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nur diese zwei Worte, vom vierten Absatz über
die Regie alles, wenn sie gelobt ist, wenn nicht,
blosi bis zu dem Wort: „unmöglich" oder „daneben-
gehauen" oder „verpatzt", „vermasselt". Dann wirft
er die Zeitung unweigerlich in die Versenkung.

Der Schauspieler (der mitgespielt hat) liest
seinen Nanien und grinst befriedigt, lobt den
Kritiker, wenn er gelobt hat, nennt ihn im andern
Fall einen Vertreter des Zoologischen Garteirs,
droht mit einem Eingriff, der an tätliche Belei-
digung grenzt, und hält jede Kritik für Unfug.
Der Schauspieler, der nicht mitgespielt hat, liest
mit Behagen nur, wie schlecht sein Kollege ist, der
ihm die Rolle weggeschnappt hat.

Die Schauspielerin liest überhaupt nur das,
was über Kolleginnen in der Kritik steht. Da
dies alle Schauspielerinnen machen, erfährt jede
schon durch die Kritik der Kritik, durch gegen-
seitiges Herumsprechen, was der Kritiker über
„sie" selbst gesagt hat.

Der Verfasser (des StückcS) liest den zweite»
und drillen Absatz und beherzigt nichts davon,
wenn's ein Erfolg war. Ebensowenig aber auch,
wenn's ein Durchfall war. Im ersten Fall war
die Darstellung unschuldig, im übrigen schuld.

Die College» des Kritikers (lesen in ihrer
Arbeitszeit immer das überflüssige Feuilleton). Der
Chefredakteur liest die Überschrift und das Zeicheit
unter der Kritik. Das Stück sieht er sich darauf-
hin selbst an. Der politische Redakteur liest auch
die Überschrift und das Signum unter der Kritik
und sieht sich daraufhin das Stück nicht an. Der
Lokalredakleur ist prinzipieller Gegner jeder Kritik,
solange er nicht selbst Kritiken schreiben kann,
was er als eine lokale Angelegenheit betrachtet.

Der Kritiken liest als einer der Letzten mit
großem Widerwillen seine Kritik noch einmal,
d. h. er überblickt sie und findet, daß in der Mitte

F. R. Schwemmer

Ueberfiuß

„woaßt, Aesi, i bin bloß froh, daß
koane Ruß-Rarten ei'g'führt wern."

zwei Zeilen fehlen. Das hat außer ihm
niemand gefunden, ünd das gibt ihm zu denken!
Über die Leser!

Der literarische Raffcchausstammgast saugt
als Letzter die Kritik durch den Strohhalm ein,
denn er liest tropfenweise, eine Zeile Kritik, eine
Zeile Politik, eine Zeile Mord und Totschlag —
er liebt und verdaut am besten Mischkost. Auf
jeden Fall aber hätte er die Kritik besser geschrieben,
ünd das ist die kritischste Kritik der Kritik.

Wahres Gcschichrchcn

Bei uns in der Töchterschule haben wir in-
folge des Krieges wieder einen neuen Lehrer ju-
gendlichen Alters bekommen. Der arme Mann
wird wegen feiner Hilflosigkeit im Auffinden un-
serer zahlreichen Räumlichkeiten von dem Damen-
flor unseres Lehrerkollegiums herzlich bedauert und
nach Möglichkeit unterstützt.

So hatten wir neulich Gelegenheit — unsere
Klasse liegt nämlich in der Nähe eines gewissen
Grtes, den man als „reserviert fürs Lehrerkolle-
gium" bezeichnen könnte, — folgende Szene zu
beobachten:

Eine unserer „Damen" in künstlerischer wiener
werkftätten-Gewandung schwebte auf den Neuen
zu, der gerade an unserer Klaffe vorbeiging. Bei
ihm angelangt erkundigt sie sich flötend und süß:
„Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?" Er
aber dankt lächelnd und verschwindet hinter der
reservierten Tür!!

*

Liebe Jugend!

Im Unterstand schreibt der Füsilier p. einen
Brief in die Heimat. Lin Kamerad bemerkt, daß
p. in der Überschrift „Geehrtes Freulein" schreibt
und macht ihn darauf aufmerksam, daß „Fräulein"
mit „a"-Umlant geschrieben wird, weil es von
„Frau" abgeleitet sei.

p. meint darauf entrüstet: „Nu Heere mol,
,Freulein' kommt doch nich von ,Frau' — dat will
doch erscht eene wer'n!"

Landstm. Sc hu kn echt (im Felde)
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[nicht signierter Beitrag]: Wahres Geschichtchen
F. R. Schwemmer: Überfluß
Schuknecht: Liebe Jugend!
 
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