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G. Herzig

fcldgottcsdUnst

Hus dem treuen Tornister Irramte jeder sein Gebetbuch.
Die morastige Dorfstrasse ging’s entlang.

Vorbei an verräucherten Fjäuserresten.

Die — fensterlos — dastanden wie Menschen,

Denen man in wüster Schlägerei die Hugen ausgestochen ...
Hilflos und grauenerregend —.

Hinauf zu dem Hügel, wo einsam zwischen den Gräbern
Gefallener Krieger die alte Kirche trauernd stand.

Schwere eichene Flügeltüren
Schrieen in rostigen Hngeln stöhnend auf.

Wie Schwerverwundete aufschreien, wenn sie des Nachts
Von den Greueln der feldschlacht träumen . . .

Die Dämmerung hockte im Kirchenraum.

Hockte wie eine stumme, graue frau in den Kirchenstühlen,
Hockte hinter den steingrauen, ungeschlachten Pfeilern:

Die auf breiten Schultern die schwere Decke trugen,

Hockte hinter der Muttergottes, die, steingemeisselt,

Hn einem der grauen Pfeiler lehnte.

Die todestraurigen Hugen weit aufgetan . . .

Hm Hltar blitzte ein Zündhol; auf.

3m Goldschimmer einer flackernden Kerze stand,

Wie ein Schattenriss auf goldnem Grund,

Den klick wie ins Unendliche gerichtet.

Des Predigers scharfgeschnittenes Gesicht —.

„Unser Leben ist wie das Gras auf dem felde.

Das abgehauen wird und verdorrt!“ — —

Gishalt fuhr’s uns ins Herz.

Hus weitaufgerissenen schwarzen Mäulern

Spieen stählerne, laut brüllende Ungeheuer
Rotflammendes Gisen in unsre Reihen . . .

Heimtückische Drahtverhaue brocken uns
Schlangenlistig zwischen die strauckelnden füsse
Und rissen uns mit spitzen, klirrenden Gisenkrallen
Blutende f leiscbfetjen aus den Leibern . . .

Blitzende Bajonette bohrten sich beutetoll
3n jäh stürzende Männerkörper. . .

Knochen knirschten — —.

Und um uns war tierisches Gebrüll

Und Wimmern und Stöhnen von Sterbenden . . .

„Dock der Dünger eures strömenden Blutes
Wird goldene frückte treiben!“ —

Des Predigers Stimme war aufgesprungen wie der Sturm.
Wie ein feuriges Gewitter blitjleucbtete es
Huf hundert harten Soldaten gesichtem,

Jn hundert Herzen sang es: Sieg!

Sonnige Heimatfluren tauchten leuchtend herauf
Hus feurigem Qualm und Schlachtengetümmel.

Jubelnde Stimmen riefen uns: „Vater!“ und „Bruder!“ —
Wie lange schon hörten wir nicht so traute Laute! . . .

Und als nun die Regimentskapelle begann,

Sckwer und markig, trotziges, jubelndes Bekenntnis
Jeder schmetternde fanfarenton.

Da sprangen uns leuchtende Quellen aus den Hugen.

Und wir sangen tieferschüttert den heiligen Schwur:

„Und wenn die Welt voll Teufel wär’,

6s muss uns doch gelingen!“ fritz Hlldrtig

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Fritz Kudnig: Feldgottesdienst
G. Herzig: Alter Friedhof
 
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