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Der ikakienische AriegsKericht

2m Etschtal erstürmten unsere braven Alpini
mit furchtlosem Todesmut die aus mehreren
Häuser» und einem Ziegenstall bestehende Stadt
Pimpinella. Die Abwesenheit icdes feindlichen
Verteidigers beweist den vollständigen Zusammen-
bruch der Österreicher. Mehrere alte Frauen
wurden gefangen. Trotzdem es zu tröpfeln an-
fing, ist die Stimmung der Truppen ausgezeichnet.

— Am Isonzo erschien S. M. der König an
der Front; als unsere Bersagleri seine ehrwürdige
Heldengestalt erblickten, steigerte sich ihre, trotz
der angenehmen Mitteltemperatur, ohnedies schon
freudige Stimmung zu stürmischer Heiterkeit. —
Die Nachricht des „Avanti" von der Ankunft
von Bermundelenzügcn ist auf böswillige Aus-
streuungen deutsch-österreichischer Spione zurück-
zuführen. Es handelt sich in Wirklichkeit nur
um Züge mit verunglückten Bergsteigern, die zu
ihrem Vergnügen trotz der herrschenden Gewitter-
neigung in den Alpen gewesen sind. — Leutnant
Gabriele Rappaport-d'Annunzio hat auf seinem
Schlachtrotz Ei-weih einen erfolgreichen Spazier-
ritt unternommen: trotz der Wolkenbildung war
die Stimmung der beiden Rösser einfach glänzend.

— Trotz des herrschenden Nebels bombardiert
unser Lenkballon „Lracassa" erfolgreich mehrere
italienische Bahnhöfe bei Ancona: ein ihn ver-
folgendes österreichisches U-Boot konnte ihm nicht
in die Lüfte folgen: ein Beweis, wie sehr diese
Boote bisher überschätzt wurden. — Nach über-
einstimmenden Meldungen von allen Teilen des
Kriegsschauplatzes ist die Verdauung unserer
Truppen über alles Lob erhaben. Die ärgste
Hitze hindert sie übrigens nicht am Schwitzen. —
Mit welcher Sehnsucht die unter österreichischem
Joch seufzenden Gebiete unseren Einmarsch er-
warteten, beweist die Tatsache, daß, sobald vor
einem Grenzort unsere Truppen sich zeigen, die
Einwohner unter dem Rufe: „Lauft's Kinder,
lauft's, d' Saubande kimmt!" enteilen, um uns
bei unserem Erlösungswerke nicht hinderlich zu
sein. „Saubande" ist ein altes ladinisches Wort,
das im modernenItalienisch etwa mit „Helden-
schar" zu übersetzen wäre. — Die Unredlichkeit
der österreichischen Kriegsführung offenbart sich
drastisch darin, daß sie die Schafherden, die wir
gegen ihre Verteidigungsstellungen vorjaglen, um
etwa vorhandene Flatterminen zur Explosion zu
bringen, nicht uns, ihren Eigentümern, zurllck-
gaben, sondern verspeisten. Aber das soll unser
tapferes Heer, selbst wenn das Barometer fällt,
nicht hindern, mit äußerstem Schwung des kost-
baren, süßen, lateinischen Blutes vorzugehen. —
Unser Armeeoberkommando gibt bekannt, daß
aus strategischen Erwägungen der Einmarsch
unserer Truppen in Wien bis auf weiteres ver-
schoben wurde, wenn auch trotz der Somme»
temprratur unser glanzvolles Heer durchaus nicht
zögern würde, jetzt schon dorthin zu marschieren,
falls nicht unliebsame Hindernisse sich entgegen-
stellten.

Pips

*

Rleines Gespräch

„Darf denn der Generalissimus Nikolai jetzt
immer noch den Ehrensäbel des Zaren mit der
Inschrift ,Dem Befreier Galiziens' tragen?"

„Gewiß! Es ist doch hauptsächlich das Ver-
dienst seines Feldherrngenies, daß Galizien —
von den Russen befreit wird!"

Deutsche Heimtücke

Während Frankreich und England im offenen
ehrlichen Kampfe stehen, haben die Deutschen ge-
gen ihre Feinde von hinten einen heimtückischen
Streich geführt. Zu dem Krankenlager des Kö-
nigs von Griechenland ist ein deutscher und ein
österreichischer, aber kein französischer Arzt ge-
rufen worden. Die Deutschen haben bekanntlich
dem König Konstantin Gift beigebracht, nur um
bei der auf die Vergiftung folgenden Krankheit
die Zuziehung eines Entente-Arztes hintertreiben
zu können. Die faule Ausrede, daß es gerade
für Rippenfellerkrankungen in Deutschland und
Oesterreich hervorragendere Spezialärzte gibt als
in Frankreich, zieht nicht. Ganz abgesehen da-
von, daß ein französischer Esel immer noch mehr
versteht als ein deutscher oder österreichischer Pro-
fessor, hätte sich König Konstantin, wenn er wahr-
haft neutral gewesen wäre, d. h. auf der Seite
Frankreichs gestanden hätte, ein anderes Leiden
anfchaffen müssen. Wenn seine Rippenfellentzün-
dung nur dazu da ist, um die Beutel Deutsch-
lands und Oesterreichs mit Honoraren zu fülle»,
dann hat Frankreich an seiner Krankheit nicht
das mindeste Interesse mehr, dann hätte er ebenso
gut gesund bleiben können.

Frldo

*

Deutrebe

Betrachtungen zur Bote Aillons

Wir sind überfallen, bei Nebel und Nacht,
von Räubern mit eisernen Schlingen I
Man hat uns durch Tücke und Niedertracht
versucht in's verderben zu bringen!

Durch Lügen sind wir umwebt, umstrickt,
Sie krochen gleich scheußlichen Molchen,
Und heimlich hat man den Stahl gezückt,
Den giftigen, uns zu erdolchen!

Und was, in aberwitzigem Wahn,

Nicht wollte der Arglist gelingen,

Das sollte — so war ihr teuflischer plan —
Die Not und der Hunger bezwingen!

Und ihre Tücken, so ungezählt,

Wohl konnten sie uns empören —

Nur eines gerade, das hat noch gefehlt:
Moral — vom Pankee zu hören!

JI. Br.

©teure!

(Ein Sieg! (Ein Sieg! «Erhabne Ruhmestaten
vollbrachte Frankreich nun mit kühner Hand:

Sie flogen mit zwei Dutzend Apparaten
Nach Karls ruh' meuchlings in das Badner Land

Zwar liegt die Stadt gar weit vom Kriegsgefilde,
Hat mit den Kämpfen nichts zu tun bis jetzt,
Ist nicht beschirmt von einer Festung Schilde
Und nicht von Truppen kriegerisch besetzt —

Und doch — sie warfen ungezählte Bomben
Auf diese Stadt und brachten Schreck und Grau'n!
(Ein Sieg! Lin Sieg! Zerfleischt sind Hekatomben
von Unbewchrten, Kindern, Greisen, Frau'n!

Und beinah wär's dom Fliegerschwarm gelungen,
Daß Schwedens Königin, die dort im Schloß
Zu Gaste weilte, sieghaft ward bezwungen,
Getötet durch ein mörd'risches Geschoß . . .

Sie zielten nach des Fürstenschlosses Dache
Und trafen gut, was unverteidigt war:

Das ist des herrlichen Kulturvolks Rache,

Ist Gourtoisie, Revanche und Gloire!

Der Haß, die Angst, die Schande macht sie trunken
Und ungehemmte Mörder sind sie nun,

Die tapfre Krieger waren, sind Halunken
Und wissen rasend nimmer, was sie tun!

Schier möcht' man beten: Herrgott lass' auf Lrden
Nach solchen proben grauser Infamie
So bald als möglich wieder Frieden werden ■*-
Sonst wird die halbe Menschheit noch zum Vieh!

Hanns

*

Psychiatrisches

Ans Paris wird berichtet, daß der Mörder
Iaures', Villain, seine vorläufige Entlassung
aus der Haft beantragte, weil er ja wegen Un-
zurechnungsfähigkeit straffrei sei, und daß
der frühere Generalzahlmeister Desclaux,
der Hunderttausende von Kriegsgeldern unterschlug,
wegen Geistesstörung aus dem Gefängnis
in ein Lazarett überführt wurde. Die Geistes-
krankheit, um die es sich bei den beiden handelt,
wurde erst in jüngster Zeit genauer diagnostiziert
und studiert; sie heißt Salandrose. Sie stellt
einen Zustand dar, in welchem man nimmt,
was man kriegen kann-, je mehr, je lieber,
gleichgiltig ob es Freund oder Feind gehört, und
in welchem man auch ruhigen Blutes auf de»
schießt, der einem im Wege steht, gleich-
giltig, ob man sein Freund oder Bundesbruder
war. Es ist nur recht und billig, daß man die
kleinen, individuellen „Salandrös" laufen läßt,
nachdem man ganze von der Salandrose
befallene Nationen als gute Freunde
Frankreichs begrüßt. Die Irrenärzte zwei-
feln auch nicht im Geringsten an der Unzu-
rechnungsfähigkeit der Betroffenen, es frägt
sich nur, ob man sie ins Irre n haus sperren
oder frei herumlaufen lassen soll. Wir stellen
die Lösung dieses Problems zur Diskussion.
Register
Arpad Schmidhammer: Illustration zum Text "Deutsche Betrachtungen zur Note Wilsons"
Pips: Der italienische Kriegsbericht
-o-: Kleines Gespräch
Hanns (Hans): Gloire!
A. D. N.: Psychiatrisches
M. Br.: Deutsche Betrachtungen zur Note Wilsons
Frido: Deutsche Heimtücke
 
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