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Hn mein Piepl!

ii.

Mein edles Volk! Nächst meiner Briefmarken-
l'amm'img liegt mir nichts so am Herzen, als der
Wunsch, das Vermächtnis meines in — na, sagen
wir in „Gotl" ruhenden Vaters zu erfüllen. Dieses
Programm bedeutet die Wahrung der Rechte der
fremden Nationen, wie z. B. Griechenland. Die
Freiheit der See, die frei sein muß von Allen,
die uns im Handel Konkurrenz machen und die
Bekämpfung des preußischen Militarismus. Dieser
bedeutet stets eine latente, aber furchtbare Gefahr
für Europa, indem er über vierzig Jahre lang
auf die heftigsten Provokationen nicht reagierte,
sondern den Frieden wahrend, seine Kräfte schonte,
so daß dann eines Tages der Krieg mit Not-
wendigkeit ausbrechen mußte. — In hinterlistiger
Weise benutzte Deutschland dann die harmlose
Tatsache, daß die russischen Millionen, zum Ein-
fall bereit an seiner Grenze standen, zur Kriegs-
erklärung. Es brach durch Belgien, gegen alle
Verträge, welche das neutrale Belgien mit uns
und Frankreich zur Offensive gegen Deutschland
geschlossen hatte, es hinderte mit brutaler Waffen-
gewalt das erhabene russische Heer am Vormarsch
nari) Berlin, wobei es seine eigenen Gesetze der
Freizügigkeit schnöde verletzte und warf die Russen,
selbst die Nichtschwimmer, in unmenschlichster Weise
in die Sümpfe und Seen von Masuren. Ohne den
russischen Paßzwang zu respektieren, drangen dann
Millionen von Kriegern der Zentralmächte in Ruß-
land vor, zerstörten den Russen ihre kostspieligen,
nur für feierliche Zwecke gebauten Festungen und
machten sich des Verbrechens der Freiheitsberaubung
an rund zwei Millionen russischer Soldaten schuldig.

Sie erfüllten den bescheidenen Wunsch unserer
ritterlichen französischen Bundesgenossen nach dem
Besitze von Elsaß und Lothringen nicht, sondern
setzten sich in einem guten Teile Nordfrankreichs
fest, ohne sich die Erlaubnis zur Einwanderung zu
erbitten und zerstörten viele Städte und Dörfer an
der Grenze barbarisch durch die englische Artillerie.
Nicht einmal den Lanka egoismo des bewunderns-
werten Italienervolkes haben sie respektiert, sondern
dies Volk verleumderisch des Treubruchs ange-
klagt, obwohl doch ein Treubruch zu Gunsten Eng-
lands selbstverständlich als eine Tat höherer Treue
zu betrachten ist. Unfern Plan, das türkische Reich
unter die Verbündeten aufzuteilen, hat das, nur
auf Raub und Eroberung sinnende Deutschland,
vereitelt, unfern herrlichen Plan, Deutschland aus-
zuhungern, macht es zu nichts, itidem es zynisch
alle möglichen Entbehrungen auf sich nimmt, was
ja auch ein niederschmetternder Beweis ist für
seinen Mangel an Kulturbedürfnis!

Aber England, mein stolzes England, wird
kämpfen, so lange einer seiner Verbündeten tioch
einen Finger rühren kann! Ein Riesenheer von
über fünf Millionen Mann, von denen nahezu
die Hälfte wirklich vorhanden ist, hat sich mit
jubelnder Begeisterung zum Heeresdienste pressen
lassen müssen, und England hat kommerziell nidjt
nur die Deutschen schwer geschädigt, sotidern auch
unsere sämtlichen Verbündeten bereits definitiv
besiegt. Sollten diese noch weitere schwere Opfer
bringen müssen, so wird sie England unerschüttert
tragen und wenn der ganze übrige Erdball da-
rüber in Scherbet, ginge! Gott schütze Rule-
britannia und ihre Geschäfte!

Georg,

King von England und sozusagen
noch einigermaßen Kaiser beider Indien.

Sommerzeit!

Die Agenzia Stefan! meldet aus Rom: Ein
Dekret setzt fest, daß von, 3. Juni ab bis auf
neue Weisung die gesetzliche Zeit um eine Stunde
vorgerückt wird. Auweh, auweh, warum so spät?
Diese Nachricht erklärt alles! Natürlich mußten
die Italiener Prügel bekommen . . . Die Ostreicher
sind eben — wegen dieser verfluchten Sommerzeit
— ein bisserl früher aufgestanden als ihre Gegner!
Lixtus dahastes! j». \

Die Freiheit der Kee

Balfour, der sehr ehrenwerte, englische Ad-
miralitätslord, der schon wiederholt drei Worte
hintereinander gesagt hat, ohne daß mehr als vier
Lügen drin steckten, hat einem amerikanischen
Journalisten den Unterschied zwischen eng'isch-
amerikanischer und beutfdjer Auffassung des Be-
griffes „Freiheit der See" erklärt. Nach ihm
versteht Deutschland darunter die kommerzielle
u n d p o l i t i s d) e Vorherrschaft über die
ganze Welt. Es wolle auch Teile von
Südamerika erobern und damit die Monroe-
doktrin außer Betrieb setzen, die amerikanische
und englische Flottenmacht lahmlegen u. s. w.

Es gibt bei uns kleinmütige Leute, die sich
nidjt vorstellen können, wie Deutschland diesen
seinen verbrecherischen Plan durchführen soll. Aber
in Wahrheit ist das furchtbar einfach: Deutschland
organisiert zuerst einmal ein Heer von dreißig
Millionen Mann, erobert damit Rußland und
Frankreich, sowie alle kleinen Staaten Europas
und macht diese Länder zu deutschen Provinzen.
Dann erbeutet es die englifdje Flotte, landet in
Dover eine Armee von weiteren zehn Millionen
Mann und fegt England von Engländern leer,
die alle ins Meer geworfen werden. Hierauf
landet es ein Heer von fünfundzwanzig Millionen
in New-Pork, zerstört die amerikanische Industrie,
überhaupt die ganzen U. St., schickt noch zehn Mil-
lionen Soldaten nadj Südamerika, erobert es voni
Isthmus von Panania bis zum Feuerland und
macht schließlich aus dem ganzen amerikanischen
Kontinent ein deutsdies Irland. Mit zwei weiteren
Dutzend Millionen Mann erobert es Afrika vom
Cap bis Kairo, mobilisiert alle Schwarzen und
gewinnt so ein Riesenheer, durdi das es ganz
Asien rauben läßt. Wenn es alle Kriegsschiffe
der übrigen Welt zusammengekapert hat, blockiert
es Japan und läßt es einfach verhungern bis auf
den letzten Makaken. Dann kommt Australien
dran. Was zuletzt an Männern auf dem ger-
manisierten Erdball noch übrig sein sollte, wird
vom preußischen Militarismus gedrillt, bis es
dem deutschen Soldalenideal entspricht, und dann
fliegt der deutsche Imperialismus mit einer Arniee
von einer halben Milliarde auf 200 Millionen
Zeppelins gegen die Nächstliegenden Planeten, um
seinen furchtbaren Macht- und Länderhunger dort
weiter zu stillen. — » —

Theo Waidenschlager

Nach der Trauung

Sic: „Dein auf ewig, Seppl, Dein Leid
ist jetzt mein Leid Deine Freid meine Freid..."
Er: ,Unb D ei Fleisckkart'n mei

I c i sch k a c t ’ n."

Camento lamentissimo!

Von Signor Domenico Katjelmacbcr

Ieß oben sie wir sempre geglaubt,

Es gehen sie tutto famoso .. .

Da werden sie der bestia
Austriaca gans furioso!

Da steigen sie der Sweindelvieck
Erab von seiner monki
Und macken sie in Italia
Uns der brutalste affromi!

Es sein sie adesso Kein emsige Tag,

Wo sidk nit der mostro J) trauen,

Der povero Katzelmackero
Elendiglick su ver(h)auen!

Er auen uns griitt, er auen uns blau,

Wir spieleir son aller colori,

Er smeissen uns wie un facchino2) nock
Inaus bei der Tempel, fuori!

Wir oben sie dodi auf Viktoria geofft,

Auf una gloriosa guerraI)

Und werden sie jeß benndelt so
Mit einer brutta maniera!

Wo sein sie denn mtsre verbündeter,

I nostri tre alleaki?!

Die lasseii sie uns allani gans
Oder Kommen sie fließlick su spati!

Und der bestia ören su auen nit aus,
Oiavolo! Lacramento!

Er dreschen sie uns auf Koff und Gnack,

Per Dio' Lamento! Lamento!

Inglese, Francese, fratello Ruß,

Geswind su Ilse! Aiuto!

Der porco flogen uns aller Knoch
Ili ganfer Leib capmto!

Ieß werden es tutto mondo begreif'

Und einsehn es sümmtl cke Lande,

Daß bella Italia führen muß
Das Krieg mit Barbarenbande...

Denii solcke Prügel su teilen aus,
Sein sie barbari nur imstande!

*) Scheusal. 2) Hausknecht. 3) Krieg
*

Bitte an den lieben (Bott

Im Kriege verdienten bis heute rund
770 Millionen Psimd
Die biederen Amerikaner.

Verstehst Du die Leitmotive jetzt,

Die immer so schön in Noten setzt
Der Chef der Wilsonindianer?

Und wenn Du sie recht verstehst, mein Kind,
Danii freut's Dich, daß sie soviel verdieilt
Nidjt wahr?, und Du gönnst es ihnen
Und betest sicher im Herzeii noch:

Gib, lieber Gott, ihiiei> grünblid) doch
Alles, — was sie verdienen!

l>uek

Gie vergessen sich

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die Abonnements-Erneuerung nicht umgehend
vornehmen. Bei jederBezugsstelle häufen sich zu
Quarialsbeginn die Arbeiten derart, daß oft angestrengteste
Tätigkeit es unmöglich macht die eingehenden Bestellun-
gen am gleichen Tage vorzumerken. Dadurch hervor-
gerufene Unterbrechungen oder unpünktliches Eintreffen der
Nummern fällt deßhalb stets den Abonnenten zur Last.

Verlag der „Lugend", München.

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durch den Buch- und Kunsthandel.M. 4.—,

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Register
Theo Waidenschlager: Nach der Trauung
A. D. N.: Sommerzeit!
-o-: Die Freiheit der See
-o-: An mein Piepl!
Puck: Bitte an den lieben Gott
Domenico Katzelmacher: Lamento lamentissimo!
 
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