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Die Rücktüärtsfleger

Galizische Makamen

Als mit zehnfacher Übermacht — und durch
tausendfache Niedertracht — jber Verräter, die
sie bestochen — in des Kriegs'ersten Wochen —
die Russen eingebrochen — in Galizien — sahen
sie darin Indizien — von einem raschen Sieg

— in ihrem räuberischen Krieg — und die Bande
verflieg — nach dieser Leistung — sich zu der
Erdreistung: — „Bereichert sei um die herrlichste
Blüte" — o du meine Güte! — „nun die Krone
des Zaren — durch die Kosakenscharen — auf
Kosten der Barbaren." — Als sie dann das ver-
lassene Lemberg genommen — sind sie vor
Stolz aus dem Häuschen gekommen — und als
sie Przemysl ausgehungert, — das sie monde-
lang umlungert, — schien ihnen des Krieges Ziel

— erreicht und gewonnen das Spiel. — Nun
sei erledigt der Feind, — hat man im Osten ver-
meint — und als Rußlands Provinz erklärten

— Galizien die Ehrenwerten. . .

Aber in den Karpathen — sind des Niko-
laus Soldaten — an einen ehernen Wall ge-
raten, — den sie halt nicht vermutet — und sind
rückwärts geflutet, — erschöpft und verblutet, —
trotz dem Geschrei — des langen Nikolai —
„Wei-hei-wei!" — Doch die russischen Strategen

— waren nicht verlegen — und erklärten der
Zug — nach Osten war klug — weil man sich
besser wo anders schlug!

Dann nahmen die deutsch-österreichischen Brüder

— Przemysl wieder — mit stürmischem Mut —
und in grimmiger Wut — von der russischen
Brut — und sofort erklärten deswegen — Ruß-
lands Strategen, — an Przemysl sei nichts ge-
legen — und rmr ein gutes Stück — ostwärts
fände zuni Glück — sich durch die Bodenwellung

— eine viel bess're Stellung, — an der käm'
jeder Sturm zur Zerschellung — und halte nian
Lemberg nur fest — beherrsche man auch den Rest!

Doch es war anders vermeint, — denn der
böse Feind, — Deutschland und Österreich ver-
eint, — drängte „barbarisch" nach — Stellung
um Stellung zerbrach — und am 22. Iunius —
es war ein schwerer Entschluß! — mußte der
Ruß — nach kurzen Erobererträumen — auch
Lemberg räumen. — Das war bitter, —
aber die Moskowiter — erklärten sofort in der
Presse, — man messe — kein strategisches Interesse
dem Falle Lembergs zu — und man werde im
Nu — und in Ruh — sich weiter ostwärts be-
wegen — nach weisem Überlegen — der russischen
Strategen; — ja der Fall Lembergs wäre —
ein Erfolg und eine Ehre — für die russischen
Heere, — was zum Siege verhelfe. — Wie es
Achtzehnhundertundzwölfe — mit Na-
poleon war, — werde der Zar — der Feinde
Schar — ganz unerschrocken — nach Moskau
locken — und dort in allrussischen Gauen — den
Gegner verhauen, — der werde schauen!

Hat man in Moskau kein Glück, — geht
man halt weiter zurück — Stück für Stück, —
bis da wo des Ural Berge sich türmen — und
wenn die Deutschen sie stürmen — nimmt man
bessere Positionen — in sibirischen Regionen: —
und käme mit seinen Kanonen — das feindliche
Heer — auch schließlich ans östliche Meer, —
dann könnten seine Streiter — ganz sicher nicht
weiter — und man schmisse alsdann — sie in
den Stillen Ozean! — Das ist der geniale Plan

— von Serenissimus — dem Generalissimus! —
Darum keinen Pessimissimus: — Man ersieht —
selbst wenn sie flieht, — was öfter geschieht, —
siegt die russische Armee! —

Ach Herrsch! i*ips

II re

Von Signor iDomcntco Katzelmacher

Der liebste Satze! auf das Welt
Das sein il nostro re;

Wenn wir sie seh', dann freien sie
Wir subto Jucke!

Es macken sie voll gaudio
Die Erfel einer Sprung,

Luors tansen sie in Leib
Bor das Begeisterung!

Es sein sie eosl pieeolo,

Die König, winsig klein,

Sie giengen als bagaglio')

In das Tornister 'rein!

Sie sei» sie per Italia
Die allergrößte Smuck,

Wir müssen passen sempre auf,

Daß wir sie nit erdrück'!

Daß wir sie nit erdrück' vor Lieb'...

Das war sie gar nit gut,

Weil poveretto Königle
Allora wär kaput!

Wenn sie nit die rispetto wär
In dieser Lebenslauf,

Dann fräßen eon polenta wir
Die «utto König auf!

i) Gepäck.

*

Michel fei gescheit!

Michel sei gescheit und lasse Dich besiegen!
Der „Manchester Guardian" hat es nämlich
herausgekriegt, daß es in Deutschlands eigen-

II. Grieß

Der Rarroffelwucherer

„Is dös a Rreuz: jetzt wären die Rar-
toffeln schön teuer, aber wenn man nun ver-
kauft — natürlich werden s' gleich wieder
nix wert."

stem Interesse liegt, Prügel zu Kriegen.
Denn: „Ein Sieg Deutschlands nach weiteren
zwölf Monaten des Kampfes werde cs im Ver-
hältnis zu Frankreich und Rußland, von Eng-
land gar nicht zu reden, mehr schwächen als jetzt
eine zerschmetternde Niederlage. Es sei buch-
stäblich und ernsthaft wahr, daß cs für Deutsch-
land das Beste wäre, was ihm begegnen
könnte, d. h. das Beste nach den rein physischen
Maßstäben seiner Macht in der Zukunft, wenn
es so bald als möglich geschlagen würde."

Bonar Law, der an Großmäuligkeit und
verleumderischer Niedertracht jetzt selbst Churchills
Rekord geschlagen hat, nmchte jüngst in einer
Rede klar, was eine solche Niederlage für uns
zu bedeuten hätte: Den Besiegten, der natürlich
Deutschland sein muß, erwarte „eine derartig
erdrückende Niederlage, daß sich niemand
ein Bild machen könnte von dem Grade
der Erniedrigung, zu welcher sei» natio-
nales Leben herabsteigen würde."

Es zeugt von der wahnsinnigen Verblendung
der Deutschen, daß sie sich gegen diese angenehme
Aussicht bis auf den letzten Mann wehren wollen

— » —

*

Euphemisten

„Gewehrfeuer bei Leniberg," war das
Einzige was der russische Generalstab von der
Lemberger Schlacht zu melden wußte. Man
wundert sich darüber? Warum? Die Meldung
ist ein erneuter Beweis von der unantastbaren
Wahrhaftigkeit der amtliche» russischen Kriegs-
berichte. Denn: war vielleicht kein Gewehr-
feuer bei Lemberg? Man behauptet, es war
sogar ein großes „Gewehr-Weggcfeuer" bei Lem-
berg. Die Fassung ist aber auch ein Beweis für
die hohe Kultur der russischen Armceleitcr. Welche
Feinheit, welche diskrete Ausdrncksweise
gegenüber den brutal-nüchternen, prosaischen deut-
schen Mitteilungen! Man denke sich diese Form
fortgesetzt und auf andere Kriegsereignisse über-
tragen, wie wohltuend wirkt sie! Beispiele
sprechen.

Die schwere Niederlage der Engländer im
Westen nach dem Angriff mit Gasbomben würde
Nikolajewitsch etwa so gemeldet haben: „Üble
Gerüche bei Neuve Chapelle." Die Kämpfe
in Frankreich: „Pulverdampf auf der Lo-
rettohöhe." Die Verluste an den Dardanellen:
„Schiffsschwankungen beim Marmara-
meer." Die Plünderungen in Moskau: „Waren
verloren: ehrliche Finder gesucht." Hoffent-
lich erscheint auch recht bald die Meldung:
„Brenzliche Gegend um Petersburg" und
einige Zeit später: „Der Zar verreist, Groß-
fürst Nikolajewitsch an einer Hals-
Operation gestorben ...."

A. I». ».

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Register
Domenico Katzelmacher: Il re
Rudolf Grieß: Der Kartoffelwucherer
-o-: Michel sei gescheit!
Pips: Die Rückwärtssieger
A. D. N.: Euphemisten
 
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