Liebe Jugend
3 fr besuche dünn liub wann ein kleines Vor-
stadt-Kino. Noch nirgends habe ich so „schöne"
Dramen gesehen wie dort. Ihre Wirkung wird
nicht unwesentlich durch den Klavierspieler erhöht.
Tritt nämhch auf der Leinwand ein Todesfall
ein, so rutscht der Künstler pietätvoll von seinem
Klaviersessel zu einem Harmonium hinüber und
entlockt ihm die erschütterndsten a,öne.
Als ich neulich dort war, war ich erstaunt, einen
wissenschaftlichen Film int Programm zu finden:
„Die Schlafkrankheit." Line Ratte wird geimpft. In
gewissen Zeitabschnitten werden Blut-Proben ent-
nommen und diese mikroskopisch gesehen gezeigt.
Außerdem daran anschließend das Tier vorgeführt.
Daß die hochinteressanten mikroskopischen Auf-
nahmen das Publikum lange nicht in dein Maße
fesselten, wie das kranke Viech, versteht sich von
selbst. Als es dann immer matter wird, werden
Ausrufe des Mitleides laut. Zum Schluß zieht
der Wärter das Tier tot aus seinem Käfig. All-
gemeines „Ach!"
Da ertönt von hinten auf einmal eine Stimme:
„Bitte Harmonium!"
Mama hatte ein gutes Herz; jetzt wollte sie
sogar das liebe alte Familien-Erbstück, unsere
Grgel, wegschenken. Die Grgel schien allerdings
sehr v e r st i itl in t darüber, daß man sie aus ihrer
Ruhe aufgestört hatte, aber es half ihr nichts; sic
wanderte in ein Soldaten-Genesungsheim. Und
1(4 Tage später zeigte uns Mama freudestrahlend
ein Dankschreiben von der Lazarett-Verwaltung
in HL, indem es u. a. heißt:
„Ihre, uns gesandte Grgel wirkt geradezu
Wunder; noch ist sie keine zehn Tage im Haus
und schon haben sich zwölf unserer Patienten frei-
willig wieder an die Front gemeldet."
Wir rieten Mama, die Grgel nun weiter an
eine Entlausungsanstalt zu schenken, vielleicht liefen
die Läuse daun auch voll selbst davon.
Hutgelpeter
j r'A,
Gefechtsbagage an der Bzura
Dies Rind, kein Engel ist so rein . . .
England wird immer nach in der schmählichsten
Weise verkannt. Die „Morning Post" hat ganz
recht. „Tatsächlich machte England nach
22 Kriegsmonaten noch nicht einmal
von seinen vollen m a r i t i m e n R e ch t e n
Gebrauch," sagt sie. Es hat zwar den Neu-
tralen verboten, andere Waren als englische
zu verfrachten, andere Kohlen als englische zu
verfeuern: aber hat es je etwas dagegen gehabt,
daß sie überhaupt die See befahren? Hat es
JA. Sapper (VizeWachtmeister)
dem Weltmeer verboten, neutrale Küsten zu be-
spülen, wozu es selbstverständlich das Recht und
— Britannia rule thewaves! — die Macht ge-
habt hätte? Hat es Amerika, Schweden, Holland
nicht sogar int Gegenteil die Ehre angetan, seine
Flagge zu benutzen? „Die boshaften Anklagen
und wüsten Angriffe gegen England sind so un-
verschämt, daß sie die Intelligenz der Amerikaner
beleidigen," meint die „Morning Post" daher.
Zarter und vornehmer kann sich gekränkte Un-
schuld wirklich nicht Luft machen.
Blizzard
ei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „JUGEND“ Bezug zu nehmen»
462 a
X —>4*1
3 fr besuche dünn liub wann ein kleines Vor-
stadt-Kino. Noch nirgends habe ich so „schöne"
Dramen gesehen wie dort. Ihre Wirkung wird
nicht unwesentlich durch den Klavierspieler erhöht.
Tritt nämhch auf der Leinwand ein Todesfall
ein, so rutscht der Künstler pietätvoll von seinem
Klaviersessel zu einem Harmonium hinüber und
entlockt ihm die erschütterndsten a,öne.
Als ich neulich dort war, war ich erstaunt, einen
wissenschaftlichen Film int Programm zu finden:
„Die Schlafkrankheit." Line Ratte wird geimpft. In
gewissen Zeitabschnitten werden Blut-Proben ent-
nommen und diese mikroskopisch gesehen gezeigt.
Außerdem daran anschließend das Tier vorgeführt.
Daß die hochinteressanten mikroskopischen Auf-
nahmen das Publikum lange nicht in dein Maße
fesselten, wie das kranke Viech, versteht sich von
selbst. Als es dann immer matter wird, werden
Ausrufe des Mitleides laut. Zum Schluß zieht
der Wärter das Tier tot aus seinem Käfig. All-
gemeines „Ach!"
Da ertönt von hinten auf einmal eine Stimme:
„Bitte Harmonium!"
Mama hatte ein gutes Herz; jetzt wollte sie
sogar das liebe alte Familien-Erbstück, unsere
Grgel, wegschenken. Die Grgel schien allerdings
sehr v e r st i itl in t darüber, daß man sie aus ihrer
Ruhe aufgestört hatte, aber es half ihr nichts; sic
wanderte in ein Soldaten-Genesungsheim. Und
1(4 Tage später zeigte uns Mama freudestrahlend
ein Dankschreiben von der Lazarett-Verwaltung
in HL, indem es u. a. heißt:
„Ihre, uns gesandte Grgel wirkt geradezu
Wunder; noch ist sie keine zehn Tage im Haus
und schon haben sich zwölf unserer Patienten frei-
willig wieder an die Front gemeldet."
Wir rieten Mama, die Grgel nun weiter an
eine Entlausungsanstalt zu schenken, vielleicht liefen
die Läuse daun auch voll selbst davon.
Hutgelpeter
j r'A,
Gefechtsbagage an der Bzura
Dies Rind, kein Engel ist so rein . . .
England wird immer nach in der schmählichsten
Weise verkannt. Die „Morning Post" hat ganz
recht. „Tatsächlich machte England nach
22 Kriegsmonaten noch nicht einmal
von seinen vollen m a r i t i m e n R e ch t e n
Gebrauch," sagt sie. Es hat zwar den Neu-
tralen verboten, andere Waren als englische
zu verfrachten, andere Kohlen als englische zu
verfeuern: aber hat es je etwas dagegen gehabt,
daß sie überhaupt die See befahren? Hat es
JA. Sapper (VizeWachtmeister)
dem Weltmeer verboten, neutrale Küsten zu be-
spülen, wozu es selbstverständlich das Recht und
— Britannia rule thewaves! — die Macht ge-
habt hätte? Hat es Amerika, Schweden, Holland
nicht sogar int Gegenteil die Ehre angetan, seine
Flagge zu benutzen? „Die boshaften Anklagen
und wüsten Angriffe gegen England sind so un-
verschämt, daß sie die Intelligenz der Amerikaner
beleidigen," meint die „Morning Post" daher.
Zarter und vornehmer kann sich gekränkte Un-
schuld wirklich nicht Luft machen.
Blizzard
ei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „JUGEND“ Bezug zu nehmen»
462 a
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