Der Schukineister
Bon waltcr Mühlcr
Wir haben ihn heute begraben. Wie war
das eigentlich mit ihm? Manche der Leute
— Landwehr, Reserve, Rekruten, — hatten
geweint oder sich doch wenigstens verstohlen
mit dem weichen Handballen über die Augen
gewischt. Warum denn gerade bei dem? Und
warum gerade dann, als sie singen sollten? —
Der Feldwebel hat niir's erzählt. — Der
heute begraben wurde, der war eines Tages
gekommen, dick, rosig, mit schwerem Gepäck
und mit einer Brille, hatte ernst in die Welt
hineingeblickt und hatte eigentlich sich keines
Vertrauens erfreut. Bon einem ruhigen Posten
weit hinten war er gekommen, ganz allein.
Und wie er dahinten ja wohl seine Pflicht
getan hatte — sein Zeugnis bewies es —, so
führte er nun hier seine Gruppe, führte sie in
den Graben hinein, wieder heraus und exer-
zierte feine Abteilung, daß es den Zuschauenden
eine Lust war — den Exerzierenden weniger.
Er lies; seinen Leuten alles zukommen, auch
vom Eigenen, half, wo er helfen konnte, aber
blieb ernst, fast bissig. Und Zutrauen bekamen
sie doch nicht zu ihm. —
Bis es eines Tages im Befehl hieß: „Von
6—7 Uhr Singen." Die Kompagnie trat an,
der Schrilmeister führte sie auf eine Wiese,
ließ einschwenken, rühren, enger aufrücken und
kletterte indessen auf einen hohen und breiten
Komposthaufen, der beim Aufräumen alter Quar-
tiere entstanden war, stand nun hoch über den
Leuten, sah sich jeden Mann einzeln an — so
wie er's früher mal mit feinen Zungen gemacht
hatte — und dann lachte er. Und bei den Leuten
wollte sich so etwas wie Zuneigung zu ihm regen.
Er erklärte, er fang vor, sang mit, sang wieder vor,
einmal, zweimal, zehnmal und lachte dabei.
Und so ging es einige Tage hintereinander,
bis sie eines Tages dies und jenes Lied singen
konnten. Sie sangen bei Ubungsmärschen, sangen,
wenn sie in Stellung gingen, wenn sie heraus-
kamen, und immer wußte er, der sonst so Stille,
einen Reim mehr und ein Lied noch und brachte
sie immer wieder zum fröhlichen Singen. Und
so ernteten sie verdientes Lob, er auch. Aber er
war wieder so, als ginge es ihn nichts an. Und
so kan; es denn, daß die Kompagnie ihn gern
hatte, wenn es ans Singen ging, und daß
sie sonst doch mit ihm nichts zu tun haben
wollte.
Sie wurden aus der sogenannten ruhigen
Stellung herausgezogen, halfen dem Maisturm
einen Riegel vorschieben, verloren viele, aber sie
sangen. Sie hatten sechs Tage nichts Warmes
gegessen und getrunken, nichts Warmes gesehen
als rotes Blut und die unbarmherzige Sonne, die
auf dem Kalk brütete, die die Unbeerdigten zur
schnelleren Verwesung brachte, die ihnen so noch
den Atem nehmen half. Sie hatten angegriffen,
waren wieder angegriffen worden. Der Schul-
meister war immer ruhiger geworden, verbissen
fast. — Sie wurden abgelöst, sahen wieder Bäume,
noch nicht ganz zerstörte Häuser und blühenden
weißen Flieder. „Das gibl's wirklich noch?"
Sie wollten's nicht glauben. Eine letzte Granate
kam ihnen nach; ihm nahm sie den einzigen
Freund. Und der Regen kam, ein Frühlings-
regen, lange, dicht und ohne Aufhören, als wollte
er gut machen, als wollte er nun in einem großen
segnenden und reinigenden Guß all das Blut weg-
schwemmen, was da oben verspritzt war. Der
Regen rann, die Straßen wurden schlammiger,
die Beine kamen nicht mehr recht hoch, die Köpfe
Marktplatz in Raska Gurt Ziegra (Kriegsmaler)
hingen, die Röcke klatschten. Die Leute waren
so müde, hungrig, elend. —
Er stampfte vor der Kolonne her. Eine Er-
innerung kam ihm. Sie hatten im Seminar in
Blitz und Rege» und Wolkenbruch ihren Direktor
ärgern wollen, der in einer Gesangübungsstunde
nachsah, ob auch alle Fenster schlossen, und hatten
ihm jubelnd vorgesungen: „Dräust ist alles so
prächtig." Und der hatte sich die Ohren zuge-
halten, hatte ärgerlich mit dem Kopfe geschüttelt
und war eilig davon gegangen. Wie diese Er-
innerung, so belanglos sie sein mochte, ihn nun
sesthiclt! Ein Lächeln zuckte über sein Gesicht,
und nun sang er vor sich hin: „Dräust ist alles
so prächtig, und es ist mir so wohl." Seine
Nachbarn hoben die Köpfe, sie lachten, daß er
ausgerechnet im stärksten Regen davon sang, daß
alles so prächtig wäre. Die Hinteren Glieder
wurden aufmerksam, der Bann war gebrochen.
Und als sie nach zwei Stunden — schmutzig bis
an die Kniee, naß bis auf die Haut, breite
Regenrinnen im schon lange nicht mehr gewaschnen
Gesicht, in das Dorf einrückten, in dem sie nun
24 Stunden bleiben sollten, da sangen sie mit der
letzten Kraft der Kehlen und der Seelen: „Fest
steht und treu die Wacht am Rhein." Die Frauen,
schlampige Gestalten, schmutzige Kinder, Greise
stürzten oder humpelten an die Fenster, öffneten
deren Flügel trotz des Regens und fragten erstaunt:
«()u's8t es qu'il y a, mon Dieu?> —
Das Lied war aus, sie gingen naß in die Stroh-
lager, streckten die müden Glieder ins feuchte Stroh
und verschliefen alles Leid. Und er war still und
ernst wie inimer und hatte doch die Konipagnie
nach Hause gebracht, er allein. —
Dann war Pfingsten gekommen. — Die Kon;-
pagnie rückte in düfteschwerer Nacht durch zer-
schossene Dörfer, zwischen schwelenden Häusern hin-
durch, hinauf auf den Berg, löste ab und richtete
sich ein. Sturmgepäck! Biel gab's nicht einzu-
richten. — Man legte sich hinter die Hecke an den
kleinen Hang, nahin sein Gewehr fester, pflanzte
sein Seitengewehr auf, suchte seine Handgranaten
zusanunen und war eingerichtet. —
Der Schulmeister hatte wieder vor sich hin-
gesonnen. Sonst war er um diese Zeit einsamer
gewesen. Da hatte er seinen Rucksack genom
nien und war in waldigen; Gelände umher
gestiegen, allein, und hatte sich da wieder
Kraft geholt. Und wie er so da lag und sann
und in der Erinnerung suchte, wußte er plötz-
lich dies eine, daß das für immer ihm ver-
schlossen sein sollte, daß er nicht wieder nach
Hause käme! Und er konnte dem seltsamen
Erkennen nicht einmal gram sein. Nur eins
regte sich in ihn;: „Noch eine große Freude
haben, einmal noch!" Und da rief er seinen
Leuten zu: „Iungens, einmal wollen wir noch
singen, ein letztesmal." Sie wollten nicht, der
Feind lag 25 Meter ab, und dann verstanden
sie ihn auch nicht ganz. So fing er denn
an, allein zu singen in die stille Nacht hinein.
Es war, als ob die Heere endlich einmal müde
geworden wären, so sonderbar still blieb die
Nacht. Und er sang. Die Nachtigall im Wäld-
chen schlug mit, unten brannte eine Fabrik,
weit vorn glimmten Dorfreste. Er sang. Die
drüben schossen; die Kugeln gingen zu hoch.
Sie warfen Handgranaten. Da wurde er lustig:
„Sie treffen ja doch nicht!" Und er sang:
„Kein Feuer, keine Kohle
Kann brennen so heiß —."
Die drüben johlten. Und er antwortete:
„Es braust ein Ruf wie Donnerhall." Da
riß es seine Leute mit. Sie sahen sich ver-
schmutzt, todmüde, naß ins Ruheguartier ziehen,
fühlten nur, wie sich ihnen damals die Glieder
gestrafft halten, und sangen mit.
„Mensch! Sie singen ja falsch! — So! —
Ja — — so!!" Und er stieg auf den Rand
des Abhangs, zog sein Seitengewehr, gab mit
der blinkenden Waffe den Takt an und ließ dann
im Liede leise und niütterlich zart beginnen: „Lieb
Vaterland magst ruhig sein," — r;nd nun stärker
— und nun wuchtig: „Fest steht und treu die
Wacht am Rhein."
Und wie nun die ganze Linie in die so wild
lebendig gewordene Nacht hinein in immer ge-
steigerter Wucht wiederholte, ließ er die Waffe
sinken, den Arm, sank selbst in sich zusanunen,
bis er friedlich, wie eingeschlunnnert an dem Ab-
hang lag, den Oberkörper im Heckengesträuch, so
bequem, wie er sich's lange nicht geniacht hatte.
Ein kleines, bald versiegtes Blutbächlein floß
aus seinen; Hintcrkopfe, tropfte über den Bügel
der Brille, das Ohrläppchen, auf die Schulter. —
Ja, und nun haben wir ihn begraben.
Gedanken
von Paul Garin
Der Schmerz ist das Gefühl der Ohn-
macht, die Lust das der Allmacht gegenüber
dem Außen. Beides ist Täuschung, denn
jeder Schmerz ist zu überwinden, wie die
Helden und Märtyrer bezeugen, u;;d jede
Lust endet mit der bitteren Einsicht, daß es
nichts war mit der Unterjochung des Außen.
Das reichste Nest wird arm in dem Augen-
blick, da die Brut flügge wird.
*
Formlosigkeit ist entweder Eitelkeit oder
Schwäche, manchmal Genie.
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Bon waltcr Mühlcr
Wir haben ihn heute begraben. Wie war
das eigentlich mit ihm? Manche der Leute
— Landwehr, Reserve, Rekruten, — hatten
geweint oder sich doch wenigstens verstohlen
mit dem weichen Handballen über die Augen
gewischt. Warum denn gerade bei dem? Und
warum gerade dann, als sie singen sollten? —
Der Feldwebel hat niir's erzählt. — Der
heute begraben wurde, der war eines Tages
gekommen, dick, rosig, mit schwerem Gepäck
und mit einer Brille, hatte ernst in die Welt
hineingeblickt und hatte eigentlich sich keines
Vertrauens erfreut. Bon einem ruhigen Posten
weit hinten war er gekommen, ganz allein.
Und wie er dahinten ja wohl seine Pflicht
getan hatte — sein Zeugnis bewies es —, so
führte er nun hier seine Gruppe, führte sie in
den Graben hinein, wieder heraus und exer-
zierte feine Abteilung, daß es den Zuschauenden
eine Lust war — den Exerzierenden weniger.
Er lies; seinen Leuten alles zukommen, auch
vom Eigenen, half, wo er helfen konnte, aber
blieb ernst, fast bissig. Und Zutrauen bekamen
sie doch nicht zu ihm. —
Bis es eines Tages im Befehl hieß: „Von
6—7 Uhr Singen." Die Kompagnie trat an,
der Schrilmeister führte sie auf eine Wiese,
ließ einschwenken, rühren, enger aufrücken und
kletterte indessen auf einen hohen und breiten
Komposthaufen, der beim Aufräumen alter Quar-
tiere entstanden war, stand nun hoch über den
Leuten, sah sich jeden Mann einzeln an — so
wie er's früher mal mit feinen Zungen gemacht
hatte — und dann lachte er. Und bei den Leuten
wollte sich so etwas wie Zuneigung zu ihm regen.
Er erklärte, er fang vor, sang mit, sang wieder vor,
einmal, zweimal, zehnmal und lachte dabei.
Und so ging es einige Tage hintereinander,
bis sie eines Tages dies und jenes Lied singen
konnten. Sie sangen bei Ubungsmärschen, sangen,
wenn sie in Stellung gingen, wenn sie heraus-
kamen, und immer wußte er, der sonst so Stille,
einen Reim mehr und ein Lied noch und brachte
sie immer wieder zum fröhlichen Singen. Und
so ernteten sie verdientes Lob, er auch. Aber er
war wieder so, als ginge es ihn nichts an. Und
so kan; es denn, daß die Kompagnie ihn gern
hatte, wenn es ans Singen ging, und daß
sie sonst doch mit ihm nichts zu tun haben
wollte.
Sie wurden aus der sogenannten ruhigen
Stellung herausgezogen, halfen dem Maisturm
einen Riegel vorschieben, verloren viele, aber sie
sangen. Sie hatten sechs Tage nichts Warmes
gegessen und getrunken, nichts Warmes gesehen
als rotes Blut und die unbarmherzige Sonne, die
auf dem Kalk brütete, die die Unbeerdigten zur
schnelleren Verwesung brachte, die ihnen so noch
den Atem nehmen half. Sie hatten angegriffen,
waren wieder angegriffen worden. Der Schul-
meister war immer ruhiger geworden, verbissen
fast. — Sie wurden abgelöst, sahen wieder Bäume,
noch nicht ganz zerstörte Häuser und blühenden
weißen Flieder. „Das gibl's wirklich noch?"
Sie wollten's nicht glauben. Eine letzte Granate
kam ihnen nach; ihm nahm sie den einzigen
Freund. Und der Regen kam, ein Frühlings-
regen, lange, dicht und ohne Aufhören, als wollte
er gut machen, als wollte er nun in einem großen
segnenden und reinigenden Guß all das Blut weg-
schwemmen, was da oben verspritzt war. Der
Regen rann, die Straßen wurden schlammiger,
die Beine kamen nicht mehr recht hoch, die Köpfe
Marktplatz in Raska Gurt Ziegra (Kriegsmaler)
hingen, die Röcke klatschten. Die Leute waren
so müde, hungrig, elend. —
Er stampfte vor der Kolonne her. Eine Er-
innerung kam ihm. Sie hatten im Seminar in
Blitz und Rege» und Wolkenbruch ihren Direktor
ärgern wollen, der in einer Gesangübungsstunde
nachsah, ob auch alle Fenster schlossen, und hatten
ihm jubelnd vorgesungen: „Dräust ist alles so
prächtig." Und der hatte sich die Ohren zuge-
halten, hatte ärgerlich mit dem Kopfe geschüttelt
und war eilig davon gegangen. Wie diese Er-
innerung, so belanglos sie sein mochte, ihn nun
sesthiclt! Ein Lächeln zuckte über sein Gesicht,
und nun sang er vor sich hin: „Dräust ist alles
so prächtig, und es ist mir so wohl." Seine
Nachbarn hoben die Köpfe, sie lachten, daß er
ausgerechnet im stärksten Regen davon sang, daß
alles so prächtig wäre. Die Hinteren Glieder
wurden aufmerksam, der Bann war gebrochen.
Und als sie nach zwei Stunden — schmutzig bis
an die Kniee, naß bis auf die Haut, breite
Regenrinnen im schon lange nicht mehr gewaschnen
Gesicht, in das Dorf einrückten, in dem sie nun
24 Stunden bleiben sollten, da sangen sie mit der
letzten Kraft der Kehlen und der Seelen: „Fest
steht und treu die Wacht am Rhein." Die Frauen,
schlampige Gestalten, schmutzige Kinder, Greise
stürzten oder humpelten an die Fenster, öffneten
deren Flügel trotz des Regens und fragten erstaunt:
«()u's8t es qu'il y a, mon Dieu?> —
Das Lied war aus, sie gingen naß in die Stroh-
lager, streckten die müden Glieder ins feuchte Stroh
und verschliefen alles Leid. Und er war still und
ernst wie inimer und hatte doch die Konipagnie
nach Hause gebracht, er allein. —
Dann war Pfingsten gekommen. — Die Kon;-
pagnie rückte in düfteschwerer Nacht durch zer-
schossene Dörfer, zwischen schwelenden Häusern hin-
durch, hinauf auf den Berg, löste ab und richtete
sich ein. Sturmgepäck! Biel gab's nicht einzu-
richten. — Man legte sich hinter die Hecke an den
kleinen Hang, nahin sein Gewehr fester, pflanzte
sein Seitengewehr auf, suchte seine Handgranaten
zusanunen und war eingerichtet. —
Der Schulmeister hatte wieder vor sich hin-
gesonnen. Sonst war er um diese Zeit einsamer
gewesen. Da hatte er seinen Rucksack genom
nien und war in waldigen; Gelände umher
gestiegen, allein, und hatte sich da wieder
Kraft geholt. Und wie er so da lag und sann
und in der Erinnerung suchte, wußte er plötz-
lich dies eine, daß das für immer ihm ver-
schlossen sein sollte, daß er nicht wieder nach
Hause käme! Und er konnte dem seltsamen
Erkennen nicht einmal gram sein. Nur eins
regte sich in ihn;: „Noch eine große Freude
haben, einmal noch!" Und da rief er seinen
Leuten zu: „Iungens, einmal wollen wir noch
singen, ein letztesmal." Sie wollten nicht, der
Feind lag 25 Meter ab, und dann verstanden
sie ihn auch nicht ganz. So fing er denn
an, allein zu singen in die stille Nacht hinein.
Es war, als ob die Heere endlich einmal müde
geworden wären, so sonderbar still blieb die
Nacht. Und er sang. Die Nachtigall im Wäld-
chen schlug mit, unten brannte eine Fabrik,
weit vorn glimmten Dorfreste. Er sang. Die
drüben schossen; die Kugeln gingen zu hoch.
Sie warfen Handgranaten. Da wurde er lustig:
„Sie treffen ja doch nicht!" Und er sang:
„Kein Feuer, keine Kohle
Kann brennen so heiß —."
Die drüben johlten. Und er antwortete:
„Es braust ein Ruf wie Donnerhall." Da
riß es seine Leute mit. Sie sahen sich ver-
schmutzt, todmüde, naß ins Ruheguartier ziehen,
fühlten nur, wie sich ihnen damals die Glieder
gestrafft halten, und sangen mit.
„Mensch! Sie singen ja falsch! — So! —
Ja — — so!!" Und er stieg auf den Rand
des Abhangs, zog sein Seitengewehr, gab mit
der blinkenden Waffe den Takt an und ließ dann
im Liede leise und niütterlich zart beginnen: „Lieb
Vaterland magst ruhig sein," — r;nd nun stärker
— und nun wuchtig: „Fest steht und treu die
Wacht am Rhein."
Und wie nun die ganze Linie in die so wild
lebendig gewordene Nacht hinein in immer ge-
steigerter Wucht wiederholte, ließ er die Waffe
sinken, den Arm, sank selbst in sich zusanunen,
bis er friedlich, wie eingeschlunnnert an dem Ab-
hang lag, den Oberkörper im Heckengesträuch, so
bequem, wie er sich's lange nicht geniacht hatte.
Ein kleines, bald versiegtes Blutbächlein floß
aus seinen; Hintcrkopfe, tropfte über den Bügel
der Brille, das Ohrläppchen, auf die Schulter. —
Ja, und nun haben wir ihn begraben.
Gedanken
von Paul Garin
Der Schmerz ist das Gefühl der Ohn-
macht, die Lust das der Allmacht gegenüber
dem Außen. Beides ist Täuschung, denn
jeder Schmerz ist zu überwinden, wie die
Helden und Märtyrer bezeugen, u;;d jede
Lust endet mit der bitteren Einsicht, daß es
nichts war mit der Unterjochung des Außen.
Das reichste Nest wird arm in dem Augen-
blick, da die Brut flügge wird.
*
Formlosigkeit ist entweder Eitelkeit oder
Schwäche, manchmal Genie.
480