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Anders herum!

Immer noch die dumme edle
Deutsche Liebesduselei?

Öl- und Palmenzweig-Gewedle,

Schafs- und Schäferchens-Schalmei?

Während unentwegt der Brite
Reagiert durch Stiefeltritte,

Als ob er der Sieger fei?

Mit verschmähten Bruderküssen
Kommt ihr an kein gutes Ziel!

Schwert-, nicht Scheide-Männer muffen
Wieder her zu hartem Spiel!

Keine Güte, sondern Hiebe
Braucht der Feind zur Friedensliebe,

Und nicht wenig, sondern viel!

Laßt das ewige Taubenfenden,

Ob noch keine Küste naht!

Wenn der Sintflut Wasser enden,

Findet sich ein Ararat!

Unsere Würde, unsere Werte
Wahrt am besten mit dem Schwerte
Immer noch — die deutsche Tat!

A. I». X.

*

Schule und Krieg

Multos saepe viros, nullis maioribus ortos, et
vixisse probos (Horaz).

Es seien oft viele Männer, ohne daß sie von
Majoren abstammten, auch rechtschaffene Leute ge-
wesen.

Sepperl stirbt

Mahre Begebenheit.

Nacherzählt von F. K.

Der Sepperl, ein Gberfranke, ist ziemlich jung,
ziemlich dick und ziemlich lyrisch. Mo er jetzt steckt, ob
im Schützengraben, Massengrab, Lazarett oder
in der Garnison, weiß ich nicht. Er war (wie
wir alle von der R-ten Feldkompagnie) bei
Wytschaete verwundet worden; das Geschoß
traf ihn übrr der Nasenwurzel mitten in
die Stirn, durchbohrte den Knochen, hatte
aber aus irgend welchem Grunde nicht
mehr die Kraft, tiefer einzndringen und
hinterließ so nur eine fühl- und sichtbare
Narbe.

Als wir mal mitsammen auf dem Stroh-
sack saßen, erzählte uns Sepperl die Geschichte
seiner Verwundung:

„I wor grod am Boden im Anschlag
g'leg'n — auf amol krieg ich an Schlog
gegen die Stirn, mitt'n nauf Hots mich
gatroffen. F leg mich gleich auf die Seit'»
und werd' glei bewußtlos. Mie lang ! so
do g'leg'n bin, waß i net. Mie i wieder
zu mir kumm, bin i ganz matsch und mein
Schädel brummt und i lang so langsam
nauf an die Stirn, spür' es Loch mitten
drin, spür' es Blut, wos mei ganz G'sicht
verklebt bot, und hob so vor mich hi
g'seuszt: ,Sepperl, jetzt mußt sterb'n. —
Mitt'n in die Stirn Hot dich die Kugel
getrosf'n, do gibt's ka Rettung mehr, Seppcrl
jetzt geht's dahi'/ Und do hob i langsam
mein Kopf zu Boden g'senkt und hob g'wart,
bis i stirb, Pob so zug'wartet; schließlich
is mir es Marten aber doch zu dumm worn,
ich bin aufg'standen und auf den Verband-
platz ganga."

Theo Waidenschlager

Auf die Postille gebückt, zur Gelle be« wärmenden Gfen«,
Gast der redliche goffre, — Kricgbrat und ..Marschall

von Frankreich".

-Liebe Jugend!

In der Nähe eines Dorfes wohnt ein Unikuin
von al'em Bauern, den ich gelegentlich besuche.
Neulich komm ich zu ihm mit den Morten:

„Ik wull Sei mal besäuken, vadder," worauf
er prompt antwortete:

„GH, dat schadt ok nich."

Fm verlaufe der folgenden Unterhaltung frage
ich, ob er in seiner Wirtschaft auch kriegsgefan-
gene Russen des l ästige ?

„Fawoll," lautet die Antwort, „öwer mi heb-
bens anschet . . . (angeführt), min Ruff' is 'it
Fran-os. Millen S' ein mal seihn? — Du,
Napolium, kumm mal her, allons! — Nu gah
weddcr kusch to'il Meßupladen."

Theo Waiden Schlager

rri

Vut'ita im Exil

,Emc milde Gabe für meinen kleine» Staat! Englische
Versprechungen werden nicht in Zahlung genommen I"

Oie verkannte Entente

Uber die Antwort der Entente auf unser
Friedensangebot hat man sich bei uns und in
anständigen neutralen Kreisen stark empört, weil
die Form der Note über den Kern des Inhalts
täuschen konnte. An der Form sind aber nur die
vereinigten Fisch- und Marktweiber von London
und Paris schuld, die man unbegreiflicher Weise
mit der Abfassung der Note betraut hatte. Von
ihnen kam der beispiellos rohe Echimpfton, kamen
die infamen Verleumdungen und Beleidigungen,
an denen wir uns gestoßen haben. Die Schale
war bitter — aber der Kern ist süß. Das edle
England und seine Vasallen erklären sich in der
Note zu Opfern für den Frieden bereit, wie sie
in der Weltgeschichte noch nie gebracht worden.
Sie proklamieren die Anerkennung des
Prinzips der Nationalitäten:

Man denke, was das heißt! England gib,
Irland den Irländern, das Burenland den Buren,
Gibraltar den Spaniern, Malta den Italienernt
Ägypten und Cypern den Türken, Indien den
Indern, Australien den Australiern, Canada den
Canadiern, die afrikanischen Kolonien den Afri-
kanern zurück. Mehr noch: in seinem hohen
Rechtsgesühl erinnert sich England daran, daß
seine, durch Wilhelm den Eroberer begründete
Monarchie auf den Grundsatz „Macht geht vor
Recht" gegründet und durch Unterdrückung klei-
nerer Völker gefestigt wurde; es gibt sich also
überhaupt selbst den ursprünglichen Eigentümern
zurück und für den Fall, daß diese sich nicht mehr
ausfindig niachen lassen, wird es ein Schieds-
gericht entscheiden lassen, wem die britischen Inseln
zufallen.

Frankreich verzichtet feierlich und endgültig
auf seine Ambitionen in bezug auf das deutsche
Elsaß-Lothringen, gibt Algier den Algierern, Ma-
rokko den Marokkanern, Madagaskar den Ma-
dagassen wieder, Annam den Annamiten, Tongking
den Tongkinesen. Italien erklärt feierlich, daß
seine Ansprüche auf Gebiete des deutschen Tirol
und südslavische Gebiete Österreichs gänzlich un-
begründet sind, daß es weder in Albanien etwas
zu suchen hat, noch in Tripolis, noch in der
Erythräa. Rußland verzichtet auf die deutschen
Ostieeprovinzen. Finnland, Polen, die Ukraine,
Bessarabien, den Kaukasus, auf alle von Mon-
golen und anderen Fremdvölkern bewohnten
Gebiete Sibiriens, auf Afghanistan, Turk-
menen und Persien — alles nach dem Prin-
zip der Nationalitäten. U. s. w.

Es ist kein Zweifel, daß Wilsons für
Moral und Gerechtigkeit eniflammles Herz
durch dieses edle Beispiel anqestcckt wird.
Er wird im Kongreß die Auslösung der
„U. St. o. A.“ beantragen und die Heirschaft
über deren weite Gebiete wird den recht-
mäßigen Eigentümern, den Indianern
übertragen.

Man sieht: die Entente ist bereit, den
Welt-Frieden auf so großartige Opfer ihrer-
seits zu gründen, daß die kleinen Opfer
unsererseits, die das „Nalionalitätenprinzip"
allenfalls verlangen würde, gar nicht in Be-
tracht kämen.

Wenn die Herrschaften das Nationali-
tätenprinzip anders verstehen würden als
oben ausgeführt wurde, dann wären sie ja
eine ganz infame, verlogene Heuchlergesell-
schaft. Und das wollen wir doch nicht an-
nehmen! * PiP„

Zeitgemäß

kfeute gibt es ganz was Besonderes zu
Mittag: „Sä,wcinsloteletten".

Die Kinder sind auch höchst beglückt da-
von und Mutti will sich gerade den Mund
an der Serviette abwischen, da ruft der Älteste
ganz entrüstet: „Aber Mutti, doch nicht mit
der Serviette, nimm doch eine Kartoffel und
wische Dir den Mund ab, da hast Du doch
noch was von dem Feit!"

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Index
F. K.: Sepperl stirbt
[nicht signierter Beitrag]: Schule und Krieg
[nicht signierter Beitrag]: Zeitgemäß
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Pips: Die verkannte Entente
A. D. N.: Anders herum!
Theo Waidenschlager: Nikita im Exil
Theo Waidenschlager: Eine Idylle in Frankreich
 
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