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ie Kunde, daß Admiral Scheer mit unseren von Tirpitz
geschliffenen Seewaffen während Abend und Nacht vor
Himmelfahrt über 100 000 Tonnen britischen Schiffsstahls auf Grund
der See schickte, überraschte nicht. Fahrten unserer Kreuzer ließen
längst ahnen, auch die fahrende Flotte — deutscher Seeleute Lust
und Stolz — werde bald Lorbeer an ihren Masten tragen. Un-
verzagt, kampfesfroh ruck todesfreudig zogen die Kreuzer Straßen,
die wohl in Ruhm und Unsterblichkeit aber auch nur ins Grab
unter Wellen führen konnten. Bon Gegnern gelb und weiß, von
Feinden ohne Zahl gejagt, schrieb Müller den Namen ..Emden"
an die Sterne. Biel Kleinholz feindlichen Handels schwamm in
ihrem Kielwasser, als das stolze Fahrzeug unter unbesiegt wehender
Adlerflagge Todeswunden trug.

Zwei Führer von Kreuzern durften auf ihrer Schiffe Planken
sich herrlicher Erfolge freuen und nebenbei im Kleinen uns das
Bild unseres Volkes im Weltkrieg bieten. Wohl trägt der Sieger
von Santa Maria und ruhmvoll gesunkener Chef des Kreuzer-
geschwaders vor seinem Namen bcn gleichen Titel wie der kühne
Kommandant der „Möwe". Doch nicht gleich ist beider Stamm,
Art und Glauben. Die Väter und Sippen des Grafen Spee
dienten im Klerus dem Papst. Die Dohnas trugen bcn Degen
des Königs von Preußen, faßen in den Amtsstühlen seiner Ver-
walter, gingen bei ihm zu Hof. Aber wer denkt noch daran,
daß Deutschlands Landkarte gar bunt, daß deutscher Stämme
Wesen verschieden ist. Den Grafen vom Rhein - und den aus
Ostland fand wie ihrer Schiffe letztem Mann der Weltkrieg des
gleichen starken deutschen Glaubens: „Und wenn die Welt voll
Teufel wär, es muß uns doch gelingen."

Die Welt ist voll Teufel auf Land und Meer, aber Dohna
durchbricht die Sperren feindlicher Übermacht vor unseren Küsten
und kostet für Monate vom stolzen freien Herrentum eines Kreuzer-
kommandanten auf hoher See.

Viele Feinde suchen und jagen sein Schiff. Dreist legt er
an Englands Küsten Minen, deren eine dein „King Edward VII“

seinen Platz in der Hölle weist. Die Zeit, da der Wind Großen
wie Kleinen wehte und der Ozean verschwiegen war, ist vorbei,
denn Funken schwatzen von allen Masten. Sie berichten feind-
lichen Flotten, Geschwadern und Dampfern von Deutschlands
glückhaftem Vogel, von der kleinen aber kecken „Möwe". Eine
Tarnkappe scheint sie zu tragen, denn auf der Brücke befiehlt
ein der Welt noch unbekannter Führer, der alle Listen und Künste
des unerschrockenen Seemanns versteht. Des Vogels Krallen sind
scharf wie in seiner Flagge die des Adlers, der auch der Sonne
nicht weicht. Mit wehrhaften Fängen weiß er die britische Dogge
zu zausen. Gelassen läßt ihr kaltblütiger Führer der suchenden,
jagenden Feinde geschwätzige Funken schnattern. Fast pomadig
schlägt er feindlichen Handel in Scherben, nimmt sich Zeit Gold-
barren zu verstauen, Gefangene umzuladen und auf Beutefahr-
zeugen in neutrale Häfen zu schicken. Bon Übermacht umringt
hält er. ein freier Herr und Kreuzerkommandant, die See. bis
feine Kampfmittel verausgabt sind. Ein frohes deutsches Wunder
bringt ihn in die Heimat zurück.

Wer ist Kommandant der „Möwe" ? fragt Deutschland da,
und hört von einem wortkargen, verschlossenen Stabsoffizier, der
schlicht und recht Frontdienst tat und noch keiner Auszeichnung
Buntzeug auf der linken Brust, wohl aber einen gar großen
Preußennamen trügt. Burggraf und Graf zu Dohna-Schlodien
aus dem alten oftpreußischen Dynastengeschlecht und in Schlesien
landgesessen, ist er doch nur einer von Millionen Deutschen, die
still in Erfüllung gefahrvoller Pflicht des Kaisers Sad)e ihr
Leben bieten.

Wo find die britischen Grafen, die "delted earls ok Eng-
land", die ihrer Flotte Lorbeer gewinnen? Ähneln sie Britanniens
Kriegsherrn, dem königlichen Wortfechter von Churchills Art, der
in einem tröstenden Erlaß an feine geschlagenen Geschwader die
deutsche Flotte kampfscheü nannte? Als er einmal den Kriegs-
schauplatz betrat und Kanonendonner hörte, fiel er vom Pferd
und ward von seinen Feldtruppen nie wieder gesehen.

(Otto v. Gottberg

Carl Schmidt-Helmbrechts
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Otto v. Gottberg: Graf zu Dohna
 
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