trank er von ihrem Sekt und ihni war,
als ob sie recht hätte.
Gerade ging das andere Ehepaar
von jenem Dsch Arm in Arm an chm
vorbei; jung und fröhlich, sie elegant
mit der Schlepps überm Arm, er breiter
und mißglückt schneidig. Hanno benei-
dete sie, wie sie so einherschritten, ver-
gnügt und ein wenig angetrunken; und
es machte ihn nicht froher, als sich die
Frau nach ihm rimwendete. Daun
gingen sie unter, und Hanno hatte wie-
der aus einem fremden Glase, das ihm
von irgendwoher gereicht wurde, Sekt
zu trinken. Die Süße von vorhin zürnte
plötzlich, sah mit dem Rücken ihm zu-
gewandt und hielt die Füge gegen einen
Pfeiler gestützt, mißmutig — und es
blieb nichts übrig, als sie um die Taille
zu nehmen und herumzudrehen.
Dies hatte er soeben ausgesührt, als
die blonde Frau selber langsam an ihni
vorüberschritt; neben der anderen ging
sie, in einem ruhigen Gespräch, etwa
wie in einenr stillen Walde; und es war
ungewiß, ob sie Hanno oder sonst irgend
einen Menschen überhaupt bemerkte.
Die Süße, schnell versöhnt, öffnete
den Mund, uvt zu lachen, und tupfte
mit dem Finger nach Hannos' Rock-
ärmel. Aber es war zu spät, Hanno
war schon im Davongehcn, und der
Mund der Süßen, der lachen wollte,
blieb offen. Sie stand auf und blickte ihm nach,
wie er seinen Weg ging; der anderen nach.
Eine Treppe führte zu einem Kranz von Logen,
die den Saal in der Höhe umgaben, und irgend-
wo war eine Balustrade, ein Geländer, an das
man sich zu lehnen vermochte und über das hin-
weg man auf die Menschen unten herabsah. Hier
verweilten die beiden Damen, man lachte und
zeigte sich den Knäuel und Wirrsal, den die Leute
unten bildeten. Sie standen an das Geländer
gelehnt und sahen hinunter. Hier und da in der
Nähe hielten sich noch einige andere Leute auf
Ergreifendes Film-Drama in fünf Akren
„Brauchst D' ns a Taschentuch?!''
„Vtaa, für oan Akt reicht's schs' ns!"
und Hanno trat jetzt ebenfalls an die Balustrade;
so befand er sich unmittelbar neben der Dame
in Blau, die elegante Freundin stand einige
Schritte entfernt. Hanno betrachtete das Trei-
ben dort unten. Man war hier in der Höhe
ein men g wie in einer anderen Welt. Und
darum legte er nun seinen Arm behutsam und
zärtlich um den schlanken, vorgebeugten Leib
der Dame in Blau, so daß die Seide ein wenig
knisterte. Durch das Brausen, das von unten
emporstieg, wurde es diskret und deutlich hör-
bar.
Uber die Treppe aber schritt eilig
und unbeholfen ein kleiner Mensch, der,
von oben gesehen, kurios und hüglig war.
„Mein Mann" — sagte die blonde Frau,
unk richicte fid) auf. Auch die Freundin
hatte ihn schon gesehen, sie trat wieder
hinzu und beide gingen Arm in Arm
weiter und ihm entgegen.
Hanno war zurückgetreten, als sie
sprach, wie es die Umstände erforderten.
Mit keiner Wimper hatte sic ihn ge-
streift. Es war völlig ungewiß, ob sie
von seiner Rätze wußte, sowie davon,
daß er sie jetzt eben umschlungen und im
Arni gehalten hatte.
Inzwisäicn war der Mann oben
angelangt. Gerade sah Hanno noch,
wie er ihren weißen, unbekleideten Arm
in den seinen zog und mit ihr davonging.
Hanno's Seele schnierzte. Irgendwo
saß Mißbehagen in ihm und eine Un-
vollkommenheit; er ging die Treppe
hinunter, und nunmehr ohne Zaudern
zu ihr; auf ihren Platz zu. Der war
leer; alle waren gegangen. Nichts
war zurüdrgeblieben, was darauf hin-
deuten konnte, daß man zurllckkchrcir
würde; sondern der Tisch war kahl
und verlassen, man war fort.
Hanno setzte sid> aus den Stuhl,
wo ihr Platz gewesen war. Rechts
von ihm, außerhalb der Estrade, tobte
die Menge. Er überlegte und cs er-
sd>ien ihm merkwürdig, daß hier, irgetidwo im
Getöse, sein Herz gesprochen, und daß ein Mensch
ftrfj ihm unbegreiflich zugeneigt hatte daß seine
Seele gebebt, und eine andere mit ersdiüttert hatte.
Daß hier eine Frau in seinem Arm sein ge-
worden war; einen Augenaufsdilag lang. Dod>
wer wird den Verlauf seines Glückes nach Mi-
nuten registrieren? Was ist schließlich die Zeit,
als ein Notbehelf, ein Gefäß, die Ereignisse auf-
zufangen ? Wer im Innern lebt, weiß nid>ts von
derlei Schranken, und was wir einmal empfunden
haben, ist ewig unser.
c
D
Uel etwaigen BesteUunnen bittet man auf die Münchner „d ÜÜKMD“ Bezug au nehmen.
11
als ob sie recht hätte.
Gerade ging das andere Ehepaar
von jenem Dsch Arm in Arm an chm
vorbei; jung und fröhlich, sie elegant
mit der Schlepps überm Arm, er breiter
und mißglückt schneidig. Hanno benei-
dete sie, wie sie so einherschritten, ver-
gnügt und ein wenig angetrunken; und
es machte ihn nicht froher, als sich die
Frau nach ihm rimwendete. Daun
gingen sie unter, und Hanno hatte wie-
der aus einem fremden Glase, das ihm
von irgendwoher gereicht wurde, Sekt
zu trinken. Die Süße von vorhin zürnte
plötzlich, sah mit dem Rücken ihm zu-
gewandt und hielt die Füge gegen einen
Pfeiler gestützt, mißmutig — und es
blieb nichts übrig, als sie um die Taille
zu nehmen und herumzudrehen.
Dies hatte er soeben ausgesührt, als
die blonde Frau selber langsam an ihni
vorüberschritt; neben der anderen ging
sie, in einem ruhigen Gespräch, etwa
wie in einenr stillen Walde; und es war
ungewiß, ob sie Hanno oder sonst irgend
einen Menschen überhaupt bemerkte.
Die Süße, schnell versöhnt, öffnete
den Mund, uvt zu lachen, und tupfte
mit dem Finger nach Hannos' Rock-
ärmel. Aber es war zu spät, Hanno
war schon im Davongehcn, und der
Mund der Süßen, der lachen wollte,
blieb offen. Sie stand auf und blickte ihm nach,
wie er seinen Weg ging; der anderen nach.
Eine Treppe führte zu einem Kranz von Logen,
die den Saal in der Höhe umgaben, und irgend-
wo war eine Balustrade, ein Geländer, an das
man sich zu lehnen vermochte und über das hin-
weg man auf die Menschen unten herabsah. Hier
verweilten die beiden Damen, man lachte und
zeigte sich den Knäuel und Wirrsal, den die Leute
unten bildeten. Sie standen an das Geländer
gelehnt und sahen hinunter. Hier und da in der
Nähe hielten sich noch einige andere Leute auf
Ergreifendes Film-Drama in fünf Akren
„Brauchst D' ns a Taschentuch?!''
„Vtaa, für oan Akt reicht's schs' ns!"
und Hanno trat jetzt ebenfalls an die Balustrade;
so befand er sich unmittelbar neben der Dame
in Blau, die elegante Freundin stand einige
Schritte entfernt. Hanno betrachtete das Trei-
ben dort unten. Man war hier in der Höhe
ein men g wie in einer anderen Welt. Und
darum legte er nun seinen Arm behutsam und
zärtlich um den schlanken, vorgebeugten Leib
der Dame in Blau, so daß die Seide ein wenig
knisterte. Durch das Brausen, das von unten
emporstieg, wurde es diskret und deutlich hör-
bar.
Uber die Treppe aber schritt eilig
und unbeholfen ein kleiner Mensch, der,
von oben gesehen, kurios und hüglig war.
„Mein Mann" — sagte die blonde Frau,
unk richicte fid) auf. Auch die Freundin
hatte ihn schon gesehen, sie trat wieder
hinzu und beide gingen Arm in Arm
weiter und ihm entgegen.
Hanno war zurückgetreten, als sie
sprach, wie es die Umstände erforderten.
Mit keiner Wimper hatte sic ihn ge-
streift. Es war völlig ungewiß, ob sie
von seiner Rätze wußte, sowie davon,
daß er sie jetzt eben umschlungen und im
Arni gehalten hatte.
Inzwisäicn war der Mann oben
angelangt. Gerade sah Hanno noch,
wie er ihren weißen, unbekleideten Arm
in den seinen zog und mit ihr davonging.
Hanno's Seele schnierzte. Irgendwo
saß Mißbehagen in ihm und eine Un-
vollkommenheit; er ging die Treppe
hinunter, und nunmehr ohne Zaudern
zu ihr; auf ihren Platz zu. Der war
leer; alle waren gegangen. Nichts
war zurüdrgeblieben, was darauf hin-
deuten konnte, daß man zurllckkchrcir
würde; sondern der Tisch war kahl
und verlassen, man war fort.
Hanno setzte sid> aus den Stuhl,
wo ihr Platz gewesen war. Rechts
von ihm, außerhalb der Estrade, tobte
die Menge. Er überlegte und cs er-
sd>ien ihm merkwürdig, daß hier, irgetidwo im
Getöse, sein Herz gesprochen, und daß ein Mensch
ftrfj ihm unbegreiflich zugeneigt hatte daß seine
Seele gebebt, und eine andere mit ersdiüttert hatte.
Daß hier eine Frau in seinem Arm sein ge-
worden war; einen Augenaufsdilag lang. Dod>
wer wird den Verlauf seines Glückes nach Mi-
nuten registrieren? Was ist schließlich die Zeit,
als ein Notbehelf, ein Gefäß, die Ereignisse auf-
zufangen ? Wer im Innern lebt, weiß nid>ts von
derlei Schranken, und was wir einmal empfunden
haben, ist ewig unser.
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Uel etwaigen BesteUunnen bittet man auf die Münchner „d ÜÜKMD“ Bezug au nehmen.
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