuren — tödliche
Gefahr! —,
Wie rings Kosaken ihre Säbel
schwangen;
Doch Flügel wuchsen ihm: er stieg
empor —
Festhalten wieder wollt' ihn mein
Verlangen,
Da schwebt er schon am fernen
Wolkentor:
Es öffnet sich: stolz ist er eingegangen.
Nun fühlt' ich erst, daß ich ihn
ganz verlor
Und schluchzte auf und rief ihn,
traumbefangen —
Die eigne Stimme klingt mir noch
im Ohr.
«. o.
Das Träukin mit
dem sanften Jlugenaufscblag
Bon Henry F. Urban
Auf dem Promenadendeck, unter der
Kapitänsbrücke, stand Gaston van der
Pool gegen die Schiffsbrüstung gelehnt,
Rg,-) mit dem Rücken gegen die Sonne, und
schlürfte seine Bouillon. Es war Früh-
ftückszeit. Die Stewards servierten belegte
Brötchen und Bouillon für die Passagiere, die
hier und da auf Deck herumstanden oder sich in
den bequemen Dampfer-Liegestühlen räkelten. Auf
der andern Seite des Pronienadendecks spielte
die Schiffskapelle des holländischen Dampfers das
lustige „Tineken van Huple." Gaston stellte seine
geleerte Tasse einem vorübergehenden Steward
auf das Servierbrett, entnahm seinem Zigarren-
täschchen eine teure Zigarette und zündete sie an.
Mehr und mehr Passagiere kamen an Deck,
ließen sich faul in die Liegestühle sinken oder
begannen um das Deck auf Backbord und Steuer-
bord, herumzuspazieren. Nun kam auch Nieu-
wenhuis, Gastons Freund, gleich ihm in Ant-
werpen ansäßig. Er war etwa dreißigjährig,
etwas füllig, brünett und schwerfällig, das gerade
Gegenteil von dem schlanken, blonden und leb-
haften Gaston.
Als Sieger zur Heimat ein!
o köstliches Neusichfinden
Und Nimmerverlorengehn!
O seliges Glückempfinden!
O Wieder- o Wiedersehn! . , . .
— — Da wirbeln auf einmal die hohlen
Trommeln den Früh-Alarm —
Von selbst aufspringen die Sohlen,
Zur Flinte greift der Arm —
Statt Friedensgedanken Granaten
Durchfliegen den Himmelsraum —
Die Seelen sind wieder Soldaten --
Und alles war ein Traum.
A. DE NORA
Auf dem Seelengrund eines Jeden ruht
ein Keim der Gemeinheit. Ein Hauch kann
ihn wecken. Bei vielen genügt, daß der
Kerl plötzlich zu Geld kommt.
Wer den Feind überschätzt, hat schon halb
gewonnen, wer ihn unterschätzt, hat schon
halb verloren.
Ein neuer Anzug zur rechten Stunde hat
schon mehr Menschen gerettet als manch ein
Dutzend philanthropischer Gesellschaften.
Ein schlechter Aphorismus, aus dem nicht
ein jeder dumme Kerl ein dickes Buch machen
könnte.
Paul Garin
„Du weißt die neuesten drahtlosen Meldungen ?"
fragte Jan Nieuwenhuis, träge — wie immer.
Gaston nickte ernst:
„Die Deutschen sollen Lüttich haben. Diese
fürchterlichen neuen Kanonen, die sie haben —
— von Krupp — — sollen alles in Stücke
reißen!"
„So heißt es! Aber wer weiß," meinte Nieu-
wenhuis, „ob es nicht bald anders wird."
„Nein-es wird noch schlimmer kom-
men, mein Freund. Ich kenne die Deutschen.
Ich habe sieben Jahre als Vertreter unseres
Hauses in Deutschland gelebt. Dieses Bündnis
mit Frankreich und England ist ein Wahnsinn,
ist ein Verbrechen an unserni Volke."
„Das sagst Du, ein Belgier?"
„Ah bah-Belgier! Ich bin ein Blam-
lünder, meine Mutter ist eine Deutsche. Mir
sind die Deutschen tausendmal lieber als die
andern, besonders die verlogenen Engländer.
Siehst Du, mein lieber Nieuwenhuis, in wenigen
Tagen sind wir in Rotterdam, in zwei Wochen
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