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Napoleon und Lloyd - George

Das war in, Invalidendom
Nachts um die zwölfte Stunde.

Da machte im tiefen Kuppelbau
Der alte Kaiser die Runde.

Er stand am Fenster und blickte dumpf,

Bis dämmernd der Morgen graute.

„Es trafen wieder schmerzend mein Ohr
Die häßlichen englischen Laute!

Du ruchloses Land, das heute wie einst
Die Rolle des Helden heuchelt!

Mich schlugen die Preußen in tapferer Schlacht
Und England hat mich gemeuchelt!

Und nennst Du.Tyrann' mich, schachernder Zwerg.
Ihr seid die Tyrannen, die schlauen,

Ihr hallet heut mein verblutendes Volk
Zn Euren Wuchererklauen!

Zhr möchtet den gierigen Krämerarm
Um Himmel und Erde breiten!

Zhr möchtet ein ewiges St. Helena
Dem ganzen Europa bereiten!

Tyrannen zur See, ich kannte Euch gut,

Drum mußte ich elendig sterben!

— Vergessen haben der Rache Gesetz
Die flatterhastesten Erben . . .

Wie schmerzt es, daß ich, o Frankreich, an Dir
Den stolzen Glauben verliere!

Zu Englands Söldnern wurden, ach,

Napoleons Grenadiere!

Sie lauschen dem Schwatz aus englischem Mund
Und preisen das freche Geplärre —

Die Kälber loben den Metzger jetzund
Und schreien: „Vive 1’ Angleterre!“

Karlchen

Dr. med. vet. Hindenburg

Rektor und Professorenkollegluur der Tierärzt-
lichen Hochschule in Hannover haben in außerordent-
licher Sitzung einmütig beschlossen, dem General-
feldmarschall von Hindenburg die Würde eines
Doktors der Veterinärmedizin ehrenhalber zu ver-
leihen. Der Marschall hat die Ehrung angenommen.

„Hm, hm — na ja, sie meinen es gut ..."
Ich seh' ihn so schmunzeln, den Recken —
„Ludendorff — wieder ein Doktorhut!

Sollt's Zhrem Gaul mal nicht schmecken — —"
Wir aber funken zum Leinestrand
Ein Bravo! den Professoren;

Hier ist ein Fachmann, kein Dilettant
Zum voetor meä. vet. erkoren.

Herr Hindenburg hat als Veterinär
Zuerst praktiziert in Masuren;

Dort war sein Patient ein riesiger Bär,
Behandlung: Kaltwasserkuren.

Dann hat er, in allen Sätteln gewandt,

Einem Ruf als Roßarzt entsprochen:

Es war bei dem Wal(I)ach Pferdinand
Der Dummkoller ausgebrochen.

Auch wurde Vernagelung konstatiert
Und Schielen nach schwarz-gelben Raufen;

Herr Hindenburg hat ihn mit Schneid kuriert
Und lehrte ihn wunderbar laufen:

Er rennt, er rast ohne Seitenblick,

Läßt Sattel im Stich und Schabracke,

Als säß' ihm ein Bremsenschwarm im Genick;
Man sieht nur — die „Hasenhacke".

Genügtdas zumDoatormsä.vet.? Schon längst;
Doch eins ist dazu noch gekommen:

Er hat einen „schönen, weidlichen Hengst",*)

Hat Deutschland in Pflege genonimen.

Er sah, wie der Hamster den Haber ihm stahl,
Wie Egel das Blut ihm entsagen —

Da ist dem Reichsstallnieister stracks wie ein Strahl
Aufs Pult sein Rezept geflogen.

So steht er als Operateur auf der Höh'

Und hoch in der Prophylaxis:

Es lebe der voetor meä. vet. h. c.!

Es blühe Hindenburgs Praxis!

Georg Kiesler

*) Luther, Tischgespräche: „Deutschland ist ein
schöner, weiblicher Hengst, der Futter und alles hat,
was er bedarf . . ."

Theo Waidenschlager

..Goddam! Da schicken mir diese oeefluchlen German«
einen künstlerisch an«aeslalleten Frachtbrief über da« von
mir in Rumänien anaekaufte Getreide, mit dem Zusal,:
Erfüllungsort Berlin gefällig?!"

Reparation

„Repäreesch'n" wünscht Lloyd-Tschortschi,
Ganz das Gleiche wollen wir;
„Repäreesch'n" für die Lügen,

Eurer Presse Giftgeschmier.

„Repäreesch'n" für das deutsche
Blut, das eurer Habgier floß,

Das aus Millionen Wunden
Unser treues Volk vergoß.

„Repäreesch'n" für Europa,

Das ihr vor der Welt entehrt,

Durch die Gelben, Braunen, Schwarzen
Habt ihr die Kultur zerstört.

„Repäreesch'n" für den feigen
Hungerkrieg, den ihr erdacht,

Für die Rot von Weib und Kindern,

Die ihr über ste gebracht.

„Repäreesch'n" — ja — Vergeltung
Fordern wir vom Weltgericht
Für den Baralong'schen Greuel,

Der den Stab euch selber bricht.

„Repäreesch'n". — Freie Meere,

Freie Bahn die Erd' entlang,

Frei für alle Nationen,

Frei von allem brit'schen Zwang!

Wilhelm Sporer

A. Schmidhammer

Der britische Löwe

„FriebensangeHol?! ich brülle weiter! AebrlaenS.
wie sind denn Ihre Bedingungen T*

Wilsonate

Wilson als die Sintflut-Taube:

Me ein Ende aller Not schafft?

O, wir hören wohl die Botschaft,
Doch uns fehlt der Glaube.

Da uns leider nicht bekannt ist,

Ob besagter Friedensengel
Wirklich aus dem Land der Engel
Oder — Engelland ist . . .

Aber freilich, England fertigt
Selber jetzt die Munition sich —
Hat vielleicht Freund Wilson schon stch
Dies vergegenwärtigt?

Zst der Krieg nicht mehr profitlich,

Und erscheint dem edlen Pankee
Drum der Friedeusschlußgedanke
Plötzlich so vermittlich?

Immerhin vorläufig, — spricht er —

Will er die Partei'n nur laden
Zur Besprechung —, Se. Gnaden
Der Herr Friedensrichter....

Und wir wollen gleich so frei sein,

Ihm die Hauptbedingung ehren-
vollen Friedens zu erklären:

Er darf nicht dabei sein!

„Jugend^

Beim ©Fat

„Pöreii Sie, eben haben Sie aber gemogelt!"
„Kein Gedanke, ich wasche meine Bände in
Unschuld!"

„Na, wenn das bloß kein Unschuld-Ersatz ist."

pfui, wie schamhaft!

Zm Münchner Nationalmuseum,

Wo schöne Weihnachtskrippen sind,

Da singen Englein ihr Tedeum
Und flattern um das Jesuskind.

Sind kindlich köstliche Gestalten,

Die Krippenenglein hold und rein,

Und keine Kleider, keine Falten,

Umgeben ihre Körperlein.

Sie schwebten hundert Jahr und länger
In keuscher Nacktheit so bis jetzt
Und niemals hat ein allzustrenger
Moralerich sich dran entsetzt. —

Jüngst sah ich nun die Krippen wieder
Und auch die Englein, doch — o je!

Jetzt waren ihre zarten Glieder
So „faltenlos" nicht mehr, wie eh':

Mit leichtem Schleierflor umgaben
Die Gegend sie, an der man kennt,

Ob man als Mädel, ob als Knaben
Ein kleines Menschenkind benennt.

Mir fuhr durchs Herz ein weher Schrecken
Und bange Hab' ich überlegt:

Wen hat, was sie so scheu bedecken,
Entrüstet wohl und aufgeregt?

Ob wirklich Männern oder Frauen
Ein sündiger Gedanke naht,

Wenn sie ein nackigt Englein schauen —
Und noch dazu in dem Format?

Ist nicht nrehr un- als über-sittlich,

Ist nicht pervers beinah' und schwül,

Mehr ungesund, als appetitlich,

Solch überhitztes Schantgefühl?

Der nackten Englein hat sich Keiner
Geschämt, der reinlich war, zuvor,

Wohl aber schämt sich unsereiner

Der Engel mit dem Schürzenflor! Pips

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Index
[nicht signierter Beitrag]: Beim Skat
Georg Kiesler: Dr. med.vet. Hindenburg
Arpad Schmidhammer: Der britische Löwe
Redaktioneller Beitrag: Wilsonate
Theo Waidenschlager: Ein böser Neujahrsscherz
Wilhelm Sporer: Reparation
Karlchen: Napoleon und Lloyd-George
Pips: Pfui, wie schamhaft!
 
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