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GEORG HIRTH

Nun ist er für immer aus unserem Kreise geschieden, dem er
Stütze und Mittelpunkt gewesen ist seit zwanzig Jahren! Es war
kein Zufall, dab er dem Werk, das sein talenreiches und vielgestaltiges
Schaffen krönen sollte, den Titel „JUGEND" gab. Er hatte die Jugend
lieb und trug die Jugend in sich bis in das Alter hinein, das andere zu
Greisen macht. Er hatte die Jugend lieb, wie und wo sie sich äuberte,
frisch und blühend, keck und vorwärts drängend, feurig in ihren Hoff-
nungen und Entwürfen. Was ihm jung und gesund erschien, war
seiner ermutigenden Hilfe gewib!

Und die Jugend blieb auch ihm treu! Daseinsfreudig und arbeits-
froh war er auch noch mit mehr als siebzig Jahren, lebenbejahend und
immer kampfbereit, wie ein Jüngling, wo es um das Wahre und Rechte
ging, im völkischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Leben. Und
immer war er erfüllt vom Glauben an den Sieg des Guten. Er war
ein deutscher Mann vom Wirbel bis zur Sohle und ist erst recht jung
geblieben in dieser flammenden Liebe zum Vaterland. Ihr galten
seine ersten Schritte ins öffentliche Leben, sie warf ihren Schein noch
in die letzten dunklen Krankenträume seines Sterbelagers.

Mit jugendlicher Begeisterung hat er für das Schöne gekämpft sein
Leben lang: Als mit dem Aufblühen des neuen deutschen Reiches die
Zeit und Möglichkeit gekommen war, aus dem neuerwachten Verständ-
nis für die alte Kunst einen Boden zu legen für die neue; als es not-
wendig ward dieser neuen Fortschritt und fessellose Freiheit zu sichern
— und zuletzt, als es galt, der künstlerischen Jugend einen weiten
Tummelplatz zu schaffen in der Zeitschrift, die er so bezeichnend „die
Jugend" taufte. Er stritt für das Schöne ein halbes Jahrhundert lang mit
der Feder, wie als Herausgeber einer langen Reihe prachtvoller Werke
über Kunst und trat persönlich mit Rat und Tat ein, opferfreudig und
bedingungslos, wo er irgend nützen konnte. Wie viel er den Jüngern
der Kunst Liebes getan hat in der Stille, wie in der Oeffentlichkeit, das
wissen nur Wenige abzuschätzen. Wir, die wir neben ihm schaffen
durften an seinem Lieblingswerke, der Münchner „Jugend", verlieren
nun nicht nur den Führer, den starken Halt, wir verlieren auch den
väterlichen Freund und frohgemuten Kameraden, der Anregung gab
nach allen Seiten und warmen Anteil nahm an jedem Einzelnen!
Unsere Trauer ist darum grob und wahr und die Kunde von seinem
Hinscheiden traf uns jäh, als ein lähmender Schlag, ob wir gleich seit
sechs Monaten auf sie gefabt sein mubten. Er hat gelitten, wie Wenige
leiden müssen, gelitten mit einer Geduld ohnegleichen. So ward
unserem Schmerze wenigstens der eine Trost, dab das Ende auch
eine Erlösung bedeutete. Ohne Kampf ist zuletzt der Fünfundsiebzig-
jährige entschlafen. Für uns lebt er weiter in seinem Werk, das wir
treulich hüten wollen in seinem Geiste! —

Diesen Schwur legen wir mit dem Lorbeer, den Du erkämpft hast,
an Deiner Bahre nieder. Du tapferer, deutscher, jugendstarker Mann!

DIE „JUGEND"
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Redaktioneller Beitrag: Nachruf Georg Hirth
 
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