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Die Tierseele

„Dcrcklviech, krummhaxats!"

„Laycnbalg, windiger I
„Drciquartl.Privaticrsdoggr, notigeI
„Mausfall'n, Icbcndigcl"

„GLy von Berlichin gen 111*

.Romm, waldl, gcnga ma, jetzt wird s' gemein!"

kriedü^ä Pfeiffer (Königsberg)

Art und Weise des Junggesellen Rosen,
sich einen festlichen Tag zu machen

Eines Tages Kam ich zu ihm, da saß er gerade auf
seinem Betlrand und betrachtete mit zärtlicher Miene und
sorgsam gespitzten Fingern ein Buch. Er drehte es um
und um, sah es von vorne und. hinten an, von oben und
unten, fuhr gar liebkosend über den goldenen Buchrücken,
um es dann wieder kritisch prüfend mit gestreckten Armen
von sich zu halten — ganz so, wie ein glückliches Kind
mit seiner christbescherten Puppe zu spielen vermag. —

„Ja, seh'n S' nur her, was ich da wieder für ein
Bücherl kriegt Hab! Ja, das ist halt was! Da, der
Einband!" (Wieder lieh er die blaue Seite mit dem
goldeingedruckten Titel spiegeln und folgte dessen Farben-
spiel, wie eine junge Mutier nur noch den Bewegungen
ihres Kindes nachzuhängen vermag!)

„Und dann die einzelnen Gedichte!" (Wie ein Heilig-
tum, wie ein Priester die Flügel eines Altares, so öffnete
er nun das Buch.)

„Ja, und der Innenschmuck! Wundernett! Gelt?"
So stellte er mir sein Jüngstes vor, mit wirklich herzlicher
Begeisterung und Zärtlichkeit. Doch plötzlich verfiel er
von seinen Baterstolz in eine recht nachdenkliche Stim-
mung, seufzte ein bissel und fuhr dann fort:

„Ja, das wär' halt jejzt wieder ein Anlaß sich einen
guten Tag zu machen. Aber halt der Krieg!

Seh'n S', ich bin ja sonst sehr sparsam und gehe
überhaupt nie aus; aber so hie und da gönne ich mir
was ganz Feines. Na, passen Sie nur auf, wie ich das
nun mache.

Wenn ich da so ein Buch bekomme, das außen und
innen so schön ist, nehme ich es am Abend, schlage es
schön behutsam ein, und dann geht es in ein Kaffee.
Ganz gleich, welches! Nur Musik muß dorten sein!

Na, ich komme an, winke dem Ober sofort. Ein
herzlicher Händedruck mit 50 Pfg., worauf ich regelmäßig
ein nettes, einzelnes Tischerl in einer Ecke bekomme.

Also Unterkunft hätten wir. „Eine Tasse Kaffee
und Zigaretten!" Der Ober fliegt, und schon steht 's aus
deni Tisch.

Unterdessen fängt die Musik an — na ja, meistens
der fade Kaffeehauskitsch, den ich mit Rauch und Kaffee
erträglich mache.

Wenn's aber aus ist, dann Notizbuch heraus, Blatt
abgerissen, drauf geschrieben: Engellied von Praga!

Darein 3 Mark gewickelt und den Kapellmeister
hinübergeschickt. Sie werden seh'n — nicht ganz in einer
Minute fängt das gewünschte Lied an. Und seh'n S',
jetzt kommt mein Ideal. Während die Melodie so auf
und abklingt, genieße ich mein Blich. Die Ausstattung
— einzelne Teile des Inhalts — und immer das Auf-
und Abschweben des Liedes! Freunderl, dös haut! Und
tuenn das Lied herum ist, wiederhole ich es noch einmal.

Seh'n S', so hob ich schoil manche schöne Stunde
gefeiert! —"

Gustav Sondermann

-Liebe Jugend!

Drei an einer süddeutschell Universität immatriku-
lierte, der gleichen Fakultät angehörige Studenten, Lands-
leute aus der fröhlichen Pfalz am Rhein, besuchten die
nämlichen, für ihr nahe bevorstehendes Examen wichtigen,
Kollegien.

An einem herrlichen Iulimorgen betrat den hörsaal,
in welchem die beiden anderen ihre Plätze schon einge-
nommen hatten, der Dritte, gekleidet vom Kopf bis zu den
Füßen in einem nagelneuen, blütenweißen Sommeranzug.

Schmunzelnd ob dieser Pracht begrüßten die schon
anwesenden Kommilitonen ihren Freund und Kollegen
und einer von ihnen sagte mit gutmütigem Spott:
„Havanna-Deckblatt un Pälzer Oilag'" (Einlage).

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[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Gustav Sondermann: Art und Weise des Junggesellen Rosen, sich einen festlichen Tag zu machen
Richard Pfeiffer: Die Tierseele
 
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