O. v. Kraszewska
Arbeit macht das Leben süß
Der Zigeuner und das Gänschen
Von Heinz Scharpf
Der alte Graf Bela und feine Freunde lang-
weilten sich.
Weiß der Teufel, Krieg ist ganz schön, aber
immer nur Krieg ist nicht ganz schön. Man will
doch auch wieder einmal lachen. Über wen aber
lacht echte Ungor am maisten? Barätom, über
Zigeuner.
Graf Bela liest ben alten Ianos rufen.
„Ianosch, erzähl, was hast Du heut für Lum-
perei gemacht?"
„Ober, Euer Gnaden, alte, ehrliche Ianosch
macht nie Kain Lumperei."
„Wo warst Du heute?"
„War ich auf Markt in Trenefen."
„Verfluchte Kerl, hast Du Trenesener fest an-
geschmiert?"
„lZen, wen schmiert Zigainer nicht an!"
„Also erzähl!"
„Hat, wie Ianosch geht spazieren, lauft ihm
auf ainmol klainer Gänschen über Straste und
schreit und lauft immer vor alte Ianosch her.
-Lida/ ruft gute Ianosch erschreckt, ,libacska,
lieber Gänschen, vor was firchteft du dich denn'?
Wie ängstliche Zigainer umschaut, sieht er auf
ainmol, dast Ianosch ain lange, wie sogt man das
auf deutsch, ain lange ostor . .."
„Eine lange Gerte..."
„... ainer lange Gärte in Hand hallet, und
Gänschen firchtet sich und firchtet sich vor ostor
und lauft vor Zigainer her auf Markt nach
Trenefen."
„Du verfluchter Kerl!"
„Denkt sich alte Ianosch, wie schön wäre das,
wann fette libacska fain gehörete. Tüt er sagen,
must Zigainer verkaufen für aine orme Witwe
mit nain Kindern, wo Vater im Felde steht, und
gonze Markt täte wainen und nicht mit ormer
Ianosch hondeln.
Vor Trenefen geht olter Ianosch hinein in
Wirtshaus auf Schnaps.
Aber der Wirt, der kocsmaros, ist große
Gauner. Will mit Ianosch uni libacska spielen
mit falsche Spiel. Ianosch aber spielt nur Zi-
gainer-Kartenspiel, was in saine Tasche hat, und
falsche kocsmaros verliert zwanzig Gulden auf
anen Sitz.
Da schreit der Wirt, er wird Schandarm sagen
und Zigainer must ihm Gänschen abgeben. Aber
ölte Ianosch bleibt brav und ehrlich und sagt, den
libacska kann nicht verkaufen, nicht um vierzig
Gulden, sonst soll ihn der Teufel holen.
„Bravo, Ianosch!"
„Wie ich auf Markt in Trenefen komme, packt
ölte, gute Ianosch auf amol Schandarm von hin-
ten und schreit:
,Verfluchte Diebszigainer, ich werd dir schon
lernen, vierzig Gulden für ain Gans zu ver-
langen. Hoben wir dich erwischt, du Preisräuber/"
„Preistreiber, heißt das, Ianosch."
„Du Reistreiber! Hat, und neben der Schan-
darm ist verfluchte kocsrnaros gestanden und hat
sich herzlich gefrait. Ormer, olter Ianosch ober
hat gesagt, er will ja Gänschen gar nicht ver-
kaufen, libacska ist nur mit ihm gegangen spa-
zieren, Trenefen anschauen. Aber unbarmherzge
Schandarm sogt, libacska wird öffentlich konfis-
ziert und auf Marktplatz amtlich verstaigert zu
allerhächsten Preis."
„Zum Höchstpreis, willst Du sogen."
„Iaj, jaj, jaj! Orme, ölte Ianosch, jetzt lachen
Trenesener und du kannst wainen. Libacska
wird auf städtische Gansmarkt gebracht, und orme
Ianosch geht traurig hinterdrein.
Auf amol laßt der liebe Gänschen was fallen.
Ianosch springt hin und zieht ain goldenen
Ring aus den Gefallenen. ,Istenem? ruft der
schlaue Ianosch, ,das ist Brillantring von Seinen
Gnaden Herrn Grafen Bela, was er glaubt, das
ihm ist gestohlen? Wie Ianosch aber Ring näher
betrachtet, ist von Edelstain nichts zu sehen, son-
dern hat der Brillanten der Gänschen noch im
Magen. Das ist klar wie Pustagemüt. Der
schlechte kocsmaros aber drillt, das sain Zigainer-
kunststücke, er hat genau gäsähen, wie erlogene
Ianosch Ring vorn Finger sich gedreht- hat. Aber
ölte, brave Ianosch hat geschworen, er trennt sich
solange nicht von sainer libacska, bis sie nicht
auch den brillanten Edelstain fallen laßt von seiner
Gnaden dem Grafen Bela.
Da ist ganze Markt in Aufregung geraten und
der Gemaindediener hat angefangen zu verstaigern
der orme unschuldige Gänschen, und wail niemand
gewußt hat, ob nicht doch noch der Edelstain zum
Vorschein kommt, hat ainer andern immer hinaus-
gestaigert, bis auf amol geldgierige kocsmaros
mit fünfundsiebzig Kronen libacska erstanden ge-
habt hat."
„O, Du ganz verfluchter Kerl, da hast
aber Trenesener wieder ainmal. gut angeschmiert,"
lacht Graf Bela und klopft Ianosch auf die
Schulter. „Aber, was soll ich sagen, wann der
kocsmaros zu mir kommt und fragt, ob mir
wirklich Brillantring ist gestohlen worden?"
„Igen, da geb ich Euer Gnaden ainen guten
Rat," sagt Ianosch verschlagen, „ober Euer Gnaden
müssen Zigainer nix schlagen und verzaihen."
„Hat . .
„Wann kocsmaros kommt, nimmt Euer Gna.-
den ihn bei Ohren und sagt: ,Graf Bela waiß
nix, daß ihm ain Ring ist gestohlen, Graf Bela
waiß nur, daß ihm seit heute früh ain Gänschen
abgeht, das ölten, treuen Ianosch nach Trenefen
beglaitet hat?"
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Arbeit macht das Leben süß
Der Zigeuner und das Gänschen
Von Heinz Scharpf
Der alte Graf Bela und feine Freunde lang-
weilten sich.
Weiß der Teufel, Krieg ist ganz schön, aber
immer nur Krieg ist nicht ganz schön. Man will
doch auch wieder einmal lachen. Über wen aber
lacht echte Ungor am maisten? Barätom, über
Zigeuner.
Graf Bela liest ben alten Ianos rufen.
„Ianosch, erzähl, was hast Du heut für Lum-
perei gemacht?"
„Ober, Euer Gnaden, alte, ehrliche Ianosch
macht nie Kain Lumperei."
„Wo warst Du heute?"
„War ich auf Markt in Trenefen."
„Verfluchte Kerl, hast Du Trenesener fest an-
geschmiert?"
„lZen, wen schmiert Zigainer nicht an!"
„Also erzähl!"
„Hat, wie Ianosch geht spazieren, lauft ihm
auf ainmol klainer Gänschen über Straste und
schreit und lauft immer vor alte Ianosch her.
-Lida/ ruft gute Ianosch erschreckt, ,libacska,
lieber Gänschen, vor was firchteft du dich denn'?
Wie ängstliche Zigainer umschaut, sieht er auf
ainmol, dast Ianosch ain lange, wie sogt man das
auf deutsch, ain lange ostor . .."
„Eine lange Gerte..."
„... ainer lange Gärte in Hand hallet, und
Gänschen firchtet sich und firchtet sich vor ostor
und lauft vor Zigainer her auf Markt nach
Trenefen."
„Du verfluchter Kerl!"
„Denkt sich alte Ianosch, wie schön wäre das,
wann fette libacska fain gehörete. Tüt er sagen,
must Zigainer verkaufen für aine orme Witwe
mit nain Kindern, wo Vater im Felde steht, und
gonze Markt täte wainen und nicht mit ormer
Ianosch hondeln.
Vor Trenefen geht olter Ianosch hinein in
Wirtshaus auf Schnaps.
Aber der Wirt, der kocsmaros, ist große
Gauner. Will mit Ianosch uni libacska spielen
mit falsche Spiel. Ianosch aber spielt nur Zi-
gainer-Kartenspiel, was in saine Tasche hat, und
falsche kocsmaros verliert zwanzig Gulden auf
anen Sitz.
Da schreit der Wirt, er wird Schandarm sagen
und Zigainer must ihm Gänschen abgeben. Aber
ölte Ianosch bleibt brav und ehrlich und sagt, den
libacska kann nicht verkaufen, nicht um vierzig
Gulden, sonst soll ihn der Teufel holen.
„Bravo, Ianosch!"
„Wie ich auf Markt in Trenefen komme, packt
ölte, gute Ianosch auf amol Schandarm von hin-
ten und schreit:
,Verfluchte Diebszigainer, ich werd dir schon
lernen, vierzig Gulden für ain Gans zu ver-
langen. Hoben wir dich erwischt, du Preisräuber/"
„Preistreiber, heißt das, Ianosch."
„Du Reistreiber! Hat, und neben der Schan-
darm ist verfluchte kocsrnaros gestanden und hat
sich herzlich gefrait. Ormer, olter Ianosch ober
hat gesagt, er will ja Gänschen gar nicht ver-
kaufen, libacska ist nur mit ihm gegangen spa-
zieren, Trenefen anschauen. Aber unbarmherzge
Schandarm sogt, libacska wird öffentlich konfis-
ziert und auf Marktplatz amtlich verstaigert zu
allerhächsten Preis."
„Zum Höchstpreis, willst Du sogen."
„Iaj, jaj, jaj! Orme, ölte Ianosch, jetzt lachen
Trenesener und du kannst wainen. Libacska
wird auf städtische Gansmarkt gebracht, und orme
Ianosch geht traurig hinterdrein.
Auf amol laßt der liebe Gänschen was fallen.
Ianosch springt hin und zieht ain goldenen
Ring aus den Gefallenen. ,Istenem? ruft der
schlaue Ianosch, ,das ist Brillantring von Seinen
Gnaden Herrn Grafen Bela, was er glaubt, das
ihm ist gestohlen? Wie Ianosch aber Ring näher
betrachtet, ist von Edelstain nichts zu sehen, son-
dern hat der Brillanten der Gänschen noch im
Magen. Das ist klar wie Pustagemüt. Der
schlechte kocsmaros aber drillt, das sain Zigainer-
kunststücke, er hat genau gäsähen, wie erlogene
Ianosch Ring vorn Finger sich gedreht- hat. Aber
ölte, brave Ianosch hat geschworen, er trennt sich
solange nicht von sainer libacska, bis sie nicht
auch den brillanten Edelstain fallen laßt von seiner
Gnaden dem Grafen Bela.
Da ist ganze Markt in Aufregung geraten und
der Gemaindediener hat angefangen zu verstaigern
der orme unschuldige Gänschen, und wail niemand
gewußt hat, ob nicht doch noch der Edelstain zum
Vorschein kommt, hat ainer andern immer hinaus-
gestaigert, bis auf amol geldgierige kocsmaros
mit fünfundsiebzig Kronen libacska erstanden ge-
habt hat."
„O, Du ganz verfluchter Kerl, da hast
aber Trenesener wieder ainmal. gut angeschmiert,"
lacht Graf Bela und klopft Ianosch auf die
Schulter. „Aber, was soll ich sagen, wann der
kocsmaros zu mir kommt und fragt, ob mir
wirklich Brillantring ist gestohlen worden?"
„Igen, da geb ich Euer Gnaden ainen guten
Rat," sagt Ianosch verschlagen, „ober Euer Gnaden
müssen Zigainer nix schlagen und verzaihen."
„Hat . .
„Wann kocsmaros kommt, nimmt Euer Gna.-
den ihn bei Ohren und sagt: ,Graf Bela waiß
nix, daß ihm ain Ring ist gestohlen, Graf Bela
waiß nur, daß ihm seit heute früh ain Gänschen
abgeht, das ölten, treuen Ianosch nach Trenefen
beglaitet hat?"
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