DOI Heft:
Nr. 53
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.4318#0577
Otto Geigenberger (München)
Oberammergau
Postenspuk
Bon Karl Ettlinger (Unteroffizier)
Nachtposten vor der Stellung im Wald.
Ich seh' auf die Taschenuhr. Drei ist's bald.
Nach Zwei hat's gehörig geknallt und
gebrummt!
Dann ebbte es ab. Jetzt ist's verstummt.
Mein Gewehr im Arm steh' ich mäuschenstill,
Lausche, ob sich nichts regen will,
Horche schuß- und alarmbereit.
Nichts. Ein Bächlein nur murmelt im Grund,
Plätschert mit ewigem Plappermund.
Heilige Stille sonst weit und breit.
Sakra, wenn jetzt ein Franzmann käm'!
Ich empfinge monsieur recht unangenehm.
Einen Schuh in die Schläfe,
Purzeln sollte er auf die Nase
Wie ein Hase!
Bin meiner sicher, daß ich ihn träfe.
Viertel nach Drei. Es beginnt zu dämmern
Höre schon wo ein Vöglein hämmern.
Ziep, ziep, ziep tönt es allgemach.
Schon ausgeschlafen, Herr Fink?
Schon wach?
— Seltsam stehen die Bäume da:
Der wie ein brummelnder Großpapa,
Jener wie unter Lasten gebückt,
Dieser die Arme gen Himmel gezückt,
Und dazwischen
In Sträuchern und Büschen
In Drahtverhauen, in Felsenspalten
Tausendfältige Nebelgestalten.
Still, — was war das? — Es kommt
was heran —
Dort im Tann
Schleicht verdächtiges Rascheln nah —
„Halt!! Wer da?!"
Nichts . .
. . . Doch!! . . .
Nein! . . .
Jetzt seh' ich's genau:
Aus dem Dämmergrau,
Aus dem Nebelschein,
Mitlen hindurch durch den Drahtverhau,
Aufwärts den Berg
Ein kleiner Wicht.
Ein leibhaftiger Zwerg.
— Nein, ein Zwerg ist das nicht,
Das ist — das bin —
Das bin ich ja selber . . . Bin's mit
vier Jahren,
Mit kurzen Höschen, mit Wuschelhaaren,
Sehe gar spaßig und drollig aus.
Hinten schaut gar das Hemdchen 'raus
Hab' einen Helm auf aus Zeitungspapier.
Seitwärts aus Holz ein langes Rapier,
Und auf dem Wämslein ein Orden strahlt.
Hab' mir mit Kohle 'nen Schnurrbart gemalt,
Habe als furchtloser Kriegersmann
Meines älteren Bruders Stulpstiefcl an,
Vaters Stock als Gewehr zum Zielen —
Ganz wie einst beim „Soldatches-Spielen".
Stehe so vor mir selber als Mätzchen.
Reiche mir selbst das winzige Tätzchen,
Sehe mich selbst bedeutsam an:
„Nun ist cs Ernst worden, Karlemann!
Heiliger Ernst! Um Ehre und Blut!
Sei auf der Hut!"
Husch. -
Im Busch
Regt fich's. — Die Flinte fester zur Hand!
— War nur ein Fuchs, der im Bau
verschwand.
Und auch der Spuk zerstoben, verweht.
Leise der Wind durch die Aste geht
Und mit ewigem Plappermund
Plätschert das Bächlein im Wiesengrund.
1118
Oberammergau
Postenspuk
Bon Karl Ettlinger (Unteroffizier)
Nachtposten vor der Stellung im Wald.
Ich seh' auf die Taschenuhr. Drei ist's bald.
Nach Zwei hat's gehörig geknallt und
gebrummt!
Dann ebbte es ab. Jetzt ist's verstummt.
Mein Gewehr im Arm steh' ich mäuschenstill,
Lausche, ob sich nichts regen will,
Horche schuß- und alarmbereit.
Nichts. Ein Bächlein nur murmelt im Grund,
Plätschert mit ewigem Plappermund.
Heilige Stille sonst weit und breit.
Sakra, wenn jetzt ein Franzmann käm'!
Ich empfinge monsieur recht unangenehm.
Einen Schuh in die Schläfe,
Purzeln sollte er auf die Nase
Wie ein Hase!
Bin meiner sicher, daß ich ihn träfe.
Viertel nach Drei. Es beginnt zu dämmern
Höre schon wo ein Vöglein hämmern.
Ziep, ziep, ziep tönt es allgemach.
Schon ausgeschlafen, Herr Fink?
Schon wach?
— Seltsam stehen die Bäume da:
Der wie ein brummelnder Großpapa,
Jener wie unter Lasten gebückt,
Dieser die Arme gen Himmel gezückt,
Und dazwischen
In Sträuchern und Büschen
In Drahtverhauen, in Felsenspalten
Tausendfältige Nebelgestalten.
Still, — was war das? — Es kommt
was heran —
Dort im Tann
Schleicht verdächtiges Rascheln nah —
„Halt!! Wer da?!"
Nichts . .
. . . Doch!! . . .
Nein! . . .
Jetzt seh' ich's genau:
Aus dem Dämmergrau,
Aus dem Nebelschein,
Mitlen hindurch durch den Drahtverhau,
Aufwärts den Berg
Ein kleiner Wicht.
Ein leibhaftiger Zwerg.
— Nein, ein Zwerg ist das nicht,
Das ist — das bin —
Das bin ich ja selber . . . Bin's mit
vier Jahren,
Mit kurzen Höschen, mit Wuschelhaaren,
Sehe gar spaßig und drollig aus.
Hinten schaut gar das Hemdchen 'raus
Hab' einen Helm auf aus Zeitungspapier.
Seitwärts aus Holz ein langes Rapier,
Und auf dem Wämslein ein Orden strahlt.
Hab' mir mit Kohle 'nen Schnurrbart gemalt,
Habe als furchtloser Kriegersmann
Meines älteren Bruders Stulpstiefcl an,
Vaters Stock als Gewehr zum Zielen —
Ganz wie einst beim „Soldatches-Spielen".
Stehe so vor mir selber als Mätzchen.
Reiche mir selbst das winzige Tätzchen,
Sehe mich selbst bedeutsam an:
„Nun ist cs Ernst worden, Karlemann!
Heiliger Ernst! Um Ehre und Blut!
Sei auf der Hut!"
Husch. -
Im Busch
Regt fich's. — Die Flinte fester zur Hand!
— War nur ein Fuchs, der im Bau
verschwand.
Und auch der Spuk zerstoben, verweht.
Leise der Wind durch die Aste geht
Und mit ewigem Plappermund
Plätschert das Bächlein im Wiesengrund.
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