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Wir wollen leben!

Wir wolle» Frieden! Wolle», daß die Flick
Kostbaren Blutes endlich nun versiege.

Und all der Höllenbrand von Groll und Wut
Und Völkerhaß verlösche mit dem Kriege!

Daß endlich wieder sei dem Menschengeist
Für Glück und Güte freie Bahn gegeben.

Für alles das, was wirklich leben Hecht —

Wir wollen Frieden, denn wir wollen leben!

Drum bieten wir die Hände — schlagt Ihr ein,
Aufatmen wird die Welt nach Schreckenstagen!
Weist Ihr »ns höhnend ab — so mag es sein!
Wir sind auch stark genug, um das

zu tragen!

Dann aber saust mit doppeltem Gewicht
Das Schwert ans die, die uns zu morden streben,
Und wenn es grausam trifft, beklagt Euch nicht:
Wir boten Frieden — doch wir wollen leben!

P. v. O.

Petroleumlied

Mel.: „Crambambuli, das Ist der Titel."

Petroleum, das ist der Titel
Des Stoffes, den wir lang' entbehrt,

Sodaß wir zu des Kienspans Knittel
Verzweifelnd fast zurückgekehrt.

Mit Krug und Kanne liefen wir;

Doch ach, vergebens rieten wir:

Petri—tra—troleum! Petroleum!

Da flog's durchs Land auf frohen Schwingen:
Verzage nicht, o Publikum!

Der Falkenhalm, der Delmensingen —

Sie bohren nach Petroleum!

Bald flutet aus der Walachei
In blauem Schimmer uns herbei
Petri—tra—troleum: Petroleum!

Der Melkmaid fährt aus Herzenstiefeir
Ein Jauchzer durch des Kuhstalls Flur;

Sie braucht nicht tastend mehr zu prüfen,

Was milchbegabt ist von Natur.

Die Schecke schwingt vergnügt den Schwanz
Im magilchen Laternenglanz:

Petri-tra—troleum! Petroleum!

Herrn Wamperl winkt ani Weihnachlsfeste
'ne Riesenbuddel voll Benzin:

Zwei Jahre lang hat seine Weste
Vergeblich nach dem Bad geschrie'n.

Frau Wamperls stolzenr Blusenstaat
D>e Stunde der Entfettung naht:

Petri—tra—troleum! Petroleum!

Den, bl-Bootshelden wird der Weizen
Iir nie geschauter Fülle blüh'»:

Vorbei sür immer ist das Geizen
Mit Schmieröl und mit Gasolin!

Verdoppelt ist der Radius;

Wir haben ja im Überfluß
Petri—tra—troleum! Petroleum!

O Ferdinand, wie unverfroren
Du Treu' und Glauben abgetan —

Uns frommen Deine langen Ohren;

Drum „sei bedankt, mein lieber Schwan!"

Bon Pioesti klingt bis Sanssouci
Die neue Naphtamelodie:

Petri—tra—troleum! Petroleum!

Georg: Kiesler

*

Ungeeignet

Der neue Hauptmann: „Aber Hexx Feldwebel,
Sie werden es wohl kaum lernen, einen Zug zu
führen! — Übrigens, was sind sie in Zivil?"
vizefeldwebel: „Zugführer, Herr Haupt,nanu!"

Proteste

Weil wir Belgiens arbeitsscheue Strolche
Jetzt mit Arbeitszwang nach Deutschland schicken,
Daß sie nicht zu Haus die Mörderdolche
Hinter unfern brave,! Kriegern zücken;

Daß sie nicht als Müßiggänger lungern,

Uns und sich und ihrem Land zum Schaden,
Daß sie nicht verkommen und verhungern,

Hört man höchst entrüstete Tiraden.

Hageln tut's jetzt wütende Proteste
Der Neutralen und der Achtverbändler;
Maeterlinck schickt Lügenmanifeste
Nach Newyork unb schimpft uns Sklavenhändler,
Sagt, wir seien schnöde Masseitmörder,

Welche mit Unmenschlichkeit verfahren —

Keine Sprache, sagt der Lump, hat Wörter
Für der Deutschen grausames Gebaren.

Ei! Als die Franzosen eingedrungen
In das Elsaß, trieben sie in Massen
Fühllos fort die Alten und die Jungen,

Ohne Zweck, nur aus verbohrtem Hassen;

Ohne Zweck, aus Roheit nur sie quälend,

Jagten unter Plündern, Brennen, Morden,

Biele Tausende in Tod und Elend
Nach Sibirien die Kosakenhorden.

Andre hat man aus den Kolonien,

Abgeschnitten von der Heimat Schutze,
Weggeschleppt, mißhandelt und bespien,

Sie verkommen lassen fast im Schniutze;

Und zu Wächtern gaben sie den Deutschen
Negerburschcn, halbvertierle Wesen,

Ausgerüstet mit Gewehr und Peitschen —

War da von Protesten was zu lesen?

Ganz in Ordnung und verständlich, scheint cs,
Fand man in den Ländern der Neutralen
Solche Heldentaten unsres Feindes,

Auch die sinnlos wütendsten, brutalen —

Aber was wir selber uns erlauben
Gegen Müßiggänger und Gesindel,

Bringt die edlen Herrn zum Racheschnaubeii —
Schwindel, Schwindel, Schwindel,

Schwindel, Schwindel!

Pips

Theo Waidenschlager

. D'Aimunzio

„Als Kaufmann bin ich der größere, aber
als Dichter ist mir Boselli überlegen I"

Rumänische Strategie

Ein aufgefundener rumänischer Armeebefehl
vom 9. Okt. 16 enthielt nur Bestimmungen, wer
erschossen werden würde: die Trainführer,
die mit oder ohne Wagen zurückwichen, die Sol-
daten, die mit oder ohne Waffen zurückwichen,
die Verwundeten, die mit oder ohne Wunden
zurückwichen; überhaupt alle, die mit oder ohne
Grund zurückwichen. Zur Ausführung des Er-
schießens war eine eigene Armee im Rücken der
Armee aufgestellt, die vollauf beschäftigt gewesen
wäre, wenn sie in der Zeit vonr 9. Okt. bis
9. Dezbr. alle zurückweichenden Rumäne» auch
wirklich e r f eh o s s e n hätte. Daß sie jedoch
sich äußerst pflichtwidrig benahm, bezeugt ein
weiterer Armeebefehl vom 9. Dezbr., der folgende
Paragraphen enthält:

§ 1. Jeder rumänische Soldat, der nicht jeden
zurückweichcnden rumänischen Soldaten erschießt,
wird erschossen.

Z 2. Jeder rumänische Soldat, der nicht jeden
rumänischen Soldaten erschießt, von dem er sieht,
daß er nicht jeden zurückweichenden rumänischen
Soldaten erschießt, wird erschossen.

§3. Es werden drei hintereinander stehende
rumänische Armeen gebildet, die einander beim
Zurückweichen zu erschießen haben, widrigenfalls
sie erschossen werden.

Ganz hinten standen dann noch König
Ferdinand und Bratianu, um diejenigen
zu erschießen, die etwa noch weiter zurückweichen
würden als sie. Aber so weit sind die Ru-
in ü n e u trotz allen Laufens noch nicht
g e k o m m e n.

* Ä. ». N.

Kurios - kurioser - am kuriosesten!

Die italienischen Abgeordneten Madigliani,
Ferri und Treues haben in der Kammer mit
flammenden Worten der Ueberzeugung Ausdruck
gegeben, daß das namenlose Elend des Welt-
krieges nur durch den unverschämten Imperia-
lismus und die grenzenlose Habgier Englands
hervorgerufen worden sei, welches dem unstillbaren
Hunger nach Alleinherrschaft die Interessen des
Friedens und der Zivilisation geopfert habe.

Es ist nicht merkwürdig, daß vernünftige und
ehrenhafte Männer auch in Italien längst zu
dieser Erkenntnis gekommen sind.

Merkwürdiger ist schon, daß sie in dem, von
Rennell Rodd und seineni Gassenpöbel regierten
Lande den Mut hatten, das öffentlich auszu-
sprechen.

Noch merkwürdiger ist, daß die Abgeordneten
es schweigend mit anhörten, de» Rednern auch
in den Wandelgängen zustimmend die Hand
drückten — dann aber trotzdem der Regierung
eines Boselli ihr Vertrauen votierten.

Das Merkwürdigste aber ist, daß nicht die
ganze Welt, denksähige Engländer mit inbegrif-
fen, der gleichen Meinung ist, wie die Herren
Madigliani, Ferri und Treues!

— O —

*

Verratenes Geheimnis

Bekanntlich muß jeder, der eine Hausschlach-
tung vornehmen will, das Schwein mindestens
sechs Machen in eigener pflege haben, Notschlach-
tungen natürlich ausgenoinmen. Kürzlich kam
nun der kleine Adolf zum Metzger mit der Anfrage:
„<Lu schöne Gruß vum Datier unn ich soll frage,
ob uns Euer Adolf die anner Mach schlachte
kann, wann unser Sau nemme frißt."
Register
[nicht signierter Beitrag]: Verratenes Geheimnis
F. v. O.: Wir wollen leben!
Georg Kiesler: Petroleumlied
-o-: Kurios - kurioser - am kuriosesten!
Theo Waidenschlager: D'Annunzio
Pips: Proteste
A. D. N.: Rumänische Strategie
 
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